Montag, 28. Oktober 2013

Laubbläser

Der Herbststurm pustet und in den nächsten Tagen werden sie alle Hände voll zu tun bekommen. Das Laub wirbelt, sammelt sich auf Wegen, Bürgersteigen und Plätzen. Ich stapfe in die tiefe Masse von Blättern hinein, die sich meinen Schritten und Tritten in den Weg stellt.

Eines ist sicher: wenn sich denn in den nächsten Tagen der Sturm beruhigt hat, wird dieses zermürbende Geknarre und Geknattere der Laubbläser losgehen. Eigentlich hasse ich Lärm jeder Art. Von dem ich in den meisten Alltagssituationen – glücklicherweise - verschont bleibe. Es liegt jenseits meines Vorstellungsvermögens, wie das Leben in Autobahnnähe, entlang eines Bahndamms oder unter der Einflugschneise eines Flughafens aussieht. Längst wäre mein Schlaf-Wach-Rhythmus vollends aus den Fugen geraten. Ich würde den ganzen Tag mit Ohropax herum rennen. Ich wäre ein nervliches Wrack, das bei jedem Pieps-Ton zusammen schaudern würde.

Man sollte Laubbläser verbieten. Anders als der Lärm von PKW’s, Güterzügen oder Flugzeugen, dröhnt das Auf und Ab des Motorgeräuschs in den Ohren, das hohle Knattern unterdrückt alles. Messungen haben übrigens ergeben, dass Laubbläser mit über 100 Dezibel lauter als Preßlufthammer sein können.

Während ich Werkzeugen wie Sägen, Fräsen, Bohrmaschinen, Schleifmaschinen, Trennscheiben oder Preßlufthammern objektiv einen Sinn beimessen kann, vermag ich diese Sinngebung bei Laubbläsern nicht zu entdecken. Wenn alles klappt, sind Sägen, Fräsen, Bohrmaschinen, Schleifmaschinen, Trennscheiben, Preßlufthammer für einen Handwerker unverzichtbar, denn für einen Handwerker hat das, was er mit seinen Händen macht, von vornherein einen Sinn.

Bei Laubbläsern stimmt hingegen die Input-Output-Relation nicht mehr. Der natürliche Gang der Dinge soll weg-automatisiert werden. Maschine gegen Herbstlaub. Der Input ist ganz viel Lärm und ganz viel Herum-Geblase. Der Output ist ein bißchen mehr Schnelligkeit, um das Laub zusammen zu harken. Ich bedaure die Gartenarbeiter, die mit Ohrenschützern und so einem Ding in der Hand den ganzen Tag herum laufen müssen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie keinen Dachschaden abbekommen.

Dem Gesetzgeber kann man keinen Vorwurf machen, denn er hat auf solche heiklen Themen reagiert. Das Dickicht von gesetzlichen Vorschriften zum Lärm ist aber enorm. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz benennt Fälle, für die Grenzen der Lärmbelästigung gelten. Die Geräte- und Maschinen-Lärmschutzverordnung gilt für bestimmte Gerätearten, die von Städten und Kommunen betrieben werden. Die Freizeit-Lärmrichtlinie betrifft Feiern in Nachbarschaften, in Vereinen oder auf Sportanlagen. Bei Musikveranstaltungen oder Open-Air-Konzerten gelten die Landes-Immissionsschutz-Gesetze.

Und der Laubbläser ? Er wird nicht aussterben. Die Menschheit wird sich wohl oder übel weiterhin mit ihm herum schlagen müssen. Dies besagt die Geräte- und Maschinen-Lärmschutzverordnung, die die Zeiten in Wohngebieten allerdings zwischen 9 und 13 Uhr sowie 15 und 17 Uhr begrenzt. Außer Laubbläsern gilt sie auch für Heckenscheren, Motorkettensägen, Rasenmäher oder Schredder. Das eine oder andere nervliche Wrack zur Herbstzeit wird in diesen Wohngebieten also unvermeidbar sein.

