Samstag, 30. November 2013

noch 25 Tage bis Weihnachten ...

MIELE-Werbung
… und allmählich wird dieses Gefühl stärker, dass ich mich verkriechen will.

15 Milliarden Euro wollen die Menschen in unserer Republik für Weihnachtsgeschenke ausgeben. Das hat eine repräsentative Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) heraus gefunden. Die Größenordnung haut mich um. Der Handel reibt sich die Hände und freut sich. Das ist fast so viel Geld, wie meine eigene Firma als Jahresüberschuss 2012 erwirtschaftet hat. Das ist deutlich weniger Geld wie stark wachsende Branchen – Smartphones und Tablet-PCs – verdienen. Sie liegen unterhalb der 10 Milliarden Euro-Grenze. Die drückende Last von Schulden, die die Stadt Bonn hat, sind mit 1,6 Milliarden Euro Kleckerkram gegenüber den 15 Milliarden Euro.

Übermorgen naht der erste Advent, und ich werde mich all dem Tannengrün und all den Weihnachtsmärkten, die bis in die kleinste Kleinstadt in der Provinz stattfinden müssen, nicht entziehen können. In unserer Gegend sind viele Weihnachtsmärkte kopiert: eine fest strukturierte Ansammlung von Freßbuden, wenig kreatives und selbst gebasteltes, und dann noch ein paar Händler, die als zusätzlichen Vertriebskanal für ihre Parfüms, Bekleidung oder Backwaren Weihnachtsmärkte ausgewählt haben.

Blutdruckmessgerät zu verschenken
Dieses Gedudele von Weihnachtsliedern macht mich nervös. „Stille Nacht – heilige Nacht“ oder „Santa Claus is coming into town“: das wird einfach mal diffus in die Gegend gesprüht, losgelöst von jeder Bedeutung. Dort, wo jedes Kaff seinen eigenen Weihnachtsmarkt haben muss, frage ich mich, ob diese Massen von Adventskränzen, Krippen und Weihnachts-Deko jemals gekauft werden, denn welcher Haushalt braucht jedes Jahr einen neuen Adventskranz, eine neue Krippe oder die Vollausstattung einer Weihnachts-Deko ?

Auf diesen Zug der Weihnachtswerbung springen alle auf. Das sind nicht nur Warenhäuser wie Kaufhof oder Karstadt. Die Botschaften der Werbung drehen alles in Marschrichtung auf Weihnachten um. Ein Nikolaus neben Schmerztabletten, Schleifen und Tannengrün verschönern ein Blutdruckmessgerät, Schönheitspillen zwischen der Weihnachtsdeko. Vieles wird künstlich zurecht gerückt, wenn ich in das Schaufenster einer Apotheke blicke und mich frage, wer so etwas zu Weihnachten verschenkt. Dasselbe bei Haushaltsgeräten: wenn ich es wagen würde, Nützliches im Haushalt meiner Göttergattin zu schenken, würde ich bitterböse Blicke ernten.

Ich will mich verkriechen. Weihnachten muss ich mich auf Umwegen nähern. Ständig stolpere ich darüber, dass Weihnachten zu einem Wirtschaftsfaktor geworden ist. Um den niemand einen Bogen machen kann, denn die Existenz von vielen, vielen Einzelhandelsgeschäften hängt eben von diesem Weihnachtsgeschäft ab. 288 Euro gibt der Bundesbürger im Durchschnitt für Weihnachtsgeschenke aus. Das ist eine bizarre Situation, dass sich Moment des Glücks in Geldeinheiten ausdrücken lassen.

Die Bestsellerautorin Susanne Fröhlich hat mich zuletzt – wie es ihr Nachname verspricht – aufgemuntert. In der Radiosendung SWR1 Leute. In der Talk-Sendung hatte sie gestöhnt. Bei uns zu Hause läuft es nicht viel anders. Ihre Familie war groß, es war ihr zu stressig, und sie hatte ein Ende von all der Beschenkerei herbei gesehnt. Ihr Vorschlag, wegzufahren und Weihnachten irgendwo anders zu verbringen, lief dauerhaft ins Leere.

LIDL-Werbung
Ihre Kinder waren stock-konserativ. Ein Tannenbaum, groß und voll gestopft mit Schmuck und Lametta, musste es sein. Und viele Geschenke, damit jeder schön viel zum Auspacken hat. Alljährlich lief es auf ein großes Chaos hinaus, wenn am letzten Advent der Tannenbaum gekauft wurde. Krumm und schief, zu dicht oder zu dünn, zu hoch oder zu breit: die Eheleute stritten sich regelmäßig, wenn der Tannenbaum nicht optimal war. Doch bei der Bescherung war alles wieder vergessen
Die Gesellschaft für Konsumforschung hatte noch etwas herausgefunden. Die Menschen wollen in diesem Jahr 2% mehr für Weihnachtsgeschenke ausgeben. Das ist gegen den Trend. In kaum einer Branche steigen die Löhne um 2%. Die Verschuldung der privaten Haushalte steigt, das auf die hohe Kante gelegte Gesparte sinkt. Aber bei Weihnachtsgeschenken wird nicht geknausert. Die Lieben sollen unter dem Weihnachtsbaum das bekommen, was ihr Herz begehrt. Koste es, was es wolle, wird das Geld aus allen Ecken zusammen gekratzt, egal, ob es da ist oder nicht.

