Mittwoch, 28. März 2012

12% Gefälle und wieder den Berg rauf

Üben wollte ich für das Radrennen „Rund um Köln“ – und dafür hatte ich mir ein schwieriges Gelände ausgesucht. Die Klosterruine Heisterbach, Thomasberg, Oberpleis hatte ich auf der Strecke zurückgelegt, die ich bereits am Rosenmontag geradelt war. Hinter Oberpleis zweigte ich ab, bis Sand folgte ein erster, zäher Anstieg.  

Dann 12% Gefälle. Hinter dem Höhenzug stürzte die Straße jäh ins Tal hinunter. Von der Höhe aus erkannte ich, wie sich der nächste Berg auftürmte, markiert von der Spur einer sich aufwärts ziehenden Straße. Mein Rennrad schoss in den Talkessel hinunter, die Weitläufigkeit der Landschaft schwand, der Blick verengte sich in das Tal hinein, wo sich einzelne Häuser gleichmäßig verteilten.

Der Hanfbach hatte sich tief in das Tal eingegraben. Die Straße überquerte den Bach, versteckt bog eine Nebenstraße hinter einem Eckhaus ab und begleitete den Lauf des Baches. Geradeaus erwartete ich, dass sich der Anstieg, den ich zuvor von der Höhe aus gesehen hatte, wie eine Mauer aufbäumen würde. Doch vorläufig ging es maßvoll und gemächlich den Berg hoch. Nadelwald wucherte bis an die Straße heran, wobei die Baumreihen ein Wohnhaus umklammerten. Der Vorgarten war zu einem schmalen Band zusammengeschrumpft, die Mülltonnen wirkten dicht neben der Straße deplaziert.

Zuerst erhob sich eine kantige Böschung, auf der sich Sträucher hinauf rankten. Seicht drehte sich eine Kurve weg, dann kam die befürchtete Mauer: unerbittlich kletterte der gerade Strich der Straße hinauf, und ohne Verkehrsschild schätzte ich die Steigung so steil ein, wie vorher das Gefälle gewesen war – also etwa 12%.

Ich schaltete in den kleinsten Gang – ich war glücklich, dass die Übersetzung passte, denn mein Rennrad hatte 27 Gänge. Herz, Körper, Muskeln und die Atmung mussten sich dem gewaltigen Kraftaufwand anpassen. Um mich nicht entmutigen zu lassen, starrte ich nur auf die Fahrbahn. Gelegentlich erhaschte mein Blick die nächste weiß-schwarze Straßenmarkierung, die mir vorkam wie Meilensteine, die mich Stück für Stück schafften. Rund 500 Meter Anstieg diese Mauer hinauf, das kam mir vor wie eine gefühlte Ewigkeit. Einem Linienbus ging es nicht besser wie mir: er ächzte und krächzte genauso den Berg hinauf, schwerfällig wie ein Koloß schleppte er sich vorwärts. Es kostete ihn Mühe, mich zu überholen. Das Ortseingangsschild von Uckerath: erbarmungslos setzte sich die Steigung fort, doch ein Ende war in Sicht. Rechterhand spielten Kinder im Außenbereich eines Kindergartens, dahinter die Kirche von Uckerath: auf dem Berg liegend und im neuromanischen Stil ahmte sie große Vorbilder nach – ich dachte an St. Aposteln in Köln oder an St. Peter in Trier. Mit Uckeraths Kirche war die Steigung geschafft, sie flachte ab in ein erträgliches Maß.

Geschafft. An der Verkehrsampel bog ich auf die B8 ab, der Autoverkehr schwoll an, die Bundesstraße war nun flach wie ein Brett. Ausrollen lassen, ich bog nach rechts in eine Landstraße ab. Erneut stieg die Straße an, nicht so mächtig wie vor dem Ortseingang, doch so ausdauernd, dass mir die Puste ausging. Linkerhand bauten sich die Flutlichtmasten eines Sportplatzes auf. In grauem Stein gemeißelt, tauchten auf der linken Fahrbahnseite sporadisch die Stationen eines Kreuzwegs auf.

