Montag, 19. August 2013

Victor Hugo und der Rhein

Victor Hugo 70-jährig, Quelle Wikipedia
Er musste sich aufraffen. Er hasste die Unbequemlichkeiten des Reisens, aus Koffern zu leben, nicht im eigenen Bett schlafen zu können, die Hotels ständig zu wechseln. Es waren vor allem die holpernden und ruckelnden Postkutschen, die ihm auf schlecht befestigten Wegen den Nerv raubten, sein Gesäß strapazierten und seinen Rücken in Mitleidenschaft zogen.

Der Entschluss, an den Rhein zu reisen, entstand 1831. In Paris war Victor Hugo mit seinem Roman „Der Glöckner von Notre Dame“ der literarische Durchbruch gelungen. Bereits mit 10 Jahren hatte Hugo zu schreiben begonnen, mit 15 Jahren wurde er erstmals ausgezeichnet, mit 16 Jahren studierte er Jura an der Pariser Sorbonne, mit Anfang 20 schrieb er Dramen. Für die Menschenrechte engagierte er sich, als er einen Roman über den Sklavenaufstand in Haiti schrieb; ebenso forcierte er die Abschaffung der Todesstrafe.

Die gesellschaftlichen Veränderungen hatten sein Interesse geweckt, die künstlerische Bewegung der Romantik hatte in Europa um sich gegriffen. In Paris lernte er Heinrich Heine kennen, der vor der Zensur geflüchtet war. Mit der Erfindung der Dampfschifffahrt hatte eine Art von Massentourismus am Rhein eingesetzt. Künstler und Intellektuelle bereisten den romantischen deutschen Fluss, darunter die französischen Schriftsteller Alexandre Dumas und Germaine de Stael.

Mit Frankreich und Deutschland sah Victor Hugo eine Völkergemeinschaft, die sich ergänzen konnte. Frankreich, das bedeutete für ihn Demokratie und Menschenrechte, Deutschland, in dieser Nation erkannte er methodisches Denken und Tiefgründigkeit. Der Rhein war für ihn die Vision eines Grenzflusses, der beide Nationen miteinander vereinigte.

Es sollte bis 1839 dauern, dass bis er das erste Mal den Rhein zu sehen bekam – aber nicht das Rheinland. Er reiste nach Straßburg. Dabei hatte er einen Teil seines Gepäckes postlagernd nach Köln geschickt, um mit einem Dampfer rheinabwärts zu fahren. Doch er änderte seine Reisepläne und fuhr in umgekehrter Richtung nach Schaffhausen.

Ein Jahr später, 1840, gelangte er schließlich ins Rheinland. Seine Reisegefährtin war übrigens nicht seine Ehefrau, sondern seine Lebensgefährtin Juliette Drouet, was seine Ehefrau zähneknirschend über sich ergehen ließ. Um unerkannt zu bleiben, trug er sich in den Hotels als „Vicomte Hugo“ ein.

„Der Rhein ist der Fluß, von dem alle Welt spricht und den niemand erforscht, den jeder besucht und den keiner kennt, den man im Vorübergehen wahrnimmt und den man schnell vergißt, den jeder Blick streift und der von niemandem geistig durchdrungen wird“ so beschrieb er allgemein den Rhein.

Vom 29. August bis zum 1. November 1840 dauerte seine Reise durch Deutschland. Er machte sich Notizen, führte ein Reisetagebuch und schrieb regelmäßig Briefe an seine Ehefrau Adèle und seine vier Kinder. Da er seine Reisebeschreibungen bis zur Veröffentlichung nur geringfügig überarbeitete, musste er mit dem Tempo eines Irrsinnigen seine Notizen gemacht haben und abends im Hotelzimmer bis mitten in die Nacht sein Tagebuch geschrieben haben.

Victor Hugo kam aus dem Schwärmen nicht mehr heraus: „Rheinaufwärts, eine Meile über St. Goar (...) bemerkt man plötzlich an dem Bogen zwischen zwei Bergen eine schöne altertümliche Stadt, von der Anhöhe bis an das Flußufer reichend, mit alten Gassen, die wir in Paris nur auf den Dekorationen der Oper zu sehen bekommen, mit vierzehn Türmen mit Zinnen, mehr oder minder von Efeu umwachsen und mit zwei großen Kirchen aus der reinsten gotischen Zeit. Es ist Oberwesel, eine der Rheinstädte mit vielen Kriegsspuren. Die alten Mauern sind von Kanonen und Kugellöchern dicht besät. (...) Wie fast alle Rheinstädte, hat auch Oberwesel auf seinem Berge eine Burg in Ruinen, den Schönberg, eines der bewunderungswürdigsten Schuttwerke, die es in Europa gibt.“

Er schwelgte in romantischen Gefühlen, ließ sich verzaubern und einlullen, war hingerissen vom Rhein und seiner Burgenlandschaft. Dies brachte er in ausschweifenden Naturbeschreibungen zu Papier. In der heutigen Zeit hätte er sich sogar Plagiatsvorwürfe gefallen lassen müssen. Vor seiner Reise hatte er mehrere Reiseführer studiert. Aus einem Reiseführer von Aloys Schreiber, der 1831 erschienen war, hatte er mehrere Textstellen wortwörtlich abgeschrieben.

