Montag, 19. März 2012

sonntags im Garten-Center

Am liebsten wären wir wieder umgekehrt. Schon am Kreisverkehr, noch bevor wir das Garten-Center erreicht hatten, sahen wir eine endlose Blechlawine auf dem Parkplatz. Vor dem Parkplatz begrüßte uns ein spezieller Parkplatzanweiser mit einer gelben Warnweste, der von einem Sicherheitsdienst abkommandiert war. Er winkte uns durch. Hartnäckig mogelten wir uns an wartenden, stehenden, suchenden Autos vorbei, bis wir am hintersten Ende einen der letzten freien Parkplätze fanden.

Um die Mittagszeit war die Hölle los. Als wir die Öffnungszeiten im Internet nachgesehen hatten, hatten wir uns noch gewundert. Jeden Sonntag öffnete das Garten-Center von 11 bis 16 Uhr seine Pforten. Den Samstag wollten wir noch etwas im Garten geschafft haben. Und den Sonntag, den wir als Ruhetag betrachteten, wollten wir etwas für unseren Garten eingekauft haben.

Hinein ins Gedrängele. Weil so viele Einkaufswagen hin- und hergeschoben worden waren, mussten zwei Arbeiter diese zunächst in Reih und Glied ordnen. Mit Einkaufswagen trabten wir dann ins Innere des Garten-Centers: in der Weite und in der Vielfalt des bunten Angebotes an Blumen löste sich der Stau auf. Bummeln, schauen und auswählen konnten wir  nun halbwegs in Ruhe.

Das Angebot, mit dem das Garten-Center glänzen konnte, war allerdings auch phantastisch. Wahre Blumenteppiche breiteten sich aus. Hyazinthen, Ranunkeln, Kapkörbchen, flammendes Kätchen, Usambaraveilchen, Begonien, Birkenfeigen, Gerbera, Kokardenblumen, Nelkenwurz - eine Farbe war prächtiger wie die andere. In mehreren Ecken protzten Orchideen – noch bunter, gesprenkelter, intensiver in ihren Farben. Kuhschelle, rotes Blaukissen, Fetthenne scharten sich in der Staudenecke zusammen. Kombiniert fanden sich manche dieser Blumen in fertigen Gestecken zueinander. Apfel-/Kirsch-/Pflaumen-/Pfirsichbäume, draußen am Rande vor dem Zaun des Garten-Centers hätte man sich einen regelrechten Obstgarten zusammenstellen können. Das Angebot wuchs und wuchs – und auch die Kakteen zeigten ihre Vielfalt und Widerspenstigkeit mit ihren stacheligen Gebilden. Eine Flut von Ideen überfiel uns – wie wir unseren Garten gestalten konnten.

Der Dreh- und Angelpunkt, an dem sich vieles konzentrierte, war die Caféteria. Dort konnte man sich den ganzen Tag durchschlemmern. Ab 11 Uhr konnte man zwischen Klassik-Frühstück, vitales Frühstück, Käse-Frühstück und Verwöhn-Frühstück auswählen. Mittags konnte man sich an Spaghetti Bolognese, Tomatensuppe oder Apfelpfannkuchen satt essen. Und schon zur Mittagszeit aßen manche warmen Apfelstrudel oder andere Kuchensorten. An der Theke wuchs die Warteschlage ins Uferlose, und freie Sitzplätze waren keine mehr zu bekommen.

Jeden Sonntag sei es hier so voll, berichteten uns andere Kunden.

Wir fanden, dass dies eine tolle Geschäftsidee war. Der Laden brummte, die Kunden überschwemmten das Garten-Center und kauften wie verrückt. Die Beschäftigten hatten alle Hände voll zu tun. Da musste sich doch jemand eine goldene Nase dran verdienen. Schöne heile Einkaufswelt ? Sonntags ? Samstags hatten wir früher in diesem Garten-Center eingekauft, und da war es ungefähr so leer wie in der Fußgängerzone von Buxtehude um 22 Uhr abends. Vielleicht war es tatsächlich diese Nischenexistenz von Blumen und Pflanzen, die sonntags verkaufen durften. Das Ladenschlussgesetz hinderte andere Geschäftstypen mit Einschränkungen daran, sonntags zu verkaufen. Baumärkte oder Möbelhäuser durften zwar sonntags verkaufen, aber nur eine begrenzte Anzahl von Sonntagen im Jahr. Genauso Einzelhändler in den Innenstädten, an einer begrenzten Anzahl von verkaufsoffenen Sonntagen. Hier war nun eine hemmungslose Art von Shopping möglich: man durfte, wie man wollte.

