Montag, 28. Februar 2011

Wochenrückblick KW 8

Bei V’s Laptop habe ich endlich gelernt, wie man ihn herunterfährt. V’s Laptop hat nicht als Benutzeroberfläche wie mein dienstliches Laptop Windows XP, sondern Windows Vista. Bei V’s Laptop hatte ich immer das Symbol für das Herunterfahren angeklickt (Kreis mit einem kleinen Kreuz oben rechts). Das Laptop fuhr dann auch herunter, aber in den Ruhezustand. Es gab Fälle, in denen sich das Laptop erst nach 20-30 maligen Versuchen aus dem Ruhezustand wieder hochfahren ließ. V war dann dementsprechend verzweifelt und sah das Laptop bereits geistig in einer Reparaturwerkstatt. Habe erst letzte Woche entdeckt, dass es in Windows XP neben dem Symbol für das Herunterfahren ganz rechts noch ein weiteres Auswahlmenü gibt:  neben Standby, Ruhezustand, Neu Starten findet man dort auch das Herunterfahren. Hatte ich bisher in Windows XP komplett übersehen.

Letzten Montag hat L mit dem Kindergarten im Jungen Theater in Bonn-Beuel das Stück „Der Räuber Hotzenplotz“ besucht. Durcheinander bei der Organisation, wie der komplette Kindergarten nach Bonn-Beuel kommen sollte. Beginn des Theaterstückes 10 Uhr. Da diese Uhrzeit noch an den Berufsverkehr angrenzte, hatte der Kindergarten es im Vorfeld abgelehnt, mit dem Bus nach Bonn-Beuel zu fahren (was von uns zu Hause aus wohl die einfachste Variante gewesen wäre). Lange Zeit hieß es, L könne von einer Mutter eines anderen Kindes aus L’s Bärengruppe in ihrem PKW mitgenommen werden. Dann hieß es, wir müssten diese Mutter befragen, ob eine Mitnahme überhaupt möglich sei. Dies tat I auch, erreichte telefonisch aber nur ihren Mann, der uns dann die Handynummer seiner Ehefrau gab. Diese war aber falsch, denn es meldete sich eine komplett andere Frauenstimme. Noch ein zweites Mal: der Ehemann nannte uns dieselbe Handy-Nummer, dieselbe komplett andere Frauenstimme, offensichtlich kannte der Ehemann die Handy-Nummer seiner eigenen Ehefrau nicht. I schilderte dieses Problem im Kindergarten. I müsse nur pünktlich L abholen, denn die Mutter dieses anderen Kindes sein immer pünktlich da. War sie aber nicht, denn beim Abholen von L wurde gewartet … und gewartet … und gewartet … ohne dass die Mutter kam. Dann am Nachmittag der telefonische Rückruf dieser Mutter: Nein, eine Mitnahme sei nicht möglich, mit 3 Kindern sei ihr Auto bereits voll, und schließlich dürfe auf dem Vordersitz ja kein Kind sitzen …. Was laut Vorschriften der Straßenverkehrsordnung wahrscheinlich korrekt war. I und ich, wir waren beide genervt und hatten keine Lust mehr, eine anderweitige Mitnahme von L zu organisieren. Wir entschieden uns dafür, L mit unserem Auto mitzunehmen. Nachdem wir dieses im Parkhaus am Brückenkopf geparkt hatten, fielen uns an der Kreuzung Friedrich-Breuer-Straße mehrere Gruppen von Kindern auf, die vom Konrad-Adenauer-Platz kamen. Zum einen: I wusste, dass weitere Kindergärten das Theaterstück besuchten. Zum anderen: mehrere Gruppen kamen direkt von der Bushaltestelle. Offensichtlich waren diese schlauer wie unser Kindergarten und hatten den Bus genommen. 20 Minuten Fahrzeit, ohne Umsteigen, 10 Minuten Fußweg zum Theater. Wir hatten derweil unser Auto im Parkhaus geparkt, weil uns rund um das Junge Theater keine andere Parkgelegenheit eingefallen war.

