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Macke, Stillleben (1913) |
Er war unzufrieden. Die Landschaft in der Abgeschiedenheit
Oberbayerns war wie zum Malen geschaffen. Die Alpen waren zum Greifen nahe, die
Berggipfel kratzten an den Wolken, Wälder und grüne Wiesen überschwemmten die
Natur. Von seinem Atelier aus konnte er beobachten, wie die Tage über den
Tegernsee hinweg zogen. Und wie das Spiel des Lichts, die Oberfläche des Sees
und die Veränderungen in der Natur jeden Tag neue, überraschende Stimmungen erzeugte.
August Macke war unzufrieden, weil ihm die Kontakte
in der Künstlerszene nicht das brachten, was er sich mit seinem Umzug erhofft hatte. 1909 hatte er geheiratet, 1910 war er mit seiner
Ehefrau Elisabeth und dem Säugling Walter an den Tegernsee gezogen. Seine Ehefrau
Elisabeth kam aus Bonn; sie stammte aus einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie.
Ihr war es zu verdanken, dass der unsichere Beruf ihres Ehemannes als Künstler
finanziell abgesichert werden konnte. Dass er sich mit Kunst seine Brötchen verdienen konnte und mal so eben vom Rheinland an
den Tegernsee umziehen konnte.
In der Kunstszene herrschte eine Aufbruchstimmung
des noch jungen Jahrhunderts. Ein neues Denken entwickelten sich in der
Psychoanalyse, in Literatur, Musik und Kunst. Neue Strömungen der künstlerischen
Avantgarde entwickelten sich in allen Winkeln Europas. In Deutschland
konzentrierten sich die Strömungen auf den Expressionismus. Im Dunstkreis der Künstlervereinigungen
der Blauen Reiter und der Brücke, die im Raum München ihre Ateliers hatten,
suchte August Macke diese Kontakte.
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Campendonk, Pferde-Komposition (1912)
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Seehaus, Straße in Bonn (1913/1914) |
Als er sich in den Ausstellungen der Blauen Reiter
unterrepräsentiert fühlte, packte er kurzer Hand seine Koffer und zog im selben
Jahr mit Frau und Säugling wieder nach Bonn zurück. Im Haus seiner
Schwiegereltern fanden sie eine Bleibe. Das wichtigste war: dort fand sich im
Hinterhof zwischen Scheune und Gemüsegarten ein Platz für ein helles, großes Atelier.
Die Kontakte zu Künstlern, die er in Oberbayern
nicht gefunden hatte, suchte er nun im Rheinland. Das waren
Künstlervereinigungen aus Köln, namentlich der Sonderbund Westdeutscher
Kunstfreunde, die Kölner Sezession und der Gereonsclub. August Macke organisierte,
knüpfte Kontakte, führte zusammen, war Netzwerker, so würde man heute sagen.
Unter seiner Mitwirkung bildete sich im Vorfeld des Ersten Weltkriegs neben
München und Berlin ein weiteres deutsches Kunstzentrum im Rheinland heraus.
1912 fand eine große Sonderbund-Ausstellung in Köln statt, 1913 organisierte er
die Ausstellung der Rheinischen Expressionisten in Bonn.
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Thuar, Rheinische Landschaft (1912) |
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Thuar, Blühende Obstbäume (Endenich; 1911) |
Diese begriffen das Rheinland im Westen Deutschlands
als kulturelles Zwischengebiet, welches künstlerische Strömungen aus den
Niederlanden, aus Belgien und aus Frankreich aufnahm. Die Strömungen aus
Frankreich hatte August Macke bereits auf seiner Hochzeitsreise nach Paris
kennengelernt. Diese Strömungen waren gegenläufig. Die Industrialisierung, die
Arbeiterbewegung und der technische Fortschritt hatte Frankreich nicht in einem
solchen Umfang durchdrungen. Die rheinischen Expressionisten orientierten sich
daher an harmonischen Formen, an Unbeschwertheit, Leichtigkeit und Eleganz. Die
Formen waren gemäßigt, wenngleich neue Stilformen wie der Kubismus und der
Fauvismus integriert wurden.
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Jansen, Bei Rees (1913) |
Die Künstler besannen sich auf sich selbst zurück.
Sie lehnten sich an Nietzsche an, der in seiner „Umwertung der Werte" die
entfesselte Kraft des schöpferischen Akts als wirksames Gegenmittel zu den
erstarrten Strukturen seiner Zeit forderte. Daraufhin formulierten die Künstler
ihren Anspruch auf eine eigene, selbstbestimmte Lebens- und Kunstpraxis. August
Macke schrieb: „Das Kunstwerk ist ein Gleichnis der Natur, kein Abbild – es ist
der selbständige Gedanke des Menschen, ein Gesang von der Schönheit der Dinge.“
Die Rheinischen Impressionisten haben Kunst verstanden als „Durchfreuen“ der
sichtbaren Wirklichkeit; gefeiert wird die sinnliche Schönheit des optisch
Fassbaren mit dem Medium leuchtkräftiger Farbklänge.
