Denkmal Tünnes (Quelle Wikipedia) |
Schäl trifft Tünnes, der im nächtlichen Köln etwas
unter einer Laterne sucht.
Schäl fragt: „Wat hässde dann verlore ?“
Tünnes: „Ming Portemonnaie.“
Schäl: „Wo dann ?“
Tünnes: „Hingen ahn d’r Eck.“
Schäl: „Waröm söökst de dann he unger de Latän ?“
Tünnes: „He eß het heller.“
Schäl fragt: „Wat hässde dann verlore ?“
Tünnes: „Ming Portemonnaie.“
Schäl: „Wo dann ?“
Tünnes: „Hingen ahn d’r Eck.“
Schäl: „Waröm söökst de dann he unger de Latän ?“
Tünnes: „He eß het heller.“
In all ihren Witzen schält sich die trägere Variante
des Verstandes heraus, der sich aber zu helfen weiß. Wichtiges und unwichtiges
kann er trennen. Der Verstand darf sich erlauben, sich treiben zu lassen in
einem seichteren Niveau der Gemütlichkeit. Nach getaner Arbeit formuliert er
seinen Anspruch auf Ruhe. Dazu gehört das Kölsch in der Eckkneipe, der Schwatz
mit den Nachbarn und Rituale wie der Karneval. Der Verstand verbohrt sich nicht
Tiefsinnigkeiten, die isoliert für sich betrachtet nichts einbringen. Der
Verstand kann auch aufblühen, wenn er kommuniziert und Netzwerke bildet. Insbesondere
der Witz ist das treibende Moment des Verstandes, um Eingang in eine Situationskomik
zu finden und messerscharfe Urteile zu bilden.
So gibt es manche hochkarätige und prägende
Persönlichkeiten, die die Kölner Lebensart verkörpern. Witz und Humor ist all
den Originalen gemein. Willi Millowitsch steht für sein Volkstheater, Trude
Herr für eine deftige und offene Art von Humor, die Bläck Fööss für eine
milieubetonte Art von Musik, die auf den Menschen aufsetzt. Willi Millowitsch
und Trude Herr haben die Kölner dermaßen lieb gewonnen, dass sie ihnen ein
Denkmal gesetzt haben.
Schäl (Quelle www.haenneschen.de) |
Tünnes und Schäl, im Gegensatz zu Willi Millowitsch,
Trude Herr oder die Bläck Fööss, haben nicht wirklich gelebt, sondern ihre
Figuren sind auf der Puppenbühne entstanden. 1802 wurde nach mehrfachen Umzügen
das Hänneschen-Theater, ein Puppentheater, in der Kölner Altstadt heimisch. Auf
dessen Bühne erscheinen die Häuser in der Kölner Altstadt als „Knollendorf“.
Dabei hat die Stadtbezeichnung „Knollendorf“ ihre eigene innere Bedeutung: das
Stadtgebiet von Köln wuchs um diese Zeit, die Urbanisierung schritt in ungeahnte
Dimensionen voran, Felder wurden von der Großstadt einfach mal so geschluckt.
Das trieb die Kappesbauern aus dem Umland in die Kölner Großstadt, die genauso
Zuckerrüben ernteten, daher „Knollendorf“.
Sinnbild dafür war der Bauer, der einen blauen
Kittel trug und ein rotes Halstuch. Rot und knollenförmig ist genauso seine
Nase, denn er huldigt gerne einem oder auch ganz vielen Gläsern Kölsch. So
wurde aus dem Vornamen „Anton“ in Köln „Tünnes“.
Gegensätze ziehen sich erwiesenermaßen an, daher tat
sich der einfach gestrickte Bauer „Tünnes“ auf dem Land mit dem
kleinbürgerlichen Städter „Schäl“ zusammen. In Köln ergab diese merkwürdige
Kombination, dass beide nicht mit reichlich Intelligenz gesegnet waren. „Schäl“
ist schlank, mit einem Frack bekleidet und trägt einen Hut. Sein Name läßt Raum
für Interpretationen, denn „schäl“ kann „schielen“, „schlecht“, „falsch“ oder „doppeldeutig“
bedeuten. Folglich ist höchste Vorsicht geboten, denn er gleitet leicht in
kriminelle Verhaltensweisen ab, wenn er berechnet und sein messerscharfer
Verstand ihm einen Vorteil verschaffen will.
Tünnes kommt eilig ins Lokal und ruft dem Wirt zu:
„Schnell ene Doppelte eh d’r Krach losgeiht !“
Er kippt den Doppelten.
„Noch einen, eh d’r Krach richtig losgeiht !“
Als Glas fast leer ist, fragt der Wirt:
„Wat für ene Krach denn ?“
„Ich kann nämlich nit bezahle !“
„Schnell ene Doppelte eh d’r Krach losgeiht !“
Er kippt den Doppelten.
