Mittwoch, 15. Februar 2012

von Eiskalt nach Grau in Grau


Der Anschein, dass es trocken bleiben könnte, trieb mich heute Morgen aufs Fahrrad. Die Nacht über hatte es geregnet, Feuchtigkeit hing noch lose in der Luft, und ich vertraute dem Wetterfrosch Karsten Schwanke im ARD-Morgenmagazin, der vorhersagte, dass das Regengebiet abzog.

Die Feuchtigkeit kondensierte zu einem undeutlichen Gebilde, sie war greifbar und nah, doch der Nieselregen weigerte sich los zu plätschern. Karsten Schwanke hatte Recht behalten. Trocken und ohne mein Regenzeug auspacken zu müssen, konnte ich weiter radeln. Ich umkurvte den Friedhof, dessen Stille zu der noch nächtlichen Dunkelheit passte, ich umkurvte diverse Pfützen, indem ich auf der Mitte des geteerten Wirtschaftsweges fuhr. Aus der Fahrbahn spritzte Wasser lebhaft gegen die Schutzbleche meines Fahrrads, in denen sich eine Masse von Dreck und Schmutz sammelte. Der Rückenwind peitschte mich dermaßen voran, dass ich kaum zu treten brauchte. Mit Schrecken dachte ich an meinen Nachhauseweg, wenn ich ständig aufs Neue diese Mauer des Windes durchbrechen musste. Ich dachte an den Mythos von Sisyphus, wobei ich anstelle einen Stein den Berg hoch zu schieben gegen den Wind treten musste.

Über dem Rheindamm die Morgendämmerung. Wie ein Flickenteppich durchsetzten helle Flecken die Wolkendecke. Die hellen Flecken wuchsen zusammen und schoben sich bis zum gegenüberliegenden Horizont herüber. Als ich die Autobahnbrücke mit dem Panoramablick auf das Siebengebirge passierte, war mit der Helligkeit ein neuer Tag geboren worden. Das Siebengebirge buckelte sich mit den Bergen über dem Rhein, ein Schleppkahn bugsierte auf das linke Rheinufer zu, wobei der Schiffsmotor mit einem dumpfen Geräusch stromaufwärts tuckerte.

Grundverschieden, hatte das Wetter in der neuen Woche die Stimmung gewechselt, von eiskalt nach grau in grau. Während es mich in der letzten Woche nur dorthin trieb, wo ich der Kälte entrinnen konnte, musste ich in dieser Woche dieses trübselige Grau in Grau ertragen. Was war angenehmer ? Mir kam das Wetter vor wie eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Ich war wählerisch. Weder das eine noch das andere gab meiner Stimmung einen nennenswerten Schub.

Montag Morgen hatte Schneefall eingesetzt, Himmel bedeckt. Dienstag Morgen Reifglätte auf den Straßen, obschon die Wolken einen Riegel vor die funkelnden Sterne geschoben hatten. Heute erneut dieses Grau in Grau. Die Wolkendecke wollte einfach nicht aufreissen. Zäh und hartnäckig verbarrikadierte diese graue Wolkenmasse das Blau am Himmel, keine Wolkenlücke tat sich auf. Grautöne in unterschiedlichen Varianten dominierten, mal drohend, mal nachdrücklich, mal sich zusammen ballend, mal auseinander fallend. Unaufhörlich, trieben die Wolken von einem Ende der Stadt zum anderen Ende der Stadt.

Ohne jegliche Farbtupfer, fehlte mir die Inspiration. Neue Ideen, was ich bloggen konnte, keimten nicht auf. Sonst hatte ich des öfteren einen riesigen Schwall von Ideen, so umfangreich, dass ich sie gar nicht systematisiert bekam. Ich lief über vor lauter Gedanken, die in meinem Kopf herum kreisten, und beim Bloggen konnte ich mir das beste, was mir daraus gefiel, aussuchen. Mittlerweile war meine Ideensammlung ungefähr leergeräumt. Beim Bloggen musste ich das nehmen, was gerade kam, egal, ob es mir gefiel oder nicht.

Nun hatte leise und stetig tröpfelnder Regen eingesetzt. Karsten Schwanke hat also doch nicht Recht gehabt. Immerhin habe ich es heute Morgen trocken ins Büro geschafft.