Wie dem auch sei, der Menschenauflauf widerte mich an. Mir kam es so vor, als hätten die Marketing-Experten Recht, dass nämlich der einzige Urtrieb des Menschen der Einkauf ist. Als müsse der Mensch rund um die Uhr von einem Warenangebot berieselt werden. Einschließlich sonntags, wo der Mensch grenzenlos konsumieren konnte: inmitten dieser Warenwelt von Blumen und Pflanzen.

Organisation war alles, das zeigte sich auch an der Kasse. Sämtliche Kassen waren besetzt, und das Garten-Center war denjenigen Warteschlangen, die ich sonst von ALDI oder LIDL kannte, um Lichtjahre voraus. Salatpflanzen, Kohlrabipflanzen, Erdbeerpflanzen, eine Azalee, Glockenblumen, Porreesamen, das hatten wir für unseren Garten gekauft. Im Handumdrehen gelangten wir an die Kasse. Wenn ich an anderer Stelle über die Servicewüste Deutschland schimpfte: das war Service.

Lieber in Ruhe bummeln. Nie mehr sonntags im Garten-Center einkaufen, dass haben wir uns danach vorgenommen.

7 Kommentare:

  1. Mir scheint, viele Gartencenter hüpfen auf diese Event-Schiene auf, das können wir bei uns auch beobachten. Eine tolle Geschäftsidee finde ich, der Umsatz an Pflanzen wird angekurbelt, gerade, weil es oft auch Sonderangebot gibt und was die Gastronomie da auffährt, das ist teilweise vom Allerfeinsten.

    Wir waren kürzlich in einem Garten-Center, der zu einer Sonder-Orchideen-Show einlud.
    Es gab unter anderem einen Cocktail-Stand mit den ausgefallendsten Cocktails, ob mit oder ohne Alkohol und Orchideenblüten wanderten ebenfalls in das Getränk.

    Nachteil solcher Events, wie du auch schon beschrieben hast, die Center sind überbevölkert, die Anreise wird schon beschwerlich und die Parkplatzsuch ein Greuel.

    So wirklich Spaß macht es dann nicht, besonders, wenn Mann/Frau gerne in Ruhe fotografieren möchte, aber ein Erlebnis ist es allemal. :-)

    Danke, Dieter, für diesen mal wieder tollen Bericht und herzliche Grüße
    Christa

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  2. So überfüllte Geschäfte und Einkaufszentren ag ich auch überhaupt nicht; zumal es immer wieder Menschen gibt die ziemlich ungnädig werden, wenn sie nicht sofort dahin kommen wo sie hin wollen...
    Wir hatten im vergangenen Jahr eine Art Ausstellung in einem Gartencenter... das war aber mehr Biergarten etc. die hatten sogar eine Hüpfburg für Kinder; es war große Party und die Leute haben gekauft wie blöd... Es zieht also, aber wir haben uns auch geschworen, dass solche Shopevente demnächst ohne uns stattfinden!

    Ich habe übrigens eine neue URL; musste mit meinem Blog umziehen, weil ich rumgemurkst habe. Würd mich sehr freuen, wenn du mich da auch wieder verfolgst und die URln in deiner Blogroll änderst... danke!

    Liebe Grüße!

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  3. Hier noch der Link: http://kleinekaffeepause.blogspot.de/

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  4. Hej Dieter,

    überfüllte Gartenzentren, oje, nein danke! Da fliegt die Muße auf und davon und mit ihr der Genuß "Stoff gewordenes Licht" zu bestaunen.

    einen sonnig-entspannten Frühlingsbeginn
    wünscht
    Beate

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  5. Klingt nach "Leurs" in Venlo :)

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  6. Da hast du wohl recht, dass eine Lieblingsbeschäftigung der Menschen das Konsumieren ist.
    Ich kann mich inzwischen gut beherrschen und freue mich lieber über selbstgezogene Pflanzen.
    VG
    Elke

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  7. Das kann ich sehr gut nachfühlen. Vor Jahren war ich auf einem deutschen Feiertag in einem großen Garten-Center in Straßburg und habe dort ähnliches erlebt. Seitdem vermeide ich an offenen Sonntagen shoppen zu gehen.

    VG Nachtfalke

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