Dass der Laubbläser nicht aussterben wird, ist zudem zum Tummelplatz von Juristen geworden. Nicht zu Unrecht. Wenn Menschen in diese wabbelige Masse von Blättern, die nass werden kann, hinein stapfen, kann diese zu einem tückischen Gemisch werden. Sachbearbeiter in Städten und Kommunen dürften an Wahnvorstellungen leiden, falls Bürger auf öffentlichen Wegen auf nassem Herbstlaub ausrutschen und Regreßansprüche stellen. Ob Harke oder Rechen oder Laubbläser, ist den Juristen schlichtweg egal. Lärm, der manchen in die Irrenanstalt treiben kann, ist das geringere Übel als ein Sturz mit ungeahnten Folgen.

Immerhin: im Gegensatz zum Lärm von Autobahnen, Güterzügen oder Flugzeugen findet eine Dauerberieselung rund um die Uhr nicht statt. In aller Herrgottsfrühe wird man nicht aufgeschreckt. Abends kann man in Ruhe einschlafen.

Ich verfluche die schwäbischen Tüftler aus Metzingen bei Stuttgart, die 1975 den Laubbläser erfunden haben. So etwas wird zur guten deutsche Wertarbeit erklärt, bei denen die Firma ECHO-Motorgeräte Marktführer ist. Ich stutze, dass es die mir ansonsten sympathischen Schwaben sind, die solch einem Horror-Produkt auf die Beine geholfen haben.

Wie ich es mit den Laubbläsern in den nächsten Tagen und Wochen aushalten werde, weiß ich noch nicht. Ich werde mich verkriechen oder einsperren. Hoffen, dass die zeitlichen Begrenzungen eingehalten werden. Irgendwann sind auch die Schattenseiten des Herbstes vorbei.

12 Kommentare:

  1. Diese Dinger braucht echt kein Mensch! Sie verursachen Lärm, führen zur Luftverschmutzung bei und ehrlich gesagt, löst es nicht das Laubproblem. Also lieber zum guten alten Besen greifen, zusammenfegen, aufnehmen und gut ist es. :-)

    Eure beiden Miezen im post darunter sind so niedlich! Bestimmt hat auch eure kleine Tochter viel Freude mit und an ihnen. :-)

    Liebe Grüße und eine schöne neue Woche für dich
    Christa

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  2. Lieber Dieter, als ich das erste Mal einen Laubbläser erlebte - vor etwa anderthalb Jahrzehnten in einem Wiener Gemeindebau (Sozialbau) in den Händen eines fettleibigen Hausbesorgers, griff ich mir an den Kopf: Was sollte dieser Blödsinn?! Der Mann pustete Blätter in ein Gebüsch, wo sie der Wind wieder herausfegte. Früher hatte der Hausbesorger den Besen genommen und das Laub in eien Handwagen gekehrt, weg war es, nun besaß er ein neues Spielzeug, mit dem er stundenlang knatterte. Ich dachte eigentlich, solch ein sinnloses, unvernünftiges Ding kann sich nciht durchsetzen, aber falsch gedacht. Inzwischen haben die Wiener Straßenkehrer aufgerüstet: Anstatt die Straßen nun Tag für Tag zu fegen (und sie somit SAUBER zu halten) kommt nun 1 x pro Woche ein Laubbläser zum Einsatz und pustet das Laub zu großen Haufen auf den Gehwegen. Die sollen dann von einem Wagen abgeholt werden. Aber bis der kommt, ist das Laub bereits wieder verweht. Und der Lärm geht von vorne los.
    Krank, einfach nur krank.
    Herzliche Rostrosengrüße, Traude

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  3. Diese Laubbläser sind für mich ein Zeichen der Dekadenz unserer Gesellschaft...
    LG
    Astrid

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  4. Hallo Dieter
    Ich nutze einen Besen und Handfeger und Kehrblech um unser Laub zu entfernen. Ich hasse diese lauten grausamen Dinger.