Für die nächsten Tage hat Karsten Schwanke Regen und viele Wolken für die Mitte Deutschlands vorhergesagt. Einen Schimmer von Hoffnung habe ich, dass Karsten Schwanke trotzdem unrecht hat. Oder dass wir im Rheinland nicht zur Mitte Deutschlands gehören.

Dienstag, 14. Februar 2012

Kreuzgang


Bonner Münsterkirche


Hinweistafel Kreuzgang



 Kreuzgang

                                                      
Details

 

 Kreuzgang von innen

Die Insel der Ruhe liegt nur einen Steinwurf entfernt vom pulsierenden Geschäftsleben der Fußgängerzone. Wirft man den Stein in die eine Richtung, träfe man die protzige graue Fassade der Commerzbank, in der anderen Richtung könnte man im Maredo nach Herzenslust schlemmern, bevorzugt Steaks aus aller Welt.

Der Kreuzgang ist ein unscheinbares Anhängsel an der Bonner Münsterkirche. In ihrem Schatten, überragt durch die fünf großen Kirchtürme, abgeschirmt durch den Gebäudekomplex des Münster-Karrées, breitet sich der Kreuzgang in aller Geruhsamkeit aus. Der Kreuzgang der Bonner Münsterkirche zählt zu den am besten erhaltenen romanischen Kreuzgängen nördlich der Alpen. Erbaut im 12. Jahrhundert, blieben wesentliche Teile nach einem Umbau im 13. Jahrhundert bis heute erhalten.

Bei Kreuzgängen denke ich unvermittelt an große, bedeutende Klöster. Beispielsweise an Maulbronn oder Cluny in Burgund. Erste Klostergemeinschaften hatten sich gebildet, als sich Eremiten abseits der Zivilisation zusammenscharten und Gemeinschaften bildeten, die sich an Idealen wie Enthaltsamkeit oder Besitzlosigkeit orientierten. Diesen Gemeinschaften wurden in Orden zusammengefaßt, die ersten Klöster entstanden.


Von der Welt abgekehrt, bildeten sich eigene Prinzipien und Regeln heraus. Dabei hat der Benediktinerorden – der erste große bekannte christliche Orden – insgesamt 73 Regeln formuliert: http://www.kloster-ettal.de/BenediktvonNursia/sites/regula/vitabenedicti_rb_kapuebersicht.html .In späteren christlichen Orden wie den Zisterziensern, den Trappisten, den Dominikanern usw. gab es ähnliche Regelwerke. All diesen Regelwerken gemeinsam war die Armut, die Besitzlosigkeit, der Glaube an Gott, das Gebet oder die Kontemplation, die Einbindung in die Klostergemeinschaft, die Führungsrolle des Abtes usw.

Dabei war der Kreuzgang der Mittelpunkt des Klosterlebens. Dort traf sich die Mönchsgemeinschaft, er war der Mittelpunkt zwischen den umfassenden Ländereien und den Wirtschaftsgebäuden. Man widmete sich dem Gebet, die Mönche wurden unterrichtet, man tauschte sich aus. Nicht zu unterschätzen war die Bedeutung der Klöster, indem sie das Wissen aus der Antike erhielten. Nicht zuletzt ihren Abschriften ist es zu verdanken, dass die Werke von Aristoteles oder Platon überliefert wurden.

Der Kreuzgang des Bonner Münsters hatte eher eine repräsentative Funktion. Geistliche trafen sich dort auch und beteten, doch das Stiftsleben im Bonner Münster war letztlich kein Kloster. Die Schönheit des Kreuzgangs kann sich aber im Vergleich zu bedeutenden Klöstern wie Maria Laach oder Reichenau am Bodensee sehen lassen.

Der Kreuzgang ist auch heute noch eine Stätte der Besinnlichkeit. Kontemplation, Ruhe, zu sich selbst finden, das kann man hier. Leider bin ich zeitlich so streng getaktet, dass ich kaum hierhin finde. Wenn ich diese Zeit brauche, suche ich andere, näher gelegene Stellen – um in mich zu kehren.

Montag, 13. Februar 2012

Tanken


Das war ein unspektakulärer Ort am Rande eines Industriegebietes, dessen Nüchternheit wohl niemanden faszinierte. Der Supermarkt uferte aus mit seinen Parkflächen, bis zu seinen Grenzen, wo hinter einer Mauer aus Kalksandsteinen die Gerätschaften einer Baufirma lagerten: demontierte Kräne, Baucontainer, Mini-Bagger, Teile von Gerüsten. An der anderen Kante des Supermarkts ein Autohaus mit einem schwerfälligen Rollgitter davor. Dahinter die Lagerfläche einer Landschaftsbaufirma, diese endete abrupt an der vom Autoverkehr gestressten Ausfallstraße.