16 Künstler des Rheinischen Expressionismus wurden
vom 10. Juli bis zum 10. August 1913 mit 120 Gemälden in einer Buchhandlung
neben der Universität ausgestellt. Die 16 Künstler sind bekannt. Welches die
120 Gemälde waren, konnte aber nicht genau rekonstruiert werden. Bis zum 29.
September konnte ich einhundert Jahre später dieselbe Ausstellung (mit denselben
Künstlern, aber nicht denselben Gemälden) im Bonner Kunstmuseum wieder besuchen. Ich bewunderte, welche
fantastische Malerei im Vorfeld des aufziehenden Ersten Weltkrieges entstanden war.
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Mense, Stromlandschaft (1913) |
Mit dem Ersten Weltkrieg wurden die Künstlerbewegungen
des Expressionismus ausgedünnt. Neben Stephan Henseler – einem der 16 Künstler –
wurde August Macke dieser Erste Weltkrieg zum Verhängnis. Als Kriegsfreiwilliger
starb er im Infanterie-Regiment 160 am 26. September 1914 im Kugelhagel mit
erst 27 Jahren, als er gegen französische Stellungen anzurennen versuchte . Er
hinterließ eine Witwe und zwei kleine Kinder. Sein Grab findet sich auf dem
Soldatenfriedhof bei Perthes-les-Hurlus in der Champagne.
Das ist ein wundervoller Beitrag über diesen großartigen Maler, der leider viel zu früh starb. Wir hätten bestimmt von ihm noch viele fantastische Bilder zu sehen bekommen.:-)
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Christa
Lieber Dieter,
AntwortenLöschendanke für diesen wirklich guten Bericht über einen oft
verkannten Maler. Da er etwas schwierig war, fand er
auch nicht die "Freunde". Schade eigentlich.
Einen wunderschönen Nachmittag wünscht Dir
Irmi
Hallo Dieter. heute wilderst du mal in meinem Terrain...;-)
AntwortenLöschenHabe von der Ausstellung auch keine Kenntnis genommen, obwohl großer Macke-Blauer-Reiter-Rhein.-Expressionismus-Fan. War wohl zu sehr mit meinen Schmerzen & Unfallfolgen beschäftigt...Leider weiß ich auch noch nicht, wann ich hier raus kann. Aber wenn ich nach Bonn komme, wäre mir die Ausstellung einen Besuch wert. Hier im Krankenhaus hängen auf einer Station lautet verblichene Macke-Reproduktionen....
Mein mein Mann kann sich noch gut erinnern, wie das Interesse an Macke nach dem Krieg wieder aufflammte & seiner Familie ein Bild zum Kauf angeboten worden war. Aber das Geld wurde gebraucht, um der Familie Wohnraum zu verschaffen & aus der Masseninterkunft zu entfliehen. Soweit zum Thema "Macke & Ich".
Pass gut auf dich auf! Genieß den Feiertag!
LG
Astrid
Klasse dass du dich ihm widmest, so hat er wirklich sehr schöne Bilder gemalt und besonders gut gefallen mir die Bilder die so bunt und farbig gestaltet wurden. Leider hat der Krieg seinen Tribut gefordert.
AntwortenLöschenLiebe GRüssle
Nova
Hej Dieter,
AntwortenLöschendie Farbigkeit der Bilder mag ich sehr. Ich empfinde dabei eine Leichtigkeit, über die man sich tatsächlich wundern muss, wenn man die Entstehungszeit dahinter sieht.
Die Vielseitigkeit der Blogschreiberei ist in der Lage und das ist ein echtes Positivum, kulturelle Ereignisse über die Ländergrenzen hinweg bekannt zu machen. Du hast wie immer detailiert und interessant geschrieben!!!!!
Gruß
Beate
ich mag die Bilder von August Macke sehr gerne.
AntwortenLöschenDein post ist wieder richtig interessant.
lieber Gruß - und einen schönen Feiertag wünscht Heidi-Trollspecht
Mensch, hier kann ja sogar die Grete noch was lernen. Guter Bericht. Den hab ich regelrecht verschlungen.
AntwortenLöschenGruß vonner Grete
Hallo Dieter!
AntwortenLöschenDas ist ein wirklich guter Beitrag, über einen großartigen Künstler.
Schade, dass er so früh starb, denn ich mag die Bilder von August Macke auch.
Danke für deinen cmt.: Bei dem Radler-Post habe ich gleich an dich gedacht. Das Fenster hätte ich natürlich auch fotografiert, wenn ich deinen Blog&Fahrradvorliebe nicht kennen würde, auch wenn es kein Fensterprojekt geben würde, aber so war gleich der Gedanke: Dieter und auch an diese Frau Fahrradlove oder so, obwohl ich von der lange nichts mehr gesehen haben. Ja, mit den Fenstern ist es dann letztendlich ähnlich wie mit den Bänken. Auch dabei sammeln sich die Besonderheiten... Was Wandbilder angeht, interessiere ich mich auch immer noch sehr dafür, aber die Stadt kommt mir mitunter wie ein Kindergarten oder eine open-air-Irrenanstalt vor.
wieczoramatische Grüße zum Abend, (◔‿◔) | Mein Fotoblog