Denkmal Victor Hugo in Paris; Quelle Wikipedia
Bacharach hatte es ihm besonders angetan: „Ich befinde mich in diesem Augenblick in einer der schönsten, angenehmsten und unbekanntesten alten Städte der Welt. Ich bewohne Gelasse wie die von Rembrandt, mit Bauern voll Vögeln an den Fenstern, sonderbaren Laternen an der Decke und mit Wendeltreppen in den Stubenecken, woran die Sonnenstrahlen hinaufschleichen. Im Schatten brummten eine alte Frau und ein Spinnrad mit gewundenen Füßen um die Wette. Drei Tage brachte ich in Bacharach zu, einer Art Wunderland am Rhein, vergessen vom guten Geschmack Voltaires, vergessen von der französischen Revolution, von den Kriegen Ludwigs XIV., vom Kanonendonner der Jahre 1797 und 1805 und den modischen Architekten, die Häuser wie Kommoden und Schreibschränke machen. Bacharach ist wohl der älteste von Menschen bewohnte Ort, den ich in meinem Leben gesehen.“

Die Deutschlandreise führte ihn bis nach Stockach an den Bodensee. Zurück ging es durch den Schwarzwald, über Heidelberg, Mannheim, Kaiserslautern und Saarbrücken nach Paris.

Wem gehörte der Rhein ? War er ein Grenzstrom ? Oder war er ein deutscher Strom ? Victor Hugo betrachtete den Rhein als gewaltige europäische Ader, die Geschichte und Gegenwart, Traum und Wirklichkeit miteinander verband. Er dachte sogar in der Vision, dass der Rhein als Drehscheibe Europas in einer späteren Phase England und Rußland in ein vereinigtes Europa integrieren sollte.

Bis 1845 dauerte es, dass sein Reisetagebuch „Voyage sur le Rhin“ erschien. In Frankreich und in Deutschland war das Buch ein Knaller. In demselben Jahr stieg Victor Hugo in die Politik ein, als er unter König Louis Philippe Abgeordneter der Nationalversammlung wurde. Dort war er ein vehementer Verfechter für Menschenrechte und Meinungsfreiheit.

1870 stürzte sein Weltbild in sich zusammen, als der deutsch-französische Krieg ausbrach. Der Rhein als Spaltung zwischen Deutschland und Frankreich ? Der „worst case“, an den er niemals gedacht hatte, trat ein. Deutschland überrollte Frankreich, die Festung Sedan wurde erobert, der deutsche Kaiser wurde im Spiegelsaal von Versailles gekrönt. Elsaß und Lothringen wurden annektiert.

Victor Hugo wird sich wohl noch heute im Grabe umdrehen: der Rhein wurde als Grenzfluss zu einem Zankapfel zwischen Frankreich und Deutschland. 

Sonntag, 18. August 2013

Wachtberg-Berkum - Burg Odenhausen

Rheinische Burgen – üblicherweise denkt man an all die Burgen und Burgruinen im Rheintal rheinaufwärts ab Bonn. Aber das Netz von Burgen ist im Flachland dichter. Sie schmiegen sich unerkannt in der Landschaft. Gemeinsam mit den Höhenburgen in den Mittelgebirgen ist der Typ der Wasserburg entstanden, die in Flußnähe oder in feuchten Niederungen ein Wassergraben umgibt. Der wehrhafte Charakter mit Türmen, Festung und Ringmauer ist bis heute bei vielen Wasserburgen erhalten geblieben. So wie manche Höhenburgen sind auch Wasserburgen bis zu 1000 Jahre alt.


Bei meiner Rennradtour bin ich an der Wasserburg Odenhausen vorbeigekommen.


Ich schaue über den Wassergraben auf die Burg.


Die Wasserburg Odenhausen nimmt eine Ausnahmestellung ein, denn sie ist im Rheinland unterhalb des Wachtbergs eine der höchstgelegenen Wasserburgen.


Zwei Löwen bewachen die Brücke über den Wassergraben.


Der heutige Bau aus dem Jahr 1560 wurde von Ludwig Blackart erbaut. Nicht unweit davon, wurde eine erste Burg im 14. Jahrhundert erbaut.


Der Erker wurde im Stil der Renaissance umgebaut.



Wirtschaftsgebäude grenzen im Innenhof an die Burg an.


Wirtschaftgebäude und Burg sind getrennt durch den Wassergraben.


Eine Mutter-Gottes-Figur ziert eine Ecknische.


Steinkreuze stehen vor der Mauer zum Wassergraben.


Auf der Rückseite der Burg kann man schön den Wehrturm erkennen.

Revolution ? Die Linke.


Gähnende Langeweile.  Mich ödet an, wie die Ideenlosigkeit des Bundestagswahlkampfes an Laternen und Zäunen, in Wiesen und Feldern, vor Hausfassaden und Ausfallstraßen klebt. „Gemeinsam für Deutschland“, „solide Finanzen“ oder „Gerechtigkeit statt Umverteilung“, untermalt mit glatt gestriegelten Gesichtern von Politikern, das klingt nichtssagender als jede Werbebotschaft.

Dann der Aufreger: die Linke will die Revolution. Endlich eine andere Gangart. Entsprechend der lateinischen Bedeutung „Umsturz“, trifft die Linke mit ihrer Botschaft ins Schwarze. So blass wie mir die anderen Parteien vorkommen, kann ich mich dieser Botschaft nicht entziehen. Ja, flächendeckender Mindestlohn, Altersarmut, die Spaltung der Gesellschaft in Reich und Arm, Energiewende, bezahlbare Mieten, das sind allesamt Themen, die mich brennend interessieren und wo ich dringenden Handlungsbedarf sehe.