Gewiss, es gab hässlichere und abweisendere Orte wie diesen. Jedenfalls kam mir diese Melancholie des Parkplatzes nicht elend vor, denn ich konnte mit den Erledigungen des Alltags einen Nutzen erkennen. In schlappem Tempo rollte unser Auto aus, das an seitwärts geparkten Autoreihen vorbei kroch. Den Eingang des Supermarkts im Rücken, drehten sich die Menschen von mir weg und drängelten zu den Boxen mit den Einkaufswagen.

Unser Wagen stoppte. Das Betanken war eine Tätigkeit, die in eine Gewohnheit übergegangen war. Das waren Situationen, da schlenderte ich glatt hindurch. Tanken, Bezahlen, Wegfahren, mehr war da nicht. Das waren diese Banalitäten des Alltags, die unbemerkt die Zeit verstreichen ließen und wenn man Pech hatte, schmissen einem solche Banalitäten den ganzen Tag zu.

Mechanisch drehte ich den Zündschlüssel um, ließ den Motor verstummen, wie von Geisterhand gelenkt schritt ich zur Zapfsäule. Als wäre es der Ausbruch eines materialistischen Reflexes, griff ich zur Zapfpistole. Geistesabwesend verlor ich mich in meinem Geflecht von Gedanken: Rockmusik von Led Zeppelin oder Deep Purple summte ich vor mich hin, ich stierte in den winterkalten Himmel hinein, ich legte mir parat, ob ich abends ein alkoholfreies Jever oder ein alkoholfreies Weizenbier oder Schweppes trinken wollte.

Schließlich bremste ich meine Gedanken aus, denn im Lichte der Realität ärgerte ich mich nicht. Ohnmächtig musste ich den sowieso viel zu hohen Ölpreis zur Kenntnis nehmen. Ich konnte nichts ändern, wie viel ich für den Sprit bezahlte, ich konnte nichts ändern, wie mal der Dollar- und Eurokurs und mal die politischen Verhältnisse in Arabien den Ölpreis in einem schwabbeligen Bereich hin- und herdümpeln ließen.

Geistesverloren ging ich bezahlen. In dem kleinen Glaskasten plärrte das Radio und es war so geheizt, dass ich mir wie in einem Brutkasten vorkam. Zu dem EC-Karten-Lesegerät hatte ich ein gestörtes Verhältnis, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, meine EC-Karte hinein zu stecken und wieder heraus zu nehmen.

Einmal hatte ich sogar vergessen, meine EC-Karte wieder herauszunehmen. Eine zeitlang später war ich im Möbelhaus unterwegs und meine Frau rief mich an, ob ich etwas vermissen würde. Ich überlegte und überlegte und überlegte, bis mich meine Frau auf meine EC-Karte drückte. Ein Glück, dass wir nicht Müller oder Meier oder Schmitz heißen, denn sonst hätte mich die freundliche Dame von der Tankstelle nicht im Telefonbuch gefunden. Und ein Glück, dass ich nicht irgendwo ganz weit weg - am Niederrhein oder in Freiburg - getankt hatte. Das waren Momente, da war ich Gedanken verloren und durch mechanische Bewegungen angetrieben – eine gefährliche Mischung.

PIN eingeben, Kassenbon entgegennehmen, EC-Karte wieder rausnehmen. Getankt. Mit unserem Auto konnte ich nun durch die Gegend brettern, was das Zeug hält.