In Spich wird der Kreisverkehr zur Autobahn hin neu gebaut. Dies ist längst überfällig, denn er ist mit Schlaglöchern und Unebenheiten übersät, als wäre man auf einem Rüttelsieb. In Spich ist der Kreisverkehr ein größerer Verkehrsknotenpunkt: zur S-Bahn-Haltestelle, in den Ortskern von Spich hinein, in die weitläufigen Industriegebiete hinein, zur Autobahn hin. Morgens in aller Herrgottsfrühe wollte ich den Kreisverkehr zur Autobahn mit R zum Flughafen passieren. 5.45 Uhr. Kurz vor mir sprang die Ampel an der Baustelle auf Rot. Ich wartete … 5 Straßen münden in den Kreisverkehr … jede Straße wurde separat über eine eigene Ampel über die freie Fahrspur geführt … was dann entsprechend lange dauerte …. und dauerte … und ich wartete … R und ich, derweil lauschen wir der Musik in Einslive … bis es endlich weiterging. Die nächste Zeit werden wir nicht über Spich, sondern über Porz-Wahn zum Flughafen fahren. Zur Hauptverkehrszeit stelle ich mir dies extrem chaotisch vor. Dann kann man wohl nur weiträumig diese Baustelle meiden.

Bis letzten Mittwoch -6 Grad morgens. Dick eingepackt in Winterjacke und Fausthandschuhen, bekomme ich noch -2 oder -3 Grad auf dem Fahrrad hin. Höhere Minusgrade habe ich schon mal versucht, doch eine Rund-Um-Verpackung für kälteempfindliche Körperteile wie Finger, Ohren, Gesicht oder Zehen ist mir zu umständlich. Da genieße ich es lieber, in dem – meist schlecht geheizten – Bus noch in einem Buch lesen zu können oder auch vor mir herdösen zu können.

Montag, 21. Februar 2011

Grau in Grau

Ich wollte üben, das Siebengebirge rauf und runter. Rauf von Oberdollendorf, an Kloster Heisterbach vorbei, Heisterbacherrott, Thomasberg, dann runter nach Oberpleis, wieder rauf nach Westerhausen.

Ein erster Test in diesem Jahr, wie ich die beiden Berge schaffen würde. Ich hatte mich Ostermontag für das Radrennen „Rund um Köln“ angemeldet (67 km). Mitte Februar hing der Winter noch in der Luft. Die Temperaturen waren gedämpft, und zuvor war ich noch unentschlossen, ob ich mich überhaupt auf meinem Rennrad abstrampeln sollte. Doch meine Leidenschaft für die Natur und das Erleben auf dem Fahrrad hatte gesiegt.

Den Berg hoch nach Westerhausen. Der erste lange Anstieg aus dem Rheintal lag hinter mir, und erfahrungsgemäß sollte dieser zweite Anstieg zeigen, wie gut (oder schlecht) ich mit meiner Kondition drauf war. Das lange Band der Straße schob sich unaufhörlich den Berg hinauf. Ich schaltete herunter, in einen ziemlich kleinen Gang, und mit der Stetigkeit eines Uhrwerks arbeitete ich mich vorwärts. Ich atmete gleichmäßig. Das klappte bisher ganz gut, voll konzentrierte ich mich auf meinen Körper. Doch dann diese nervigen Schlaglöcher. Ein Loch reihte sich an das nächste Loch, danach war die Fahrbahn wieder in tadellosem Zustand, bis das nächste Schlagloch eher die Dimension eines kleineren Kraters umfasste. Ich hatte Mühe, meinen gleichmäßigen Rhythmus behalten. Doch kurz vor Westerhausen verbesserte sich der Straßenzustand, bis zum Bergkamm hielt meine Kondition und ich genoß es, dass ich ohne allzu großen Tretaufwand an Geschwindigkeit gewann.

Der Blick schweifte in die Ferne. Diese berauschende Aussicht, das war sonst der Lohn, wenn der Berg geschafft war. Doch heute war es nicht diese schöne und in Szene gesetzte Landschaft. Die spätwinterlichen Töne dominierten. Blass, matt und ohne Farbtupfer waren die Wechsel zwischen Bergen und Tälern. Nicht so markant wie sonst stach die Kirche in Söven aus der nächsten Anhöhe hervor. Bis zum Horizont zog sich die Wolkendecke mit ihrem Einheitsgrau; keine einzige Lücke blauen Himmels öffnete sich. Die bewaldeten Berghänge zwischen Wahnbachtal, Bröltal und Siegtal gingen ohne Konturen in diesem zähen Himmelsgrau unter. Es fehlte die Leichtigkeit beim Fahrradfahren, und zudem musste ich mich bei den niedrigen Temperaturen in meine gefütterte Traningsjacke und meine Handschuhe einpacken.

Den Berg nach Hennef runter. Ich passierte die Sportschule, wo überhaupt nichts los war. Der überdimensionale Parkplatz war leergefegt, und auch auf den Sportanlagen war keine Menschenseele zu sehen.