Gerne packe ich weitere Themen dazu, dass wir Mobilität und Verkehr nicht in den Griff bekommen, dass ganze Urwälder abgeholzt werden müssen, damit wir mit Bio-Sprit fahren können, dass die Niederlande vielleicht irgendwann absaufen, weil wir die Erderwärmung nicht stoppen können, dass ein Lebensmittelskandal den nächsten jagt,  dass Atommüll in Nachbarländern um uns herum unterirdisch in vielleicht sicheren Behältern fleißig vor sich herstrahlt, dass wir es trotz steigender Nahrungsmittelproduktion nicht schaffen, die Erdbevölkerung zu ernähren, dass wir mit unserem Einkaufsverhalten bei Bekleidung dazu beitragen, dass es Tote in Textilfabriken in Bangla-Desh gibt.

Die Linken haben genau die richtige Wortwahl getroffen. Einfach mal so weitermachen wie bisher, das geht nicht. In Bewußtsein der Menschen muss sich vieles ändern. Politiker denken nur kurzfristig, üblicherweise in Legislaturperioden bis zur nächsten Wahl. Außerdem mahlen die Mühlen der Politik viel zu langsam. Um diese Problemfelder abzuarbeiten, brauchen wir Quantensprünge. Und die sehe ich nicht.

Ich wünsche mir sogar ein bißchen 1789, als die französische Revolution die Machtverhältnisse von unten nach oben umgedreht hatte. Das Volk stürmte die Bastille, Menschenwürde und Menschenrechte fanden Eingang in die Verfassung, der König dankte ab. In unserem Staat werden diese Machtverhältnisse wieder zurückgedreht, wenn Lobbyisten bestimmen, welche Gesetze der Staat beschließt, wenn Menschenwürde und angemessener Lohn nicht mehr zusammenpassen oder wenn die Spaltung in Arm und Reich eine Ständestruktur wie im damaligen Frankreich schaffen. Ich könnte diese Rückschritte auch mit Karl Marx hinterlegen: der Mensch wird zur Ware, dessen Ertrag vom Verkauf seiner Arbeitsleistung abhängig ist; Unternehmer sind die herrschende Klasse, die in die Interessen der Gesellschaft hineinwirken; die Arbeitsleistung des Arbeiters dient dazu, um die Profitrate des Unternehmers zu erzielen. Die ökonomischen Rahmenbedingungen lassen solchen Rückschritten freien Lauf.

Obschon mir linke Ideologien schon immer sympathisch waren, werde ich die Linken nicht wählen. Präsent ist mir die linke Ideologie seit der 68er-Bewegung. Damals waren die Weltbilder einfach gestrickt: jenseits des eisernen Vorhangs lag der Kommunismus, das war das Reich des Bösen, diesseits lag der Kapitalismus, das war das Reich des Guten. Oder ja nach Standort genau umgekehrt. Links bedeutete auch Kritik am Kapitalismus. Linke glaubten nicht mehr an diese Wachstumsideologien, dass durch ein schier endloses Wachstums ein schier endloser Wohlstand erzielt werden konnte.

So einen Rudi Dutschke könnten wir heute gut gebrauchen. Er hatte die USA an den Pranger gestellt, die sich als weltpolitische Ordnungsmacht aufspielte und einen unsinnigen Krieg gegen Vietnam führte. Er rebellierte gegen die imperialistischen Strukturen, die die Welt durchdrangen und die Dritte Welt ausbeuteten. Er lehnte sich auf gegen autoritäre Strukturen, die Freiheit definiert er neu. Dutschke mischte die Gesellschaft auf und sorgte dafür, dass der Kapitalismus in seiner ausbeutenden Gestalt einen Gegenspieler mit Marx, Lenin und Engels fand. In der ganzen westlichen Welt waren sie tabuisiert worden, da sie mit Kommunismus gleichgesetzt wurden.

Die Linke Partei wird kapitulieren müssen, wieviel Sozialstaat bezahlbar ist. Dennoch ist der Ruf nach einer Revolution nicht allzu verkehrt, weil wir alles dem Markt überlassen. Politiker glauben an die Selbstheilkräfte des Marktes so wie die Mediziner an einen gesunden Körper, der von sich aus gegen alles immun ist und sich selbst regeneriert.

Klar, es gibt sie, die Manager, die ihr Unternehmen professionell führen. Sie sorgen dafür, dass neue Märkte erschlossen werden, dass die individuellen Stärken ihres Unternehmens ausbaut werden, dass alle die Ressourcen ihrer Mitarbeiter wertschätzen und diese angemessen bezahlen. Dort wirken sich die Selbstheilkräfte des Marktes aus, wenn sich bei klugem, vorausschauenden Handeln Unternehmen am Markt behaupten können.

Am Beispiel der Mindestlohndebatte betrachtet, macht es sich der Staat zu einfach, wenn er sich in die Rolle des Zuschauers begibt. Dann zerbröckelt unser Sozialstaat beziehungsweise das, wofür die Sozialdemokratie oder die Gewerkschaften jahrzehntelang gekämpft haben. Die Linke oder einen Rudi Dutschke oder eine Revolution könnten wir gut gebrauchen, wenn moralische Grenzen bei Scheinselbständigkeit, Leiharbeiter oder Outsourcing überschritten werden.

