Römerkanal |
Neubaugebiet „Römerkanal“, Haltepunkt der
Voreifelbahn „Römerkanal“, Altenzentrum „Römerkanal“, „Römerkanal“-Wanderweg: unterhalb
einer Frostgrenze von 90 Zentimetern eingegraben, scheint sich die Stadt
Rheinbach zentral auf dieses eine Relikt aus der Römerzeit zu besinnen. Gleich
viermal kann man diese aus Ziegeln gemauerten Röhren in Rheinbach bestaunen,
nachdem sie bei Ausschachtungsarbeiten aus der Erde gebuddelt worden waren.
Umrauscht vom Autoverkehr, steht eines dieser
Exponate an der Martinstraße. Auf hohem Sockel erhebt sich das Erbe der Römerzeit.
Massives Gemäuer hat die Jahrtausende überdauert. Ziegelplatten schichten sich
aufeinander. Die U-Form des Kanals krümmt sich über die Wasserrinne, die erst
hinter Rheinbach die Vollendung der technischen Meisterleistung erfuhr: zuerst
über das Tal des Swistbachs hinweg, dann in den ansteigende Höhenzug des
Kottenforstes hinein. Erst bauten die Römer ein 1,4 Kilometer langes Äquadukt,
dann gruben sie sich in den Kottenforst hinein, und das beim einem konstanten
Gefälle von 0,5%.
Beim Streifzug durch Rheinbach glaube ich erkennen
zu können, wo die Bomben des 2. Weltkriegs eingeschlagen sind und welche
Gebäude sie verschont haben. Die Stadt ist eine sorgfältige Mischung aus
Wiederaufbau in der Nachkriegszeit und liebenswürdig erhaltenen Fachwerkbauten.
Stilbrüche sind selten, schockierende Fassaden aus Glas und Beton halten sich
zurück.
Glasmuseum und Fachwerkhäuser in der Polligsstraße |
Besonders prächtig ist der Fachwerkbau des
Himmeroder Hofes, der 1686 nach einem Brand originalgetreu wieder aufgebaut wurde. Er
beherbergt das Glasmuseum, das Exponate von Aussiedlern aus dem Sudetenland ausstellt,
die 1948 eine böhmische Glasfachschule nach Rheinbach geholt hatten.
In der Polligsstraße hat ein entkerntes Fachwerkhaus
noch jede Masse Arbeit vor sich. Das Gebälk steht fest auf der Bodenplatte,
dazwischen herrscht gähnende Leere. Das Fachwerkhaus denkt nicht nur an
packende und helfende Hände von Freunden, Verwandten und Vereinen: „Wir bitten
alle um Verständnis, die durch die schwierigen Arbeiten gestört werden“
entschuldigt sich der Besitzer und zeigt stolz ein Modell, welches
Fachwerkidyll aus der Baustelle nach der Renovierung werden soll.
Trotz des Römerkanals ist Rheinbach keine Römerstadt. Eine
Urkunde des Klosters Prüm belegt, dass 762 König Pippin und seine Gemahlin
Bertrada dem Kloster eine „villa reginbach“ geschenkt hatten. Das war eine Ansammlung von Gutshöfen, ein sogenannter Fronhofsverband, wo die
Knechte genau definierte Pflichten an die Grundherren des Klosters auszuüben
hatten. „Regin“ könnte Althochdeutsch „Regen“ bedeuten, denn aus den Bergen der
Eifel vereinigten sich sechs Bäche in Rheinbach, so dass Wasser reichlich floß.
Das Kloster Prüm kümmerte sich intensiver um seinen
Fronhofsverband, denn 1178 beauftragte es einen “Emelricus de Reynbag“ als
Kastellan. Daraus ging das Rittergeschlecht „de Reinbach“ hervor, die ein
eigenes Siegel führten. Als „dominus de Reinbach“ stiegen die Ritter sogar zu einem
Adelsgeschlecht auf. Im Schutz der Nordosthänge der Eifel, auf den fruchtbaren
Lößböden der Zülpicher Börde, erkannten die Ritter die strategische Bedeutung.