Sonntag, 12. Februar 2012

Wochenrückblick #6

Kältewelle
Inmitten der Blogger-Landschaft – auf Fotos und in den Texten – ist die Kältewelle das Top-Thema in dieser Woche. In manchen Blogs kann man sich regelmäßig über die aktuellen Temperaturen schlau machen. Minustemperaturen unter minus 10 Grad sind da keine Seltenheit, bei uns im Köln-Bonner Raum lag der Rekord mittwochs morgens bei -14 Grad. Den Rekord habe ich mit -21 Grad gefunden bei: http://blackduffy.blogspot.com/. Bei uns im Rheinland bin ich ohnehin keine solchen extremen Minustemperaturen gewöhnt. Wie in den vergangenen Wintern, stellt sich bei mir langsam der Effekt ein, dass ich Fluchterscheinungen vor der Kälte entwickelt habe und mich lieber dort aufhalte, wo es angenehm warm ist. Mittlerweile fühle ich mich ideenlos, weil die Wege, die ich zurücklege, immer dieselben sind. Neues, was mich anregt und wo ich Ideen sammeln kann, finde ich kaum noch. Ich hoffe, dass der Wetterbericht Recht hat, dass es nächste Woche wieder milder werden wird. Dann hoffe ich, dass ich aus diesem Loch herauskomme, dass mir die Ideen zum Bloggen ausgegangen sind.

Schnee
Immerhin sind letzten Donnerstag einige sanfte, weiche Flöckchen vom Himmel gerieselt. Viel war es nicht, so dass Straßen und Bürgersteige gerade ein bisschen weiß angetupft waren. Der Blick aus unserem Bürogebäude hat sich dadurch deutlich verändert.



Im Fernsehen (1)
Letzten Donnerstag kam im WDR – hautnah – eine Reportage über drei Frauen, die im Winter in ihrer Wohnung ohne Heizung auskamen. Ein Fall war dabei, der drei Jahre lang auch auf mich zugetroffen hatte. Es ging um eine Altenpflegerin, die Mitte 20 war, und in einer Mietwohnung ohne Heizung wohnte. Es konnte nur mit einem Elektro-Heizofen geheizt werden, der die Stromrechnung explodieren ließ. In den letzten Wintern war die Altenpflegerin fast immer bei ihrem Freund gewesen, mit ihm hatte sie aber Schluß gemacht. 3 Jahre lang hatte ich übrigens selbst auch in Köln in einer Mietwohnung ohne Heizung gewohnt. Das war Mitte der 80er Jahre, da waren auch knackige Winter dabei. Damals war ich ständig in Cafés und zu Freunden unterwegs, um mich nicht in der eiskalten Wohnung aufhalten zu müssen, denn mit Strom hatte ich nur auf Sparflamme geheizt. Die beiden anderen Frauen waren Rentnerinnen, bei denen die Rente ungefähr auf Hartz IV-Niveau lag. Die Ursache allen Übels war bei ihnen eine Nachtstromspeicherheizung. Wegen der sehr hohen Stromkosten zahlte das Sozialamt nur einen Pauschalbetrag. Eine Renterin wurde mit all ihren Decken gezeigt, wie sie mit einer Decke das Fenster zuhängte, weil dieses nicht dicht war, und wie sie sich mit den übrigen Decken auf ihrer Couch zudeckte. Eine Lichterreihe von roten Kerzen brannte vor ihr, die Wärme, die sie spendeten, ging aber gegen Null.

Im Fernsehen (2)
Letzten Montag ging es in der Sendung „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg um Gebrauchsgegenstände des Alltags, die ständig neu produziert und neu gekauft werden anstelle dass diese über einen langfristigen Zeitraum benutzt werden können. Ganz hellhörig wurde ich, als der Begriff der „Obsoleszenz“ erwähnt wurde. Innerhalb meines BWL-Studiums hatte ich beim Marketing damit zu tun gehabt (=Strategie zur bewussten Reduktion der Nutzungsdauer). In der Folge wurden jede Menge Gegenstände gezeigt – vor allem aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik – die schnell veralteten, die durch technische Entwicklungen überholt wurden und bei denen sich keine Reparatur lohnte, wenn diese verschlissen. Fernseher, Flachbildschirme, Handys, Smartphones, CD-Player, DVD-Player, Rechner, PC, Drucker … letztlich wanderte ein großer Teil davon in den Müll, weil diese irreparabel waren. Oder sie häuften sich zu Hause an, dann standen zwei, dre oder vier PC’s herum. Diesen wenig ressourcenschonenden Umgang kann ich leider des öfteren in unserem Haushalt beobachten ....