Der Staat läßt allzu sehr Fehlkonstruktionen oder Ausbeutungsmechanismen in unserer Marktwirtschaft zu, die fernab jeglicher Selbstheilungskräfte des Marktes liegen. Das jüngste Beispiel dazu ist die Deutsche Bahn, das zum geplanten Börsengang erfolgreiche Unternehmenszahlen sehen wollten. Dazu wurde Personal abgebaut, wodurch Kosten eingespart wurden. Die Arbeitsmenge war aber dieselbe geblieben. Dadurch entstanden Überstunden, schlechtere Qualitätsstandards, Verspätungen, Zugausfälle, verärgerte Kunden, gestreßte Mitarbeiter an allen Fronten. Unter Ausbeutung begreife ich, wenn beispielsweise Paketzusteller als Scheinselbständige für umgerechnet 3 € pro Stunde arbeiten.

Linke Ideologien halte ich durchaus für zeitgemäß, denn Sozialdemokratie, Christdemokratie, die Liberalen und selbst die Grünen unterscheiden sich in der Mitte kaum noch voneinander. Ich wage nur zu bezweifeln, dass sich eine linke Partei so begreift wie ich eine linke Ideologie begreife. Und die linke Partei wird historisch mit Kommunismus gleichgesetzt, den ich wiederum auch nicht will.

Donnerstag, 15. August 2013

amerikanische Präsidenten und berühmte Sätze

Quelle: http://john-f-kennedy.de.tl/
Mit dem alten, knorrigen Kanzler konnte er es nicht. Er, John F. Kennedy, war der jugendliche Typ, der zu den jungen Generation von Politikern gehörte, die etwas bewegen wollte. 46-jährig, hatte Kennedy es bei seinem Deutschlandbesuch im Juni 1963 mit diesem rheinischen Urgestein des Bundeskanzlers Adenauer zu tun, der sich in die deutsche Frage verbohrte und im Greisenalter von 87 Jahren angekommen war.

John F. Kennedy musste den Kanzler drängen, damit er bei seinem Deutschlandbesuch außer dem Rheinland auch Berlin zu sehen bekam. Berlin, dagegen opponierte Adenauer, denn dort regierte der Bürgermeister der SPD, Willy Brandt, dessen Ausstrahlung und Elan dem amerikanischen Präsidenten ähnelten.

Nachdem John F. Kennedy am Köln-Bonner Flughafen gelandet war, hakte er Köln im Schnelldurchlauf ab. Mehrere tausend Kölner hatten sich vor dem Rathaus eingefunden, wo er eine 30-minütige Rede hielt. Am Ende der Rede entwich ihm ein plattes KÖLLE ALAAF, danach besichtigte er den Kölner Dom und verschwand um die Mittagszeit ungefähr so schnell nach Bonn, wie er gekommen war.  Direkt anschließend, hielt er am Bonner Rathaus vor der begeisterten Bevölkerung die nächste Rede.  Er erwähnte den 1848er-Revolutionär Carl Schurz, er verband die Stadt Bonn mit der Freiheitsidee. Aber ein knackiger Satz, den man nicht vergaß, kam nicht vor. Die restlichen anderthalb Tage, die Kennedy in Bonn verbrachte, gingen für Gespräche mit Ministern und ganz viel Politik drauf.

Einen Tag später folgte der Besuch in Berlin. Das war John F. Kennedy’s Stadt, denn dort war die Geschichte Deutschlands geschrieben worden. Die Amerikaner hatten Berlin von der sowjetischen Blockade befreit. Er wollte die Stadt mit der Mauer sehen, die zwei Jahre zuvor hermetisch vom kommunistischen Weltreich abgeriegelt worden war. Er fühlte mit, wollte gemeinsam mit der Bevölkerung die Isolation vom Rest der Bundesrepublik überwinden.

Die 25 Kilometer lange Fahrt im offenen Kabrio durch Berlin wurde zum Triumphzug. Um die Mittagszeit erreichte er das Schöneberger Rathaus, wo ihn 450.000 Berliner mit stehendem Applaus begrüßten. In seiner Rede sprach er den Satz aus, der in die Geschichtsbücher eingegangen ist: ICH BIN EIN BERLINER.

Genau 26 Jahre sollte es dauern, bis wieder ein amerikanischer Präsident das Rheinland besuchte. 1999 fand der Weltwirtschaftsgipfel G8 in Köln statt, auf dem die mächtigsten Staatsführer der Welt zusammen trafen. Neben Tony Blair, Jacques Chirac oder Gerhard Schröder besuchte auch der amerikanische Präsident Bill Clinton die rheinische Domstadt. Abseits von Meetings, Tagungen, Empfängen und Banketten setzte bei Bill Clinton das große Kribbeln ein: neben dem offziellen Programm wollte er Köln auf eigene Faust erkunden.

Er schickte seine Berater los, um sich bei den Kölnern zu erkundigen, wo es gesellig war und wo er ein typisches Stück Köln kennen lernen konnte. Sie recherchierten das Lokal „Lommerzheim“ in Deutz, dessen Zerstörungen im zweiten Weltkrieg man oberhalb des ersten Obergeschosses so belassen hatte, wie sie waren. Im Lokal konnte man daumendicke Koteletts essen, die ihn an die Üppigkeit amerikanischen Fleischgenusses erinnerten. Doch die Gaststätte „Lommerzheim“ winkte ab: nur Stammgäste, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren das Lokal besuchten, durften einen Tisch reservieren. Und der Präsident der Vereinigten Staaten sei halt kein Stammgast.