Wichtige Handelsstraßen kreuzten sich, so dass sie 1189 mit dem Bau einer
Stadtmauer und einer Burg begannen. 1289 wurde Rheinbach „oppidum“ genannt, das
war eine befestigte Stadt mit Burg.
Wasemer Turm mit Überresten der Stadtmauer |
Zwei Stadttore und sieben Türme hatte Rheinbach
einst, dies zeigen alte Stadtansichten aus den Jahren 1659 und 1673. Somit
hatten die Ritter von Rheinbach ein mächtiges Bollwerk in die flache Ebene
gepflanzt. Der Wasemer Turm, Reste der Südmauer, das Neutor, der Hexenturm und der
Kallenturm können noch heute bestaunt werden. Die Überreste des Mittelalters
sind fulminant, sieben Meter ragt der Wasemer Turm in die Höhe. Transporter
drängeln sich unter die Toreinfahrt, denn auf der Rückseite des Tores schließt
der Wochenmarkt. Die Händler bauen ihren Stände ab, sie rufen sich Wortbrocken
zu, deren Inhalte ich nicht identifizieren kann. Es rappelt, klappert, schleift
in offene Ladeflächen. Die Geschäftigkeit im Rücken des Wasemer Turmes verstummt,
als Gesichter die Toreinfahrt durchschreiten, sich unbestimmt anschauen, mit
einem prüfenden Blick in ihre Transporter einsteigen. Schüler mischen sich in
die Ungeduld der Abfahrt hinein, indem sie Mountain-Bikes vor sich herschieben
und ihre Rucksäcke auf ihren Rücken baumeln lassen.
Die Rheinbacher profitierten davon, dass sie sich
mit den Erzbischöfen von Köln zusammen taten. Als 1342 der letzte große Herrscher
von Rheinbach, Tilmann, starb, fiel die Erbfolge an das Erzbistum Köln. Rheinbach
markierte die Außengrenzen des Erzbistums. Jenseits der Festung waren die Feinde - das waren die Herzöge aus Jülich oder aus Aremberg in der Eifel - heiß auf eine Eroberung. Doch das sollte ihnen lange Zeit nicht gelingen, denn
die Ritter von Rheinbach verteidigten tapfer ihre Festung. Dies belohnten die
Kölner Erzbischöfe, denn 1440 durfte die Stadt zwölf Bedienstete zur Verwaltung von Burg,
Stadt und Einnahmen bestimmen. Außerdem
erhielt Rheinbach eine eigene Gerichtsbarkeit und durfte zweimal jährlich einen
Jahrmarkt abhalten. Die Zugehörigkeit zum Erzbistum Köln endete erst 1802, als
Rheinbach von Franzosen erobert wurde. Rheinbach und das Erzbistum Köln waren
eng miteinander verflechtet, obschon das Erzbistum zwischenzeitlich Rheinbach
an andere Fürstentümer verpfändete.
Wo einst das Zentrum Rheinbachs mit Leben erfüllt
wurde, klafft heute eine Lücke. Einen Hauch von Vergangenheit wehen die beiden
Fachwerkhäuser herüber, von denen eines das heutige Stadtarchiv beherbergt und
das andere das Restaurant „Raths am Bürgerhaus“. Auf der gegenüberliegenden
Seite rahmt die Pfarrkirche St. Martin diesen Platz ein, dessen Vorgängerbau
übrigens älter als die Stadtgründung war. 943 steht diese Kirche in einer
Urkunde der Abtei in Prüm. Diese hatte eine weitere Abtei in Bad Münstereifel
gegründet, wozu eine „ecclesia sita in villa reginbach“ gehörte („eine in
Rheinbach gelegene Kirche“).