    Liebe Grüße
    Angelika

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  5. Dieter, ich hasse diese Laubbläser auch. Hinzu kommt, dass sie so viel nützliche
    Kleintiere mit aufnehmen. Ich benutze auch nur Besen und Schaufel.
    Einen schönen Abend wünscht Dir
    Irmi

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  6. Also ich kann teilweise verstehen wenn sie zum Einsatz kommen. Selber habe ich noch keinen, aber ich weiß was für eine Arbeit dahintersteckt wenn man Blätter und Blüten von einer Piconfläche (Picon=kleine Lavasteinchen die hier in Gärten/Beeten auf Terrassen sowie Kies ausgelegt werden) absammeln muss. Vor allem wenn die Blätter trocken sind und die Blütenknubbel so klein wie Erbsen sind.

    Hier im Ort geht bei der Straßenreinigung ein Arbeiter mit Laubbläser vorweg um auch aus den Ecken zu blasen, allerdings fängt die Kehrmaschine direkt hinter im her.

    Bei der Lärmschutzverordnung bzw. den Uhrzeiten musste ich auch wieder ein bisserl grinsen. Hier wird auch am WE gebaut und renoviert wenn es sein muss. Da kräht kein Hahn nach..ups...doch Rudi (der Nachbarhahn) der sich auch an keine Zeiten hält *rofl*

    Wird hier alles etwas lockerer gesehen und schlecht lässt es sich mit dieser Ruhe und Ausgeglichenheit nicht leben ;-)

    Wünsche dir einen schönen Tag und lass dir den Tag nicht durch Laubbläser verhageln

    Nova

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  7. ...die Kehrmaschine fährt natürlich hinter ihm her, aber sie fängt den Schmutz auch gleich auf :-))))

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  8. Für mich der Inbegriff der Absurdität.

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  9. Die Laubbläser sind einfach nur nervend, und das häufig nur um die Faulheit einiger Menschen zu unterstützen. Nein nicht ganz, sie sind auch dafür da, um einigen Unternehmen noch mehr Profit zu bringen.

    Gruß Nachtfalke

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  10. ja - erst heute liefen wieder zwei Laubbläser an mir vorbei ... und ich finde das Geräusch auch fürchterlich.
    Es mag Flächen geben, bei denen der Einsatz eines solchen Gerätes Sinn macht - auf meinem Gehweg wirkten die zwei mit den Geräten eher wie Schauspieler in einem Komikfilm. Viel Lärm um wenig Laub. Das muss wirklich nicht sein.

    Ich habe deinen Text wieder sehr gerne gelesen :-)
    lieber Gruß von Heidi-Trollspecht

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  11. Ich musste wieder schmunzeln...das ist ein Thema, über das ich mir noch nie Gedanken gemacht hab, aber Du beschreibst es ziemlich cool. Ich wohne leider an einer vielbefahrenen Hauptstraße, an der Hauptstraße... da kann ich leider nicht mal nachts mit offenem Fenster schlafen. Unter mir wohnt eine Studenten-WG... Ich glaube, Laubbläser wären bei mir das geringste Problem... Aber ich genieße es, in der Innenstadt zu wohnen :-).

    Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende!!!

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  12. Ohja, ich stimme dich zu 100 % bei.
    Am tollsten sind immer noch die Herrschaften, die mit ihrem Laubbläser das Laub nur von A nach B pusten, es dann aber nicht wegräumen, sodass nach den nächsten Winden das ganze Zeug wieder vertreut ist und man von vorn beginnen darf.

    Ein Mitarbeiter unserer Hausverwaltung frönt diesem Hobby zur Zeit auch wieder täglich gegen 7 Uhr, wenn bei uns im Büro noch alle Fenster zum Lüften weit geöffnet sind :-(

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