Hennef rein und raus, und inmitten der Mülldeponie am Autobahnkreuz Bonn/Siegburg konnte ich dieser spätwinterlichen Ereignislosigkeit durchaus etwas positives abgewinnen: aus dem Schornstein an der Recyclinganlage für Bauschutt stieg nämlich eine Rauchsäule senkrecht in die Luft. Kerzengerade entwich der Rauch über dem Lärm der nahen Autobahn bis in große Höhen, wobei ihn kein Windhauch störte. Windstille bedeutete für mich immerhin, dass ich auf der restlichen Strecke mit keinerlei Gegenwind zu rechnen hatte. Und bei stärkerem Gegenwind hätte ich durchaus noch Probleme mit meiner Kondition bekommen können.

Flach, den Sieg-Radweg entlang, die Felder über Sieglar nach Rheidt, spulte ich die restliche Strecke herunter. Zu Hause zeigte das Thermometer +2 Grad an, wobei mir – warm eingepackt auf dem Rennrad – die Temperatur höher vorgekommen war. 2 ¼ Stunden hatte ich gebraucht – etwas langsamer wie sonst. Am Ende des Tages hatte dann doch dieses ausfüllende Gefühl, alles so hautnah wie sonst erlebt zu haben.

Samstag, 12. Februar 2011

FC

Samstag Abend 20.30 Uhr. Fußgängerzone Königswinter. Ich war ½ Stunde zu früh, um V abzuholen. Treffpunkt war die Apotheke. Ich stand vor diesem schönen Gebäude, das wahrscheinlich aus der Epoche des Bürgertums stammte. Aus dem nach vorn geneigten Dach ragten drei Dachgauben stolz und mächtig hinauf.

Lärm drang herüber, Karnevalsmusik.

Hatten sich eine Handvoll Jecken nach Königswinter verirrt ? Nicht ganz 2 Monate war es noch bis Karneval. Das passte gar nicht in diese abendliche Stille hinein. Verschlossene Ladenlokale, heruntergelassene Sicherheitsgitter und unbeleuchtete Schaufenster dösten wir sich hin. Die Fußgängerzone war ein einsames, verschlafenes Nest. Kaum eine Menschenseele war zu sehen. Die Straßenlaternen spendeten ein mattes Licht. Das Grau des Verbundpflasters kam mir ungeheuer langweilig vor. Trostlos auch die mit Pflastersteinen verlegten Rinnen, die das Verbundpflaster in der Mitte der Fußgängerzone seitwärts begrenzten.

Am Ende der Fußgängerzone wehte die rot-weiße Fahne des Fan-Clubs des 1. FC Köln.

Sie hing über dem Bistro Europa, dessen Türe offenstand. Drinnen war es hell. Genau dort kam die Karnevalsmusik her. Auf den Barhockern an der Theke wurde Kölsch getrunken. An den Stehtischen wurde lebhaft diskutiert und gestikuliert. Im Lokal setzte sich die rot-weiße Farbenpracht fort: rot-weiß waren die Schals, die von den Schultern herunterbaumelten, und rot-weiß waren die Baumwollmützen, lässig auf den Köpfen sitzend. Lautstark ging es her, und auf den überdimensionalen Flachbildschirm, auf dem in kurzer Abfolge Interviews liefen, schaute kaum jemand.

Die Höhner sangen: Mir stonn zo dir, FC Kölle ….

Ja, ich hatte mich ertappt, dass ich mit dem FC litt. Der FC hatte gegen Werder Bremen gespielt. Das Ergebnis kannte ich noch nicht. Unschlüssig, ob ich das Ergebnis wissen wollte oder nicht, schritt ich weiter vorwärts. Das Straßenbild wurde nun abwechslungsreicher: auf einer alten und ehrwürdigen Fassade Stuckarbeiten mit Blattwerk und Reben; viereckige Säulen um die Eingangstüre des Hofs von Holland; das alte Kelterhaus mit seinen beiden mächtigen, sattgrün gestrichenen Eingangstüren; neben der Remigiuskirche ein weit ausholender Fachwerkbau, dessen schwarze Balken ein rechtwinkliges Muster bildeten.

Hatte der FC etwa gewonnen ? Oder zumindest nicht verloren ?