„Noch einen, eh d’r Krach richtig losgeiht !“
Als Glas fast leer ist, fragt der Wirt:
„Wat für ene Krach denn ?“
„Ich kann nämlich nit bezahle !“
So wie die Figuren im Hänneschen.Theater geschaffen
wurden, gab es einen Zeitversatz. Tünnes, der Immigrant aus dem bäuerlichen
Umland von Köln, war von Anbeginn im Puppentheater des Hänneschen-Theater dabei,
während es Schäl erst 50 Jahre später hinein schaffte.
Tünnes (Quelle: www. haenneschen.de) |
So fanden Tünnes und Schäl Eingang in die
Stadtgeschichte Kölns. Die rechte Rheinseite wurde fortan „Schäl sick“ (also
falsche oder schielende Rheinseite) genannt. Die Trennlinie ist scharf und
reicht bis Düsseldorf und bis nach Bonn hinein.
Im Puppenspiel, haben sich Tünnes und Schäl bis
heute mit ihrem Temperament gut gehalten. Wer möchte, kann gerne in diese
höchst phantastische Welt des Puppentheaters im Kölner Hänneschen-Theater
eintauchen. Die Vorstellung ist allerdings in Kölscher Sprache, so dass der
Besucher nicht so ganz sprachfremd sein sollte. Genau das verleiht aber dem Puppenspiel einen besonderen Reiz.
Meine Aussage: nicht alles kommt 'uebersetzt' ausreichend gut und/oder genau so wirkungsvoll heraus.
AntwortenLöschenIch kringel mich ja heute noch mit der norddeutschen 'Jungverheirateten Weisheit' (von mir danach so genannt), welche einst Frau Heidi Kabel ihreszeichens als Theater-Buehnen-Kuenstlerin unterlegt wurde; lautete in ca.:
" 3 unruettelbare Grundregeln f. eine Frau: 1) Blutflecken waescht man nur mit kaltem Wasser aus der Waesche 2) Spinat soll man niiiie aufwaermen 3) Mit Maennern kann man nicht argumentieren/reden !"
Nix fia unguat: Gerlinde, der 'bayer. Australier' mit liebsten Gruessen :-D
Ach...was erinnere ich mich doch zu gerne noch an die Beiden d.h. allgemein an die Kölner Urgesteine. Sie gehören einfach dazu, so wie der Dom. Schon lange nicht mehr daran gedacht haste mich hier gerade lachen hören können. Einfach nur klasse dass du von ihnen berichtet hast, auch mit dem "Schäl sik", denn das wissen bestimmt einige Leute noch nicht.
AntwortenLöschenWünsche dir einen schönen Tag und sende herzliche Grüsse
N☼va
Ja, die Sprache muss man schon verstehen! Und besonders schwer wird es, wenn man in einer Kinder Vorstellung landet. Deshalb kommt das Theater für mich bei schwindendem Hörvermögen nicht mehr in Frage. Aber es sind schöne Erinnerungen damit verknüpft. Und die Tünnesperücke ist ein unverzichtbarer Teil des Kostümes, wenn mein Stammdesch bei den Schull-un Veedelszöch mitgeht.
AntwortenLöschenDanke für den Post!
Astrid
Von Kindheit an wurden über diese beiden Typen Witze erzählt - über sie gewußt habe ich aber rein gar nix. Toll, wie Du das nun berichtet hast, danke schön. Gruß von der Insel, W. - wieder mal zur Winterzeit bei (Sa)bine
AntwortenLöschenIch liebe 'eure' Sprache und 'euren' Humor. Wenn wir im Rheinland zu Besuch sind, dann gehe ich gerne durch die Kaufhäuser und schnappe zu gerne ein paar Wortfetzen auf. Herrlich!!! Ihr seid wirkliche Frohnaturen!! LG - aus dem 'kühlen' Norden! Martina
AntwortenLöschenUnd Tünnes und Schäl stehen in einer ganz versteckten Ecke, beide mit blanken Nasen vom vielen Anfassen ;-) Gut, dass du sie hervorgeholt hast, die beiden, nicht die Nasen ;-)
AntwortenLöschenTünnes und Schäl ... mir waren die Namen zwar bekannt ... aber jetzt weiß ich mehr :-)
AntwortenLöschendanke für die Info.
Mir ist Willi Millowitsch noch in guter Erinnerung. Er gehörte zu meinen ersten Fernsehfreuden :-)
herzliche Grüße von Heidi-Trollspecht
Lieber Dieter
AntwortenLöschenTünnes und Schäl.... das habe ich zuvor noch nie gehört. So spannend! Danke für diesen interessanten Post.
Herzlichst grüsst Dich Yvonne
Ich mag die beiden sehr...und die Nasen sind so blank, weil es angeblich Glück bringt sie zu reiben :)
AntwortenLöschenEinen schönen 2. Advent wünscht dir
Arti