Es ist gut so, dass das Weihnachtsfest bei uns so harmonisch enden wird wie bei den Fröhlichs. Meine Abneigung gegen die geschäftliche Ausrichtung des Weihnachtsfestes wird meine Familie zurecht rücken. Auch wir laufen geradeaus im Trend der Vorweihnachtszeit. Spätestens am Heiligabend unter dem Tannenbaum wird alles anders sein. Wenn die Weihnachtsmesse vorbei ist, wenn wir zu Abend gegessen haben, wenn die Geschenke ausgepackt sind, wenn die Gesichter strahlen und wenn sich jeder über jeden und alles freut. Weihnachten ist Familienfest. Und ich werde es schön finden, im Kreis all unserer Lieben mitten drin zu sein.

7 Kommentare:

  1. Ich bin froh das es hier noch ein wenig anders abgeht. Sicherlich wird auch ver- und gekauft, aber es gibt rundum noch soviel zu sehen was wirklich mit Weihnachten zu tun hat. Denke dabei an die Krippenausstellungen auf denen meist auch schöne Handarbeiten verkauft werden. Momentan noch San Andrés gefeiert, rasen sie hier nebenan auf der Straße mit "Rollbrettern" den Berg runter (jetzt um die Uhrzeit, mit aufgestellten Flutlichtern), und die Weihnachtsbeleuchtung wird ab nächster Woche in den Orten offiziell eröffnet.

    Diesen Kommerz fand ich auch immer grässlich und vor allem fand ich es schlimm das es in D. schon immer früher anfing mit dem Verkauf von Süssigkeiten und Co.

    Wünsche dir und deiner Famile aber dennoch ein schönes erstes Adventswochenende und sende herzliche Grüsse

    Nova

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  2. Ja mein Lieber Weihnachten hat seinen Sinn verloren, es ist zu einem Konsumrausch ausgeartet.
    Ein friedliches und besinnliches Fest wie wir aus Kindertagen kennen, gibt es nicht mehr.

    Machen wir das Beste daraus.
    Ein schönes 1. Adventwochenende und liebe Grüße
    Angelika

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  3. Hallo Dieter, du hast die Weihnachtszeit sehr genau beschrieben. Ich kann davon vieles nachempfinden.
    Ich bin aber auch der Meinung, dass man das nicht alle mitmachen muss, sondern, dass es jeder in seiner Hand hat, die Vorweihnachtszeit, Schenkerei und den Hl.Abend so zu gestalten wie es einem gefällt.
    Herzlichst MinaLina

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  4. Eine passende Beschreibung der Zeit, in die wir bereits alle hinein geschlittert sind, so wir uns nicht irgendwo festgekrallt haben. :-)))

    Ich wünsche dir, dass deine Prognose des letzten Abschnitts eintrifft!

    lieben Gruß
    Brigitta

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  5. Guten morgen Dieter
    Ich mage auch keine Weihnachten und wünsche immer sie sollen schnell vorbeigehen.Das hat aber mit der Kinderzeit zu tun.
    Mache Deine Weihnachtszeit mit Deine Famielie so wie es Euch gefällt.Nein,man muss nicht überall mitmachen.
    Ein sehr schönes Bericht!!!
    LG
    Christa

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  6. Hallo lieber Dieter,

    ich denke, jeder soll sich von Weihnachten das mitnehmen, was ihm gefällt. Man muss ja nicht auf jeden Zug aufspringen. Ich mag aber die Erinnerungen an die Kindheit, den Zauber von Weihnachten und den versuche ich auch heute, jedes Jahr einzufangen.

    Liebe Grüße und dir und deiner Familie morgen einen schönen 1. Advent
    Christa

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  7. Übertreiben mit dne Geschenken sollte man es in der Tat nicht. Was die Haushaltsgeräte etc angeht .. in den 60er Jahren war das total in. Oft die einzige Möglichkeit für Otto-Normalhausfrauen zu einem Schnellkochtopf oder einem teuren Haarfön mit Trockenhaube zu gelangen. Zeiten haben sich gewandelt und Frauenwünsche auch. Ich schenke gerne, allerdings im Rahmen. Dabei lege ich sehr viel Wert auf die Verpackung. Jedes noch so kleine Geschenk wird liebevoll eingepackt. Auch die Weihnachtskarten bastle ich immer selber. Das ist für mich wie ein Ritual. Heiligabend ohne Weihnachtsbaum und Geschenke ist für mich kein richtiger Heiligabend.
    Gruß vonner sentimentalen Grete

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