Lesen lernen
Im Jahresrückblick hatte ich darüber berichtet, dass sich die Lesefähigkeiten unseres kleinen Mädchens (1. Schuljahr) zwar ständig verbessern, dass dies aber mehr auf den Einsatz meiner Frau beruht und weniger darauf, wie das Lesen lernen in der Schule vermittelt wird. Da werden die Wörter nicht systematisch aus bekannten Buchstaben und neu dazu gelernten Buchstaben entwickelt, sondern es müssen Wörter mit jede Menge unbekannten Buchstaben gelesen werden – und auch geschrieben werden. Reichlich chaotisch kommt uns dies vor. Dazu kommt, dass unser kleines Mädchen nicht regelmäßig sämtliche Arbeitsblätter mit nach Hause bringt. Dass unser kleines Mädchen gut lesen kann, hat sie gestern definitiv bewiesen. Während des Tanzunterrichtes musste sie mit meiner Frau auf Toilette. „DAMEN“ hatte sie zunächst richtig gelesen. Und dann im Toilettenraum die Aufschriften neben dem Waschbecken: „TAMPONS“, „BINDEN“, „SLIPEINLAGEN“, dass man diese nicht in der Toilette entsorgen sollte. Unser kleines Mädchen hat sogar ihr eigenes Bilderbuch geschrieben und bemalt. Vor dem Einschlafen hat sie mir stolz daraus vorgelesen. So sieht es aus: 



Aktivitäten von Kindern
Ich frage mich, wie manche Eltern es schaffen, sämtliche Aktivitäten ihrer Kinder zu managen und zu organisieren. Eine Mama aus unserem Bekanntenkreis hat zwei Mädchen. Die ältere, die in der 5. Klasse im Gymnasium ist, spielt Tennis, lernt Blockflöte und lernt Klavier. Die jüngere ist in derselben Klasse wie unser kleines Mädchen. Einmal wöchentlich tanzen die beiden zusammen, dann nimmt sie Reitunterricht. In dieser Woche ist sie noch zu einem Schwimmkurs angemeldet worden. Jede einzelne Aktivität für sich ist ja in Ordnung. Aber so eine Anhäufung ? Bei zwei Kindern ? Die Mama braucht ja eine Terminorganisation, so wie ich sie bei meiner Arbeit über Outlook mit dienstlichen Besprechungen usw. habe. Und das tollste ist: sie arbeitet noch halbtags (tageweise auch nachmittags). Eltern oder Schwiegereltern wohnen ganz weit weg. Wir haben einmal in der Woche Klavierspielen und einmal in der Woche Tanzen, das ist organisierbar. Hausaufgaben müssen ja schließlich auch noch gemacht werden. Wie kriegt sie die ganzen Termine der Kinder auf die Reihe und behält den Überblick ?

Pink Floyd und Gernot Böhme
Beide haben überhaupt nichts miteinander zu tun, außer dass dies meine am wenigsten gelesenen Blogs sind. Klar, sehe ich dies gelassen, weil ich ja selbst diese Themen ausgesucht habe und für wichtig gehalten habe. Als eigenen Anspruch hatte ich einmal formuliert, ein gewisses Grundgerüst von Wertvorstellungen, Idealen oder Lebenseinstellungen abbilden zu wollen. Pink Floyd oder Gernot Böhme gehören dazu, weil sich dort deren oder meine eigenen Vorstellungen wiederfinden. Für den Leser ist dies sicherlich abstrakt, er muss sich inhaltlich damit auseinandersetzen; ich erwarte nicht, dass solche Texte ein Renner sind. Wie bereits an anderer Stelle formuliert, wird Schreiben weiterhin eine Gratwanderung sein, was in meinem tiefsten Inneren steckt und wie es beim Leser ankommt. Genau dies ist der Reiz und die Herausforderung beim Bloggen. Ich werde mich sicherlich nicht dahin verbiegen, die Anzahl meiner Leser maximieren zu wollen. Dann müsste ich über Heidi Klum und Seal und Boris Becker und Lilli und wie sie alle heißen schreiben. Das will ich auf jeden Fall nicht. Wolfgang Niedecken von BAP hatte in dem Stück "Kott für aach" einmal gesungen, dass er seine Zuhörer nicht abspeisen will mit seinen Liedern. Seine Stücke sollen nicht wie eine Ware konsumiert werden, sondern der Zuhörer soll sich damit auseinandersetzen und sein eigenes Verhalten dort ändern, wo es notwendig ist.

Freitag, 10. Februar 2012

zu kalt

In dieser Woche war es für meinen Foto-Blog zu kalt, so dass ich mich beeilt habe mit meinen Schnappschüssen, um danach in mein gut geheiztes Büro zurück zu kehren. Alles, was mit Kälte und Frieren und Aufwärmen zu tun hat, habe ich in der Fußgängerzone fotografiert.