Endlich ging es bergab, Süchterscheid hieß das nächste Dorf. Eben und geradeaus glitt ich durch die Felder, mein vorläufiges Ziel nahte: Blankenberg. Mit herausgeputzten Fachwerkhäusern, mit den Überresten einer Festung und mit der Stadtmauer war dieser kleine Ort ein Idyll. Ich fuhr durch das Katharinentor, welches in Gerüst und Staubschutzfolie eingehüllt war. Vorsichtig tatstete ich mich über das Kopfsteinpflaster, und so klein wie der Ort war, befand ich mich augenblicklich auf dem Marktplatz. Unter einem Restaurant hockte ich mich auf einer der freien Plätze.

Ich genoß ein Weizenbier. Das hatte ich mir verdient.

9 Kommentare:

  1. Geht mir beim Laufen ähnlich, irgendwie ist immer etwas gegen mich - Wind, Wurzeln, Hunde ... aber nichts ist so schön, wie ein wohlverdientes Getränk danach.

    Grüße! N.

    PS: Finste auch die flachen langen Berge am gemeinsten?

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  2. Grins... toller Bericht deiner Tour! Hier im Norden sind die Berge ja einiges flacher aber dafür weht fast immer ein strammer Wind :-) ...natürlich meist von vorn! Gestern hatte ich gute 14km nur gegen Wind mit Stärke 3-4, schätze das ist nicht ganz so ein Kraftaufwand wie deine Berge aber es zehrt auch ganz gemein ;-) Zur Belohnung ging es dann natürlich mit Rückenwind zurück ;-)
    Viele grüße
    Micha

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  3. Toller Bericht, Hut ab vor Deinem Kampfgeist da wünsche ich Dir für für das Radrennen viel Erfolg,
    ich wünsche Dir für den Rest der Woche schönes Wetter zum Radeln, liebe Grüße Ulrike

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  4. wann findet das Radrennen rund um Köln denn statt? damit wir Daumen drücken können ...

    lieber Gruß von Heidi-Trollspecht

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  5. Prima Tourbericht! Radfahren ist etwas sehr schönes, wenn sich annehmbare Strecken finden und dein Post zeigt auch, was für schöne Fotos sich unterwegs schießen lassen. Auch finde ich es gut, dass du dich noch fit hälst, andere tun ja mit 30 oder 40 schon nix mehr. Mach weiter so und berichte uns. :D
    Noch kurz zu deinem Bruder. Vlt ist er einfach ein ganz anderes Naturell als du, so dass du dich schwer in ihn hineinversetzen kannst. Es soll ja nicht unüblich sein, dass Geschwister wegen des engen Zusammenlebens im Elternhaus gegensätzliche Charektere und Interessen ausbilden, so dass jeder seine Nische finden kann... Dann ist es manchmal am besten, ihn entweder zu beobachten (dicker/dünner, Bart, Haarausfall...), wenn er nicht so viel erzählt, oder indirekt zu fragen und auf die Nebensätze zu achten.
    Mit Gruss
    Wieczorama =^.^= | Mein Fotoblog

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  6. Oh ja, das Weizenbier hattest du dir redlich verdient!
    Aus Zieräpfeln kann man übrigens einen fantastischen Likör machen - mit Vodka, Vanille, Zucker und Nelken. Wenn man Likör mag, ist der sensationell gut!
    VG
    Elke

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  7. das haste wirklich verdient dein Bier nach so einer anstreckende Tour.. ich muss schon sagen toll haste das gemacht. Fahrrad fahren ist auch was feines für Leib und Seele...

    Lieben Gruss Elke

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  8. Wieder eine tolle Beschreibung deiner Radtour. Deine Berichte sind immer sehr spannend zu lesen. Du solltest wirklich mal ein Buch schreiben, du hast viel Talent zum Schreiben, Dieter. :-)

    Nach diesen Strapazen hattest du dir das Weizenbier auch auf dem gemütlichen Marktplatz verdient.

    LG Christa

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