Beim nächsten Lokal, das ein urwüchsiges Stück Köln verkörperte, hatten die Berater mehr Glück. Das war das Brauhaus zur Malzmühle am Heumarkt. In der Kölner Innenstadt gibt es mehrere Brauhäuser, die mit einer eigenen Brauerei das obergärige Kölsch brauen. 1572 vom Stadtchronisten Hermann von Weinsberg erstmals erwähnt, ist die Malzmühle das zweitälteste Brauhaus Kölns.
Quelle: wikipedia

Im Dauerstress mit Meetings, Tagungen, Empfängen und Baketten, hatte Bill Clinton keine Gelegenheit gehabt, eine Rede an die Kölner Bevölkerung zu halten. Anstatt dessen genoss er nun mit seinen Body-Guards die Atmosphäre des Brauhauses mit den blankgewetzten Holztischen. Vitrinen waren vollgestopft mit Karnevalsorden, an der Wand hingen Gemälde der Kölner Altstadt.

Bill Clinton aß rheinischen Sauerbraten, trank zwei Stangen Kölsch und wechselte danach auf Cola, um sich als amerikanischer Präsident nicht an alkoholischen Getränken zu berauschen. „Thank you, the meal was wunderful“ trug er danach in das Gästebuch des Brauhauses ein. Als er das Lokal verließ, schüttelte er Hände, gab auf Bierdeckeln Autogramme und freute sich darüber, wie herzlich er in der Domstadt willkommen war.

Quelle: www.ksta.de
In der Malzmühle wollte er nachholen, dass er keine Rede gehalten hatte. Vielleicht suchte er auch nach einem berühmten Satz, wie ihn einst Präsident Kennedy ausgesprochen hatte. Er verschluckte einige Silben in amerikanischem Akzent, dann sagte er  zu einem Gast: ICH BIN EIN KÖLSCH.

Mit diesem Satz ist Bill Clinton nicht in die Weltgeschichte eingegangen, aber in die Geschichte der Malzmühle und der Stadt Köln. 

Dienstag, 13. August 2013

Legoland Günzburg - Teil 2

Unwillkürlich denke ich an die Sternstunden der Menschheit von Stefan Zweig, wenn ich durch das Miniland spaziere. Er beschreibt die Seefahrer, die den Pazifik entdeckt haben, den Komponisten, der die Marseillaise geschrieben hat oder die Techniker, die das erste Transatlantische Kabel von Amerika nach Europa verlegt haben. Ähnlich großes haben die Modellbauer im Legoland geleistet. Acht Modelldesigner beschäftigt das Legoland dauerhaft. Rund 25 Millionen Legosteine sind im Miniland verbaut. Wind und Wetter ausgesetzt, halten die Legosteine, die mit Spezialkleber verklebt und UV-Lack überzogen sind, rund fünf Jahre lang. Den Modelldesignern geht also nie die Arbeit aus, wenn außerhalb der Saison Steine erneuert werden müssen und die Modelle wieder zusammengebaut werden müssen. Damit wir jedes Jahr aufs Neue Städte und Sehenswürdigkeiten aus ganz Europa bestaunen können, die aus all den kleinen Steinen, die die Welt bedeuten, gebaut sind.


Ich beginne mit der Hauptstadt Deutschlands.


Frankfurt wirkt mit der Skyline und dem Römer noch kollossaler als in Wirklichkeit.


Mit der Pfalz bei Kaub ist sogar das Rheintal vertreten.


Schloß Neuschwanstein erstrahlt in einer märchenhaften Schönheit.


In der näheren Umgebung des Legolandes steht die Wallfahrtskirche St. Maria Vesperbild.


Der Flughafen München gewährt Einblicke ins tiefe Innere des Airbus A380.


Begeben wir uns in unser westliches Nachbarland nach Amsterdam …


… und in unser südliches Nachbarland nach Luzern.


Die Reise führt bis nach Venedig mit dem Markusplatz und dem Dogenpalast.


Die Filmwelt hat mit ihren Star Wars-Figuren genauso Einzug gehalten.

Montag, 12. August 2013

Legoland Günzburg - Teil 1


Am Vortag hatte das Gewitter einen eleganten Bogen um das Legoland geschlagen. Nachdem die Sonne untergegangen war, zückten Blitze in der Ferne. Sie rückten näher heran, bedrohlich nahe, der Donner grollte tief und fest, bis die Gewitterwolke wegdrehte und sich auf schleichenden Füßen entfernte.

Untermalt von dem Brummen des Donners, hatte die Band auf der Bühne gespielt. „Dead or alive“ von Bon Jovi hatte dagegen gehalten, genauso „With or without you“ von U2, „Can’t fight this feeling“ von REO Speedwagon oder “Tie your mother down” von Queen. Die Stücke, die genau mein Musikgeschmack waren, waren den Originalen täuschend ähnlich. Blitze waren in den schwarzen Himmel abgezischt, die Band verstummte. Der Höhepunkt des Tages konnte beginnen: das Feuerwerk.