Ich ging zurück zum Bistro Europa. Sahen so die Gesichter von Fußballfans aus, deren Mannschaft verloren hatte ? In den Gesichtern war keinerlei Zerknirschtheit, Depression oder Wut erkennbar. Sie tranken ihr nächstes Kölsch, prosteten sich gegenseitig zu. Die Farben rot-weiß -  auf Schals oder Mützen -  dominierten weiterhin. Nun lief richtig Kölsche Karnevalsmusik, auf die mit feuchte Kehlen mitgesungen wurde. Nein, bei einer Niederlage gegen Werder Bremen hätte diese Szenerie anders ausgesehen.

Ich musste zum Treffpunkt der Apotheke zurück. An den Schaufenstern vorbei, schritt ich über das phantasielose Muster der Gehwegplatten. Die quadratischen Platten wiederholten sich endlos – wahrscheinlich bis zum Ende der Fußgängerzone. In der Dunkelheit eines leerstehenden Ladenlokals wartete ein Bündel Glaswolle auf seine Verarbeitung. Zwischen die Schaufenster mischten sich Plakate, die das Interesse wecken sollten für eine Panaroma-Dia-Show über Neuseeland oder für einen Jeckentreff 2011 oder für eine Multimedia-Reportage am Ende der Welt in Patagonien. In der Fußgängerzone begegneten mir nur einzelne Passanten, die genauso schnell verschwanden wie sie kamen.

Punkt 21.00 Uhr kam mit V an der Apotheke entgegen. Als ich kurz darauf das Auto startete, liefen in WDR2 noch die 21.00 Uhr-Nachrichten. 3:0 hatte der FC gegen Werder Bremen gewonnen. Wahrscheinlich feierten die FC-Fans im Bistro Europa noch bis mitten in die Nacht hinein.

Dienstag, 1. Februar 2011

Nebelbank

Viertel vor 7. Mit R steige ich in unser Auto ein. Nach Zündorf zur Straßenbahnhaltestelle Linie 7, von dort aus fährt R zur Berufsschule weiter. Minus 6 Grad. Die Sterne funkeln, die parkenden Autos sind mit Rauhreif überzogen, die im Schein der Straßenlaternen glitzern. Auch hinter dem Ortsende von Rheidt in der abknickenden Kurve dieser Rauhreif, in den der Autoverkehr ein Band von Reifenspuren gezeichnet hat.
Durch Ranzel hindurch, hinter dem Ortsende geradeaus Richtung Zündorf. Doch dann die Irritation. Wie aus dem Nichts kommt diese Nebelbank: wie eine Wand baut sie sich vor uns auf, und ich fahre in diese trübe, undurchsichtige Suppe hinein. Ich schalte das Fernlicht ein. Dass dies sinnlos ist, hätte ich eigentlich wissen müssen. Der Nebel wird noch diffuser, die hauchdünnen Tröpfchen streuen sich bis vor die Windschutzscheibe, sie blenden mich fast. Ich schalte das Fernlicht wieder aus und bremse ab. Wie aus dem Nichts gekommen, verschwindetdie Nebelbank wieder. In der Ferne sehe ich die Scheinwerfer entgegenkommender Autos. Offensichtlich bessert sich die Sicht wieder. Ich denke an den Winter 1985. Auf der Autobahn zwischen Swisttal und Rheinbach hatten Nebelbänke bei strengem Frost für eine Massenkarambolage mit mehreren Toten gesorgt. Geschockt von diesem Ereignis, welches 25 Jahre zurückliegt, fahre ich kaum noch schneller wie 50 km/h. Dann der erneute Wechsel: die nächste Nebelbank nähert sich; diesmal wie ein Schleier; sie wälzt sich von den Feldern heran und hüllt die Fahrbahn ein. Ich schalte um, konzentriere mich auf die schlechten Sichtverhältnisse. Und ich muss mächtig aufpassen. Denn genau in dem Moment, als die Nebelbank kommt, knickt die Straße nach rechts ab. Das war tückisch. Eine Schlange von 5 oder 6 Autos kommt mir mit diesen matt wirkenden Scheinwerfern entgegen, deren Lichtkegel im Nebel verblassten und die schlecht erkennbar sind. Etwa einen halben Kilometer später reißt die Nebelbank wieder auf, die Sterne funkeln.
Ich bin froh, als wir Zündorf erreichten. René bekommt so gerade noch seine Straßenbahn. Die Rückfahrt nach Hause kann ich ohnehin langsam angehen lassen. Das Autoradio schalte ich auf CD um. Ich genieße Led Zeppelin „Since I’ve been loving you“. Ich lausche dem Gitarrenspiel mit dem zähen, sich dahinschleppenden Blues. Am Horizont hinter Uckendorf nähert sich die Morgendämmerung mit ihrem ersten, zögernden Tageslicht.