Als Karnevalsmuffel stelle ich erneut fest, dass der
Karneval eine Fundgrube für geschichtliche Ereignisse ist. Historische Personen
werden wiederbelebt, Geschichten erzählt und alljährlich finden sie Eingang in
den karnevalistischen Trubel.
Jan von Werth zum Beispiel.
Bei meinem letzten Post über Breisach und den Dreißigjährigen Krieg war ich auf Jan von Werth gestoßen. Jan von Werth und Bernhard
von Weimar, der Breisach belagert hatte, beide Feldherren hatten bei der
Schlacht von Nördlingen gekämpft. Dabei zählte Jan von Werth zu den Siegern und
Bernhard von Weimar zu den Verlierern dieser Schlacht.
Die Liebesgeschichte von Jan (von Werth) und Griet lebt
alljährlich zum Kölner Karneval wieder auf. Jan von Werth, 1591 geboren, verließ
den elterlichen Hof der Kappesbauern am Niederrhein, als sein Vater starb
und seine Mutter mit acht Geschwistern hinterließ. Dem Elend wollte er
entkommen, indem er sich als Knecht auf einem Hof in Köln durchschlug. Dort begegnete
er einer bildschönen Stallmagd namens Griet, in die er sich unsterblich
verliebte. Sie ignorierte ihn aber. Dennoch fasste er all seinen Mut zusammen
und machte ihr einen Heiratsantrag. Barsch lehnte sie ab. Er sei nur ein
Knecht. Er könne ihr nichts bieten. Sie suche sich den Richtigen aus, und das
sei ein Mann mit Vermögen. Jan von Werth war am Boden zerstört und reagierte
trotzig. Fremde Länder hoch zu Ross zu erkunden, reizte ihn. So trat er 1610 als
Söldner in das Heer des spanischen Generals Spinola ein.
Es folgte eine militärische Karriere sondergleichen. Unter Spinola
arbeitete er sich bis zum Offizier hoch. Einen wahren Karriereschub verlieh der
Dreißigjährige Krieg (1618-1648). Er stieg auf zum Rittmeister,
Oberwachtmeister, Obrist, Generalwachtmeister und Feldmarschallleutnant. In der
Kriegs-entscheidenden Schlacht bei Nördlingen (1634) gelang es ihm als
Befehlshaber der Kavallerie, eine entscheidende Wendung der Schlacht herbei zu
führen. Dadurch konnten die katholischen Staaten, bestehend aus Bayern,
Habsburg, Ungarn und Spanien diese Schlacht gewinnen. Daraufhin bedankte sich
Kaiser Ferdinand II höchst persönlich bei Jan von Werth und ernannte ihn zum
Freiherrn. Des weiteren wurden ihm als Dank umfangreiche Güter in Bayern, der
Oberpfalz, in Böhmen und im Kraichgau geschenkt.
Nachdem Frankreich 1635 in den Krieg eingetreten war, eroberte
Frankreich die Festung Ehrenbreitstein in Koblenz. Von der Festung aus konnten
die Franzosen den Schiffsverkehr auf dem Rhein kontrollieren, ja, sogar
blockieren. Köln war also in höchster Gefahr. Köln und Jan von Werth – in diesem
Moment entstand die geschichtliche Vision, dass Jan von Werth Köln von dieser
Gefahr befreien wollte. In all seinen Schlachten war Frankreich Jan von Werth’s
Lieblingsgegner, denn er hatte insgesamt dreißig Schlachten gegen Frankreich
gewonnen. Er fühlte sich somit berufen, diese Schlacht gegen Frankreich zu
schlagen. Er belagerte die Festung Ehrenbreitstein. Als die Franzosen drohten
ausgehungert zu werden, kapitulierten sie und übergaben die Festung am 28. Juni
1637.
1637, siebenundzwanzig Jahre nachdem er die Stadt verlassen
hatte, kehrte Jan von Werth nach Köln zurück. Die Nachricht, dass er sich Köln
näherte, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die ganze Stadt war auf den
Beinen, die Menschen strömten auf die Straßen. Die Ankunft ihres Befreiers
konnten sie kaum erwarten. Am Chlodwigplatz war es schließlich so weit: höchst
persönlich marschierte er mit Heer und Kavallerie und jede Menge Reitergefolge
in die Stadt ein. Jubel und Freude waren grenzenlos, Jan von Werth wurde
frenetisch von den Kölnern gefeiert.