Gut und Böse, Licht und Schatten, Leben und Tod, das Feuerwerk erzählte über das Chima, das waren Weisheiten aus China. Nach dreißíg Minuten war dieses sehenswerte Spektakel vorbei, das wir das allererste Mal im Legoland an diesem Tag der langen Nächte erlebt hatten.

Techno Schleuder, Lego Racers Achterbahn – Hinweis: ich fahre nicht mit Achterbahnen, sondern nur Gattin plus unser kleines Mädchen -, Wellenreiter, Tempel X-Pedition: mit diesen Fahrattraktionen begannen wir unseren zweiten Besuchstag. Die Tempel X-Pedition hatte in diesem Jahr neu eröffnet. Die Statue eines Pharaonen begrüßte uns zwischen Säulen und Schriftzeichen, zu denen sich gezeichnete Legosteine gesellten. Mit dem Fahrgeschäft schlüpften wir in die Rolle von Grabräubern. Im Inneren der Pyramiden zielten unsere Infrarotpistolen auf funkelnde Schätze, je abgeschossenen Schatz wurden Punkte gesammelt, doch mein Punktekonto sah grottenschlecht aus: zu oft traf ich daneben, so dass ich mit meinen 11.000 Punkten abgeschlagen im unteren Mittelfeld landete.

So glimpflich, wie wir am Vortag davon gekommen waren, so schlecht meinte es das Wetter am zweiten Besuchstag. Wir hatten es uns in der Lego Arena bequem gemacht, der chinesische Nationalzirkus zeigte seine Akrobatik rund um Gut und Böse, Licht und Schatten, Leben und Tod. Ein Artist mit einer Haarmähne, die zu dem Woodstock-Festival hätte passen können, jonglierte eine zentnerschwere Vase auf seinem Kopf. Indes hatte sich eine Gewitterfront hatte sich formiert und rauschte in die Lego Arena hinein. Es stürmte, Blätter fegten in die Luft, der Regen prasselte, wir flüchteten in das Arena Café.

Im dem Arena Café, wo man Pizza und Pasta essen konnte, knubbelte es sich. Eine Stunde lang standen sich die Flüchtenden auf den Füßen, bis der azurblaue Himmel das Gewitter vertrieb, als sei nichts gewesen.
Einmal Legoland von oben. Vom Aussichtsturm konnten wir das Gelände des Freizeitparks überblicken. Im Jahr 2000 setzte der damalige Bundesfinanzminister Waigel den ersten Spatenstich. April 2002 eröffnete Legoland Deutschland nach dem Vorbild von Billund in Dänemark. Seit 2003 besuchen wir regelmäßig Legoland Deutschland. An den Rändern ist der Park alljährlich um neue Attraktionen gewachsen.

Nachdem unsere Kleine die Mindestgröße erreicht hat, ist sie verrückt nach der Drachenachterbahn. In einer Höhle wird über Merlin, den Zauberer, und den Drachen, der den Burgschatz bewacht, erzählt, bis die Fahrt in zwanzig Meter Höhe abhebt und in atemberaubende Kurven schießt. So atemberaubend, dass ich mir dieses Schwindelgefühl erspare und vom standsicheren Erdboden lieber zusehe. Dabei verlängern sich die Phasen des Zusehens bisweilen, wenn der Rest meiner Familie drei- bis viermal hintereinander diesen Nervenkitzel genießt.

Das Gewitter hatte die Luft gereinigt, so dass am dritten Besuchstag die Sonne ungehemmt vom Himmel knallte. Dabei ist Hitze im Legoland kein erdrückendes Phänomen. Anders wie bei uns im Rheinland, wird es selten drückend und schwül. Man kann frei atmen. Seit der Eröffnung sind Bäume und Sträucher so gewachsen, dass sich Schatten findet.

Bei solchen Hitze-Wetterlagen retten wir uns in das Piratenland. Ab in die Wasserschlacht. Die Boote können sich gegenseitig bespritzen. Unsere Kleine zog den Badeanzug an, ich machte meinen Oberkörper frei. Zweimal hintereinander nahmen wir die Schlacht an und schossen mit den Wasserpistolen zurück, was das Zeug hielt. Vom Gesicht bis zu den Füßen waren wir klatschnass. Und wir waren uns sicher, dass es unsere Gegner mindestens genauso erwischt hatte.


Geruhsam trotten wir zur nächsten Wasser-Attraktion, der Wildwasserbahn. In der Warteschlange wird mir jedesmal aufs Neue gezeigt, was mit welcher Liebe zum Detail aus Legosteinen gebaut worden ist. Eine Eidechse hängt den Fels herab. Zwei Affen hocken auf einer Kiste. Die Leoparden-Mama und ihr Baby ruhen sich auf einem Stein aus. In luftiger Höhe erschreckt eine Spinne den Betrachter. Johnny Thunder begutachtet mit seiner Lupe die Tauglichkeit des Dschungels. Wie so oft, war die rasante Fahrt angesichts der Wartezeit von 45 Minuten viel zu schnell vorbei. Neue erfrischende Kühle fanden wir anschließend in der Unterwasserwelt von Atlantis. In einem kurzen Film erzählte ein Legomännchen vom Mythos Atlantis, tauchte in die Trümmer der versunkenen Stadt ab, bis sich eine Türe zu den Unterwasseraquarien öffnete. Das war eine kleine Kopie der Sea Life Center in Konstanz oder Oberhausen, wobei – natürlich – die Unterwasserwelt mit jede Menge Lego-Figuren gespickt war. Bevor wir die Aquarien verließen, gab es Seesterne zum Anfassen. Man konnte sie streicheln, ihren harten Panzer berühren, ihre Bewegungen beobachten.