 Letzten Dienstag war in Nettersheim in der Eifel mit -22,3 Grad die kälteste Nacht in NRW … 


 Warme Anziehsachen im Winterschlußverkauf: da sollte man schnell zugreifen !


 Ich staune über meine abgehärteten und kälteunempfindlichen Mitmenschen …



Kaffee und Glühwein laden zum Aufwärmen ein ….


 Sogar das Theater hat sich auf die kalte Jahreszeit eingestellt …

 
Ihn kann ich nur bedauern …
… glücklicherweise habe ich heute keine bettelnden Frauen mit kleinen Kindern gesehen ...

Donnerstag, 9. Februar 2012

Anlasser kaputt

Unsere Diagnose war eindeutig.

Erstmalig hatte die Autobatterie ihre Macken gezeigt, als ich letzten Samstag auf der Post war und die Zündung das erste Mal ins Leere lief. Danach startete unser Auto normal. Nachmittags häuften sich die Aussetzer. Getränke einkaufen, Tanken, Gemüse einkaufen. Ein, zwei, dreimal griff der Startvorgang ins Leere. Ein säuselndes, absterbendes Geräusch, danach sprang der Motor an, als wäre nichts gewesen.

Wir waren ja nicht die einzigen. Kein Wunder bei unter minus 10 Grad morgens. Im Fernsehen wurde berichtet, dass der ADAC wegen altersschwacher Autobatterien Sonderschichten fahren musste und dass KFZ-Werkstätten die Aufträge nur mit Mühe abarbeiten konnten. Unsere Tageszeitung hatte eine Erklärung dafür parat: das Leistungsvermögen von Autobatterien sackt bei diesen schockgefrorenen Minustemperaturen schlagartig ab, dadurch braucht die Lichtmaschine mit Heizung, Gebläse, Scheinwerferlicht länger, bis sie auf Touren kommt und die Auto-Elektrik mit Strom versorgt.

Also drehte ich eine extra-lange Extra-Runde mit unserem Auto. Zuvor hatte ich es in einer Herkules-Aktion geschafft, das Chaos in unserer Garage so zusammen zu räumen, dass ich während der Nacht unser Auto in die Garage stellen konnte. Das Ergebnis konnte sich am nächsten Morgen sehen lassen. Minus 12 Grad waren es, und in der Garage sprang unser Auto sofort an.

Bereits am Nachmittag kehrten die bereits als verschwunden geglaubten Macken wieder. Dieses surrende Geräusch beim Startversuch, als ob man einen Handmixer oder einen Pürierstab einschaltet und ihn laufen lässt. Der zweite Startvorgang saß und wir konnten losfahren.

In der Woche setzte sich dieses Wechselspielchen fort, wobei sich die Häufigkeit der Aussetzer nach oben einpendelte. Morgens, wenn ich unser Auto aus der Garage herausfuhr und unseren Sohn zur S-Bahn fuhr, war alles im grünen Bereich. Bei den Kurzfahrten in unserem Ort begann die Autobatterie herum zu zicken. Die Kurzfahrten ließen sich nicht vermeiden: unser Mädchen zur Schule bringen und wieder abholen (wir wohnen genau am anderen Ende unseres Ortes mit einer gefährlichen Straßenkreuzung auf dem Schulweg !!), ein bisschen einkaufen war auch dabei. Über Nacht, wenn unser Auto in der Garage stand, war alles wieder gut.

Gestern Morgen dann der Black-Out: gegen 6 Uhr hatte ich unseren Sohn zur S-Bahn gefahren, unser Auto parkte ich danach draußen in der Kälte. Gegen 8 Uhr, als unser Mädchen zur Schule gefahren werden sollte, kannte die Autobatterie bei minus 8 Grad keine Gnade mehr. Unser Auto weigerte sich störrisch, gestartet zu werden. In der eisigen Kälte gingen die beiden Frauen zu Fuß zur Schule.

Nachdem sich unser Auto nach weiteren mindestens zehn verzweifelten Startversuchen bequemte, entgegen unserer Prognosen anzuspringen, gab es für meine Frau nur ein Ziel: die nächste Autowerkstatt.

