Donnerstag, 16. Februar 2012

Wieverfasteloovend

Schnell zum Metzger. Denn heute herrscht im Rheinland Ausnahmezustand, es ist nämlich Weiberfastnacht, und die Frauen haben das Sagen. Kurz nach 10 Uhr ist es, und noch läuft alles in einigermaßen geregelten Bahnen. Noch sind die Geschäfte geöffnet, und mit der magischen Uhrzeit von 11.11 Uhr wird sich dies schlagartig ändern. Dann machen sich alle Frauen aus dem Staub und feiern alles, was männlich ist, in Grund und Boden. Die Kneipen im Ort werden überquillen von Frauen und als Mann hat man kaum eine Chance, in diese verschworene Frauengemeinschaft hinein zu tauchen. Geöffnete Geschäfte werden ab der Mittagszeit eine Rarität sein.

Mitten in dieses Getümmel wird sich meine Frau stürzen. Mit zwei anderen Frauen sind sie mit Bus und Bahn nach Köln gefahren. Verkleidet als Steinzeitfrau, Indianerin und Piratin, haben sie um 9 Uhr unser Haus verlassen, und in Köln wird mit all den anderen wildgewordenen Weibern gefeiert werden, was das Zeug hält. Besonders delikat wird dieses Erlebnis für die beiden Begleiterinnen meiner Frau werden, denn sie kommen ursprünglich aus Berlin und Schleswig-Holstein, wo der Karneval höchstens ein Fremdwort ist.

Beim Metzger herrscht Vorfreude auf die närrischen Tage, die heute eingeläutet werden. Manche Kreaturen gibt es sogar im Rheinland, die finden von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch kaum zu einem nüchternen Zustand zurück, bei denen ist der Schlaf im Bett allenfalls eine kurze Stippvisite.

Eine Clownsfigur begrüßt mich neben der gläsernen Schiebetüre. Überall hängen unter der Decke Luftschlangen und Luftballons. Ein Clownsgesicht grinst mich aus einem Spiegel hinter der Fleischtheke an. Dass der Inhaber der Metzgerei aktiv in einem Karnevalsverein das Karnevalsgeschehen gestaltet, das betonen nachdrücklich zwei Karnevalsorden, die die Ecken des Spiegels verzieren. Goldig glänzen die Karnevalsorden, in dessen Zentrum sich in einem unpassenden Rot der Kölner Dom herausschält.

„Marianne, du häss noch net et kostüüm aan …
trällert eine mittelalte Frau quer durch die Metzgerei und meint die Verkäuferin, die hinter der Wursttheke steht. Selbst hat sie sich bereits verkleidet: einen roten Rock mit weißen Punkten trägt sie, eine unauffälige blaue Bluse, ein Stirnband aus demselben roten Stoff mit den weißen Punkten wie der Rock. Nichts spektakuläres, aber karnevalistisch, und gut wird sie damit in das feiernde Volk hineinpassen.

Ein als Biene Maja verkleideter Winzling, der macht da eher einen irritierten Eindruck. Es ist ein Junge im Kindergartenalter, der sich der Schönheit seines Biene Maja-Kostüms wohl nicht bewusst ist. Flauschig und wollig kuscheln sich die gelb-schwarzen Streifen um seinen Körper, und mit der schwarzen Strumpfhose und der schwarzen Kapuze gibt er ein schönes Gesamtbild ab. Seine Mama hat sichtliche Mühe, auf ihn aufzupassen, denn er hält eine Scheibe Fleischwurst in der Hand, nippt daran herum, ohne davon etwas abzubeißen, und irgendeine unsichtbare Kraft zieht ihn dauerhaft zur Türe mit der dahinterliegenden Straße hinaus. Hin und her geht es, dass die Mama ihn zu sich krallt und er wieder zu der Türe ausbüxt, und sie schafft es kaum, ihre Einkäufe an der Wursttheke zu erledigen.

„Dat maak ech jlicke … „
tönt die Verkäuferin an der Wursttheke zurück und meint ihr Kostüm, welches sie gleich anziehen möchte.

Noch geht hier alles in der Metzgerei seinen geruhsamen Gang. Aber dieser närrische Urknall um 11.11 Uhr kommt ja noch. Dann gewinnen die Narren und Jecken im Straßenbild immer mehr die Oberhand. Das ist vielleicht eines der Ur-Temperamente des Rheinländers. Sozusagen auf Knopfdruck loszulegen, lustig zu sein und zu feiern. Rheinländer, die auch außerhalb von Karneval feiern können, gibt es übrigens genauso. Und dies nicht als einzelne Ausnahmeerscheinung.

5 Kommentare:

  1. In Ostwestfalen ist alles normal soweit (bis auf wenige karnevalistische Hochburgen). Das Wetter war heute auch nicht gerade straßenkarnevaltauglich.
    VG
    Elke

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  2. Bin ich froh, dass ich GAAAANZ weit weg wohne.... *gg*

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    1. Danke für deinen lieben Besuch bei mir auf dem Blog!
      Hab mich sehr darüber gefreut.

      Was "Fasching" angeht (bei uns Norddeutschen heißt das so),ist nicht so viel los bei uns.
      Das Baby mag es lieber ruhiger ;o)

      Viele liebe Grüße,
      Line

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  3. Guten Morgen :)
    Ja, genau, bei euch ist richtig was los. Gefällt mir. :D

    Vielen Dank für deinen Kommentar. Pink Floyd mag ich auch.

    Anbei noch eine kurze Frage: Wie gefällt dir speziell mein jüngster Post?

    Ich wünsche Dir einen guten Start ins Wochenende,
    liebe Grüße wieczorama
    Mein Fotoblog

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  4. Oha! Hoffe, du hast den Tag gut überstanden- als norddeutsche Pflanze verstehe ich das Prinzip Karneval gar nicht. Da muss man wohl für geboren sein, oder?

    Dennoch etwas närrisch ins Wochenende-der Regen rauscht, der Himmel ist grau-was für ein herrliches Krimilesewochenendwetter

    Viele Grüße, Jo

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