Miniland, Hafenrundfahrt, Lego Fabrik, Rundfahrt mit der Eisenbahn, nicht zu vergessen der Lego Shop, in dem es nichts gibt, was es nicht gibt: zweieinhalb Tage lang haben wir das Legoland ausgekostet.

Der bittere Ernst holte uns auf der Rückfahrt auf der Autobahn A5 ein. Nachdem wir unser großes Mädchen in Freiburg eingesammelt hatten, fuhren ab Offenburg mit voller Wucht in eine Gewitterfront hinein. Gemeinsam mit der Gewitterfront, unter der es pechschwarz wie in der Nacht war, zogen wir nordwärts. Bei Karlsruhe waren auf der Gegenfahrbahn Bäume umgeknickt, so dass sich der Verkehr endlos staute. Es regnete so sintflutartig, dass in unserer Richtung stellenweise die Fahrbahn überschwemmt war, so dass sich der Verkehr staute und auf ein oder zwei Spuren an den Überflutungen vorbei schlängelte. Nach zwei Stunden war die Fahrt mitten durchs Gewitter vorbei. Hinter der Rheinbrücke lichtete sich bei Speyer der Himmel.

Abends hörten wir in den Nachrichten, dass das Unwetter weiter in Frankfurt gewütet hatte. Der Bahnverkehr war zwischen Köln und Frankfurt lahmgelegt, weil eine Metallabdeckung auf das Dach des ICE-Bahnhofs am Flughafen gestürzt war.

Freitag, 9. August 2013

Monatsrückblick Juli

Sabine Lisicki
Seit den Tennissiegen von Boris Becker, Michael Stich und Steffi Graf in den 80er Jahren in Wimbledon war es um deutsche Tennisspieler ruhig geworden. Danach hatte kein deutscher Tennisspieler mehr das Format, in die Weltspitze vorzudringen. Seitdem erlahmte mein Interesse an Tennis, zumal ich es nicht als besonders intelligent empfinde, einen Ball über ein Netz hin- und her zu spielen und dem Hin- und Hertanzen des Tennisballes etwas spannendes zu entlocken. Mein sportliches Desinteresse fand nun mit Sabine Lisicki ein Ende. Wie die Bälle über das Netz hüpften, wie entschlossen sich Sabine Lisicki entgegen schmiss, wie sie die Ballwechsel abwehrte, wie sie ihre Satzbälle lancierte: sie erreichte nach Jahrzehnten das Format der Extraklasse, so dass sie internationalen Konkurrentinnen die Stirn bot. Wie sie die Weltranglistenerste Serena Williams auf der Überholspur dominierte, war diese Extraklasse. Im Finale hatte ich ihr gegen die Französin Marion Batoli fest die Daumen gedrückt, doch aus dem Finalsieg wurde nichts. Schade. Es war aber schön, seit Boris Becker, Michael Stich und Steffi Graf dieses Feuer zu spüren, das der Tennissport einhauchen kann.

Windows 7.0
Die Umstellung von Windows XP auf Windows 7.0 war auf unseren dienstlichen Rechner und Laptops ein riesiges Thema. Mit der Aufspielung der neuen Windows 7.0-Software war mein Laptop einen  Tag lang blockiert, so dass ich nichts produktives arbeiten konnte. Dafür hat aber Windows 7.0 das geschafft, was sämtliche Revolutionen in Deutschland nicht geschafft haben: die Abschaffung des Adels. Windows 7.0. ist nämlich nicht in der Lage, Adelstitel einzulesen. So sind in dem E-Mail-Programm Outlook sämtliche Adressen hinterlegt, darunter auch einzelne E-Mail-Adressen mit Adelstiteln wie „von“ oder „von den“ usw. Windows 7.0 ignoriert diese Adelszusätze schlichtweg. Aus einem Herrn „von Stein“ wird „Stein“ oder aus einer Frau „von den Lingen“ wird eine Frau „Lingen“. Adel wird abgeschafft. Eine echte Revolution hat nur der Umsturz des DDR-Regimes 1989 geschafft. Windows 7.0 bewegt sich nun auf Augenhöhe mit diesen Revolutionen. Fast ein Stück französische Revolution 1789.