Unsere Diagnose war eindeutig. Dass unsere Autobatterie ihren Geist aufgegeben hätte, teilte meine Frau der Autowerkstatt mit, bei der wir mittlerweile seit mehr als 20 Jahren Kunde sind. Wie alt denn die Autobatterie sei. Kaum ein Jahr, entgegnete meine Frau und dachte sich nichts besonderes dabei. Wäschetrockner, Digitalkamera, Handy, meiner Frau fielen jede Menge Gebrauchsgegenstände des Alltags ein, bei denen sich die Lebensdauern drastisch verkürzt hatten, die sozusagen nur noch mit eingebautem Verschleiß produziert wurden.

Das wollte sich der Werkstattleiter genauer ansehen. All das, was sich unter der Motorhaube verbirgt und wovon wir so wenig verstehen, nahm er unter die Lupe und stellte fest: der Anlasser ist kaputt.

Unsere Diagnose war also falsch.

Fast war uns dies gleichgültig. Hauptsache, er schaffte es, dass unser Auto wieder zuverlässig ansprang. Was die Reparaturen und die Fahrleistung unseres Autos betrifft, können wir ohnehin nicht meckern. Solange ich meine Frau kenne fahren wir nur eine Marke: VOLKSWAGEN. Einen Typ VW Vento fahren wir seit 2004. Gebraucht gekauft haben wir ihn mit 92.000 km. Inzwischen hat er 184.000 km auf dem Buckel (also genau das doppelte) und ist 14 Jahre alt. Einmal war die Kupplung kaputt, einmal musste er bei einer Inspektion einen neuen Auspuff verpasst bekommen. Sonst Bremsen, Bremsscheiben bei der Jahresinspektion, das waren ungefähr unsere Reparaturen. Er ist stets einwandfrei gelaufen, er hat uns nie im Stich gelassen. Genial ist sein Riesen-Kofferraum. Rundum zufrieden sind wir mit diesem Auto.

Heute Morgen hat uns die Werkstatt angerufen. Außer dem Anlasser leckt das Kühlwasser an einer Stelle. Etwa 530 € wird uns dieser Spaß kosten. Woher wir dieses Geld nehmen sollen, wissen wir nicht so richtig.

Ich denke eher kurzfristig. Dass unser Sohn morgen früh in unserem Auto 15 Minuten zum Arbeitsplatz unterwegs sein wird. Heute Morgen war er mit öffentlichen Verkehrsmitteln 45 Minuten unterwegs.

Mittwoch, 8. Februar 2012

Kaffeebud


Ich eilte über den Platz, um der Kälte zu entfliehen. Ich starrte auf einheitliche Häuserfronten, die zu einer Bank, einem chinesischen Imbiss, einem Computerladen und einem Kino gehörten. Die Umrisse waren blank, vereinzelt lockerten Vierecke von beleuchteten Fenstern die Eintönigkeit auf. Die Leuchtreklame schrie mit ihren Farben, so dass ich die Bank und das Kino nicht übersehen konnte.

„Vorsicht Straßenbahn“, bremste mich die weiße Aufschrift auf dem Gehsteig aus. Die Haltestelle der Straßenbahn zeigte dieselbe Anonymität und Geschäftigkeit des Platzes. Die Überdachung, die mathematisch exakt ausgerichtete Laternenreihe, die Positionierung der Werbeflächen, das kam mir schnörkellos und viel zu platt vor. Zu platt, denn dieser Platz hatte überhaupt keine Akzente, wenn man vielleicht von seiner Bedeutung als Verkehrsknotenpunkt absieht.

Die Ampel war rot. Ich fror und steckte meine behandschuhten Hände in die Jackentaschen. Es war merkwürdig, denn tatsächlich war keine Menschenseele um mich herum. Und ich wartete, dass die Ampel umsprang. Die übrigen Menschenströme hatten sich zur Straßenbahnhaltestelle verflüchtigt oder sie hatten noch die Grünphase der Ampel erwischt. Ein fernes Bimmeln kündigte die nächste Straßenbahn an.

Mittlerweile ist es meine morgendliche Routine-Übung, die Kaffeebud auf der anderen Straßenseite anzusteuern. Mir einen Kaffee genehmigen, bevor es ins Büro geht.

„Guten Morgen“,
begrüßt mich die Verkäuferin mit der weißen Schürze.

„Kleinen Kaffee zum Hiertrinken“,
man kennt mich mittlerweile und die Verkäuferinnen wissen genau, was ich haben will.