Hexenturm |
Man könnte Rheinbach zum Ort des Aberglaubens
erklären, denn es gibt ja schließlich den Hexenturm, einen wichtigen Teil von
Mauer und Stadtbefestigung. Das läßt schlimmes erahnen, denn das Verließ des
Hexenturms diente als Gefängnis, in das von 1631 bis 1636 Hexen eingekerkert
wurden, davon wurden 130 Hexen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Diese 130 Hexenverbennungen war in Rheinbach nicht überproportional im
Vergleich zum übrigen Rheinland, doch sie spaltete die Ratsherren. Der
Hexenkommissar Franz Buirmann verdächtigte Ehefrauen einiger Ratsherren, Hexen
zu sein. Buirmann war promovierter Jurist, selbst hatte er sich zum Hexenjäger
ernannt. Er redete er auf die Ratsherren ein, Haftbefehle gegen die
verdächtigten Ehefrauen zu erlassen. Als sie sich weigerten, betete er so lange
die Vorschriften der Kurkölnischen Hexengerichtsordnung rauf und runter, bis
sie die Haftbefehle erließen. Schließlich kam es, wie es kommen musste: die
Ehefrau eines Ratsherren starb, weil der Hexenkommissar sie über das erlaubte
Maß foltern ließ. Die Ratsherren waren außer sich – und jagten den
Hexenkommissar aus der Stadt. Danach wurde er nie mehr in Rheinbach gesehen. Anstatt dessen trieb er Jahre später in Siegburg sein Unwesen.
Hexenslam |
Aberglaube und Hexen haben die Zeiten sogar
überdauert, wenngleich in einer harmlosen und schönen Variante. An vielen
Ecken, in Schaufenstern oder auf Plakatwänden, las ich:„Hexenslam“, das war eine
Intiative des Vereins „Rheinbach liest“. „Dichtkunst vom feinsten – politisch,
schräg, witzig und amüsant“ – so hatte der General-Anzeiger, unsere
Tageszeitung, von der Veranstaltung im letzten November berichtet.
In der Buchhandlung, die fleißig für den „Hexenslam“
warb, stöberte ich herum.
„Dass
Schnecken so interessant sind, hätte ich nicht vermutet“ meinte eine Kundin.
… 80 Seiten habe ich gelesen
… ich bin gefesselt, wie spannend das Buch ist.“
… 80 Seiten habe ich gelesen
… ich bin gefesselt, wie spannend das Buch ist.“
Nicht nur Hexen, sondern auch Schnecken machen
neugierig. Die ungewöhnlichen Verbindungen hatten mich in Rheinbach fasziniert.
Da ist auch an Rheinbach der letzte Krieg nicht spurlos vorüber gegangen, aber schön, dass es doch noch viele alte und historische Gebäude gibt, so auch Reste der alten Stadtmauer, der wunderschöne Brunnen auf dem Marktplatz, der Wasserturm und ganz imposant die Zeugen des Römerkanals. :-)
AntwortenLöschenLiebe Grüße und ein schönes Wochenende
Christa
Wieder einmal sehr interessant und klasse recherchiert. Schon alleine zu Anfang mit dem Wasser, denn man sollte sich immer überlegen zu welcher Zeit das gemacht wurde^^ Rheinbach ist eine Stadt die es zu besuchen lohnt und gerade mit den Fachwerkhäusern sprüht sie einen besonderen Reiz aus.
AntwortenLöschenLiebe Grüsse
Nova
Lieber Dieter, autsch, die Hexengeschichte... da hat man wohl auch einige politische Gegner mundtot gemacht, indem man deren Frauen verdächtigte, nehme ich an... Dabei sieht der Ort heute so friedlich aus; ich liebe ja Fachwerk und bedaure es, dass man bei uns davon so wenig sieht. Wie gut, wenn die fürs Stadtbild Verantwortlichen nicht wahllos hässliche Häuser hinstellen lassen, wie das in unserer Gegend leider recht häufig passiert ist udn immer noch passiert...
AntwortenLöschenAlles Liebe, Traude
deine Texte animieren mich oft nach den Orten auf der Landkarte zu suchen. Ich merke wieder wie wenig ich von Deutschland kenne.
AntwortenLöschenDanke wieder für deine interessanten Informationen und die Bilder
Lieber Wochenendgruß von Heidi-Trollspecht