Energiewende
Beim Studium von Nachrichten, Meldungen und Schlagzeilen stelle ich fest, dass allerhand Widersinnigkeiten den Umbau der Stromlandschaft begleiten.
  • In Hürth-Knapsack geht eines der modernsten Gaskraftwerke Europas (350 Mio € Baukosten) nicht ans Netz, weil die Börsenstrompreise zu niedrig und die Gaspreise zu hoch sind; der norwegische Betreiber Statkraft will den steigenden Stromverbrauch zum Herbst abwarten
  • Parallel dazu sind zum 1.1.2013 die Strompreise angehoben worden mit der Begründung, dass der Stromverbraucher bei der Finanzierung der erneuerbaren Energien stärker zur Kasse gebeten wird; unseren Haushalt trifft dies mit einer Nachzahlung von 120 €
  • In Nord- und Ostsee sind die ersten Offshore-Windparks fertiggestellt worden;  wegen fehlender Seekabel und Offshore-Stromturbinen kann aber kein Strom produziert werden; die Bundesregierung rechnet mit Entschädigungsforderungen, da den Infrastrukturkosten keine Einnahmen aus der Stromerzeugung gegenüberstehen; ich befürchte, dass diese Entschädigungen ungefiltert an den Stromkunden weitergereicht werden
  •  Im Radio-Talk bei SWR1 „Leute“ erzählte der Schauspieler und Buchautor Hannes Jaenicke, dass der frühere SPIEGEL-Chef Stefan Aust in der Nähe von Bremervörde einen Reiterhof besitzt; im Rahmen der Anbindung von Offshore-Windparks soll über seinen Reiterhof eine neue Stromtrasse gebaut werden; Stefan Aust will diese Stromtrasse verhindern und argumentiert dagegen, dass On-Shore (also auf dem Land) ausreichend Strom aus Windkraftanlagen produziert wird, so dass auf See (Offshore) gar kein Strom mehr gewonnen werden muss

Ich stelle fest, dass das Thema Energiewende beliebig komplex und auch unausgereift ist. Das aufmerksame Studium von Nachrichten, Meldungen und Schlagzeilen könnte dauerhaft neue Inhalte für meinen Blog liefern. Strom und Energie halte ich für interessante Blog-Themen; bei Strom und Energie möchte ich ähnlich verfahren wie mit Verbraucher- oder Wirtschaftsthemen, dass ich ab und zu darüber schreibe, weil ich über den Tellerrand der einzelnen Rubriken hinaus schauen möchte. Ich möchte die ganzheitliche Darstellung aller Themen im Auge behalten. Ausgangspunkt soll das Rheinland bleiben, welche Anstöße und Geschichten das Rheinland liefert.

Wespennest
Die Viecher sind hartnäckig und lassen sich nicht vertreiben. Vor zwei Jahren hatten  sie sich in einer Ritze über dem Fenstersturz des Badezimmers eingenistet. Mit Chemie von Bayer haben wir die Wespen weggesprüht. Im Mai diesen Jahres ging es unter der Verschieferung der Dachgaupe weiter. Erneut habe ich mich des Gift-Cocktails der Bayer-Werke bedient, der ganze Arbeit geleistet hat und die Wespen vertrieben hat. Das war auch gut so, denn auf Youtube habe ich mir angesehen, bis zu welcher Größe sich Wespennester aufblähen können, wenn die Wespenköniginnen an die eintausend Eier legen, aus denen dann neue Wespen schlüpfen. Wenn das Wespennest ein gewisses Volumen erreicht hat, können sich nur noch Kammerjäger mit einer Schutzausrüstung an ein solches Nest heranwagen, wenn mehrere tausend Wespen gleichzeitig in einem Schwarm um die Ohren sausen. Nachdem die Wespen hinter der Verschieferung hoffnungslos verreckt waren, ging es in unserem Vorgarten weiter. Als wir das wuchernde Unkraut abgeschnitten hatten, bemerkten wir ein zehn Zentimeter großes Loch, in das Wespen rege ein- und ausflogen. Um unser Erdreich nicht zu verseuchen, verzichteten wir diesmal auf die Giftmischerei von Bayer & Co. Wir versuchten es mit abgekochtem Wasser und jede Menge Sand. Die Wespen waren hartnäckig und wichen auf neue Erdlöcher aus. Vier Löcher haben wir mit Sand zugestopft. Wespen sind keine mehr zu sehen. Wir müssen aber weiträumig alle Winkel um unser Haus beobachten, denn vielleicht tauchen sie an neuer Stelle wieder auf.

Deutschland zerfällt
In dem Buch „Deutschland zerfällt“ analysiert der Autor Reinhard Stransfeld, wie das hemmungslose Wirtschaftswachstum den einzelnen Bürger trifft und „warum einige immer mehr haben und viele sich immer schlechter fühlen“ (so der Untertitel des sehr interessanten Buches). Stransfeld bringt die Entwicklungen der Ökonomie in vier Schritten auf den Punkt:

Schritt 1: Freisetzung der Ökonomie aus gesellschaftlichen und politischen Einbindungen; die Märkte beginnen, sich selbst zu regulieren; mit den Innovationen in der Technik kann die Knappheit der Güter überwunden werden
Schritt 2: mit der Sättigung setzte das Schrumpfen der Wachstumsdynamik ein; um die Wachstumsdynamik aufrechtzuerhalten, muss das Wachstum bis in die letzten Ecken der Welt vordringen, was man gemeinhin als Globalisierung bezeichnet
Schritt 3: nachdem das Wachstum bis in die letzten Ecken der Welt ausgeschöpft war, wurden soziale Bereiche monetarisiert und öffentliche Güter privatisiert, d.h. nicht öffentliche Gesellschaftssegmente wurden zu Marktterritorien umdefiniert
Schritt 4: mittels Verschuldung werden soziale Bereiche und öffentliche Güter für künftige Generationen abgegriffen


Das Prinzip, Wirtschaftswachstum als herrschende Ideologie zu betrachten, hatte bereits der Club of Rome 1972 verworfen. Leider ist dieses Wachstums-kritische Denken wie in diesem Buch viel zu selten vorzufinden. Zu viele rennen in diese Richtung, dass Wachstum ein Allheilmittel ist. Kollateralschäden oder Nebenwirkungen werden dann billigend in Kauf genommen.