Jedesmal, wenn ich die Kaffeebud betrete, erinnere ich mich an das gleichnamige Lied der Bläck Fööss. Hier herrscht zu jeder Tageszeit viel Betrieb, Menschen aus allen Berufsgruppen und Nationalitäten treffen sich hier, bunt und lebhaft geht es zu, und das wichtigste ist: der Kaffee weckt meine Lebensgeister. „Jeder deut sich noch e brödche rin“ heißt es in dem Lied von den Bläck Fööss. Die Brötchen sind der Renner, mit Käse, Leberwurst, Salami, Fleischwurst, Blutwurst, alles, was das Herz begehrt. „Schreiner, puzzer, müürer un de büggel vun d’r poss“, singen die Bläck Fööss, kurzum, alle Berufsgruppen sind hier vertreten. Regelmäßig machen hier die Arbeiter von der Müllabfuhr Pause. Dabei setzen ihre orangefarbenen Overalls knallige Farbakzente, die durch den floureszierenden weißen Streifen noch verstärkt werden. „Jo su stonn se en d’r kaffebud un kloppen sich de kaffee in d’r kop“ wiederholt sich der Refrain. Aus hohen, randvoll gefüllten Tassen schütten die meisten den Kaffee in sich hinein. Ich bevorzuge die kleinen Tassen: die Menge passt genau, ich brauche diesen Moment des Aufwachens am frühen Morgen. Meinungsverschiedenheiten, Besserwisserei, Streit, dass Kaffee unter die Mütze geschüttet wird, so kontrovers wie bei den Bläck Fööss geht es hier nicht zu.

Heute fehlen die Müllmänner, anstatt dessen treiben spanische Wortungetüme die Diskussion vorwärts. Zwei ältere Damen, dessen Dunkelhäutigkeit und dessen zurückliegende Augen eine Herkunft aus Lateinamerika vermuten lassen, machen es sich am Ecktisch gemütlich. Den Ellbogen auf die Tischplatte gestützt, den Kopf zwischen die Schultern gezogen, fällt die eine Frau unter ihrer kleinen Gestalt zusammen. In ihren Handballen hinein gepresst, kaut die andere Frau an ihrem Käsebrötchen herum. Ihre Diskussion reißt nicht ab und pustet sich zu einem lebhaften Sturm auf. Mit meinen rudimentären Spanisch-Kenntnissen kann ich wenige Wortfetzen heraushören: „loco … del dinero … la pena …“, irgendwo muss wohl jemand verrückt gewesen sein, dass er Geld verlangt hat und dafür hat er wohl eine Strafe erhalten. Oder so ähnlich.

Mit meinem Kaffee platziere ich mich auf dem Hocker vor den Stehtisch. Das ist eine Atmosphäre, in der ich überfliege, wie der Tag aussehen könnte. Was alles zu erledigen ist, was besonders wichtig ist, was in welcher Reihenfolge zu erledigen ist. An welchen Terminen, Besprechungen und Meetings ich teilnehmen muss. Was so am Rande – wie Bloggen – stattfinden kann. Meist schaffe ich es auch, die Klarheit meiner Gedanken und was ich wie abarbeiten will, ins Büro zu transportieren.

Durch die Glaswand, die sämtlichen Lärm schluckt, schaue ich auf den verkehrsumrauschten Platz. Alles, was motorisiert ist, brettert über diesen Platz. Still stehen nicht einmal die Fußgänger, die in Gruppen daher trotten und an einer roten Ampel einen ausdauernden Zug an ihren Zigarette nehmen. An der Haltestelle vor mir geht es wie in einem Taubenschlag zu, das ist ein ständiges Kommen und Gehen der Buslinien. Die Werbefläche auf der Haltestelle meint, dass Zero Zucker von Coca Cola einen solchen genialen Geschmack hat, dass man selbst für die Fussball-Bundesliga eine Zero-Winterpause einführen sollte.

Als ich die Kaffebud verlasse, hat sich eine zögernde Helligkeit in den Platz hinein gezaubert. In die Fußgängerzone gleitet ein erster Schwall von Menschen, dem ich mich anschließe. Hinter dem Marktplatz schlüpfe ich in die U-Bahn hinein. Bald werde ich im Büro sein.

Für die hoffentlich zahlreichen Leser zum Hineinhören:
„Kaffeebud“ von den Bläck Fööss (ich habe leider keine hochdeutsche Übersetzung parat)