Alles war auf den Beinen, auch die Marktfrauen am
Chlodwigplatz. Eine von ihnen war Griet. Siebenundzwanzig Jahre später war ihr
Haar ergraut, die Augen blickten wehmütig, überdrüssig war sie in einer
unglücklichen Ehe. Sie schaute hinauf zu dem Freiherrn, den die Massen feierten
und den sie vor langer Zeit barsch abgewiesen hatte. In ihrem eigenen Leben war
manches schief gelaufen, Illusionen waren zerstört worden, sie fristete ihr
Dasein als einfache Marktfrau.
Jan von Werth erkannte sie wieder und lenkte sein Pferd auf
ihren Stand zu. Er zog seinen Hut, stieg vom Pferd ab und sagte zu ihr:
„Griet, wer et hätt gedonn !“ (Griet, hättest Du es doch
getan !)
Sie antwortete ihm:
„Jan, wer et hätt gewoss !“ (Jan, wer konnte das wissen !)
Dann stieg Jan von Werth wieder auf sein Pferd, er ritt weiter durch
das Severinstor, auf seinem Triumphzug quer durch Köln genoß er den Jubel der
Menschenmassen. Kurz darauf verließ er Köln wieder, so dass sich Jan und Griet
nie mehr begegnet waren.
Diese Begegnung zwischen Jan und Griet wird alljährlich an Weiberfastnacht
wieder belebt, indem die Karnevalsgesellschaft „Reiterkorps Jan von Werth 1925
e.V.“ diese Geschichte am Chlodwigplatz nachspielt. Wie der Knecht Jan vom Kümpchenshof
um die Griets Liebe wirbt. Wie sie ihn verschmäht. Wie Jan in den Dreißigjährigen
Krieg einzieht und als berühmter Feldherr und Freiherr wiederkehrt. Wie Griet
es bedauert, ihn damals abgewiesen zu haben.
Dabei fallen die historischen Worte:
„Griet, wer et hätt gedonn !“ und
„Jan, wer et hätt gewoss !“
Ik heb je een award gegeven. ( zie mijn blog)
AntwortenLöschenSchön erzählt. Als Nicht Rheinländerin und damit fern jeden jecken Humors habe ich mich doch über diesen historischen Einblick gefreut. Hab Dank dafür.
AntwortenLöschenHerzlichen Gruß aus dem Nebel
Jo
Ja, das wird jedes Jahr aufgeführt, aber ich war noch nie dabei. So viele Leute auf einen Knubbel, ist nicht so mein Ding, obwohl Karnevalslieder und gute Büttenreden ein absolutes karnevalistisches "MUSS" sind.
AntwortenLöschenSchön dass du die Geschichte mir in Erinnerung gerufen hast ;-)
AntwortenLöschenDurch den Umzug von Köln nach Norddeutschland den Bezug zum Karneval verloren, habe ich ihn hier wiedergefunden. So bin ich dann auch immer verkleidet und erfreue mich am Umzug und den hiesigen Rhythmen :-)))
Liebe Abendgrüssle
Wat een prachtig verhaal Dieter! En met een cameo-rol voor mijn favoriete generaal, Spinola.
AntwortenLöschenHallo Dieter
AntwortenLöschenJa das ist Pflicht im Karneval, Mir war die Geschichte bekannt.
Du hast schön den historischen Hintergrund erzählt.
Liebe Grüße
Angelika
Tja, wer haette das geahnt. ich schaue mal eben bei einem Niederlaender vorbei und finde dort einen Mann vom Niederrhein, der ausserdem auch noch niederrheinische Geschichten erzaehlt. Geschichten aus meiner Heimat, meinem stillen, sanften und nebligen niederrhein, den ich von herzen vermiss, auch nach ueber 30 Jahren noch.
AntwortenLöschenHier komme ich noch oefters vorbei.
Gruss von einem ehemals Krefelder Maedchen (das uebrigens auch nicht viel vom Karnevalstrubel haelt)
Hallo Dieter,
AntwortenLöschenendlich habe ich mich nun auch als Leser hier eingetragen. Dachte, das ginge ganz automatisch, hatte mich schon gewundert, dass ich keine Posts mehr bekam...
Nun habe ich bis Wesseling "zurückgelesen". Die Geschichte von Jan und Griet war mir bekannt, aber es ist schön, normal so detailiertes bei Dir nachzulesen. "Arsch huh- Zäng usseinander" wurde von mir mit Begeisterung im TV verfolgt.
Liebe Grüße
Marita