Sonntag, 14. Dezember 2014

vor 700 Jahren Krönung zum König des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation in Bonn

Es sei ein Event der zweit- oder drittklassigen Kategorie, dachte ich, als ich auf das Jubiläum aufmerksam wurde. So wie mich das Jubiläum des örtlichen Musikvereins nicht interessiert, die Fußball-Ergebnisse der Kreisliga A oder wenn der Bürgermeister Altersjubilare im Rathaus ehrt. Doch bei näherem Hinsehen stellte ich fest, dass das 700 jährige Jubiläum, als in Bonn ein König des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation gekrönt worden war, ein komplett anderes Kaliber war.

An der Krönungsstraße, das war auf der Höhe von Sinzig, Bad Neuenahr und Grafschaft, hatte ich gelernt, dass die Könige des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation im Mittelalter in Frankfurt gewählt wurden und in Aachen gekrönt wurden. Regelrechte Excel-Tapeten hatte ich Wikipedia studiert, in denen sich – angefangen mit Ludwig II. dem Deutschen und aufhörend mit Franz dem II. von Böhmen – über ein Jahrtausend die deutschen Könige aneinander reihten. Die Liste war lang, sehr lang, und wie das Format in Excel waren die Strukturen fest vorgegeben: die Herrschernachfolge über das Erbrecht, die Wahl, definierte Kurfürsten, die wahlberechtigt waren, die Wahlentscheidung auf den einen deutschen König, die Herrschaftsinsignien.

Doch so streng die Regularien waren: sie reichten nicht aus, um Zwist und Uneinigkeit zu vermeiden. So war es im November des Jahres 1314 nach dem Tod des römisch-deutschen Königs Heinrich VII. zu einer Pattsituation zwischen Bayern und Habsburgern gekommen. Bei der Königswahl hatte keiner der beiden Kontrahenten die nötige Einstimmigkeit erreicht. Ludwig von Bayern war es zwar gelungen, die Stimmen der Erzbischöfe von Mainz und Trier sowie des Markgrafen von Brandenburg und des Königs von Böhmen auf sich zu vereinen, aber der Pfalzgraf bei Rhein und der Kurfürst von Sachsen wollten unter der Führung des Kölner Erzbischofs Heinrich von Virneburg unbedingt eine Dynastiebildung durch den Wittelsbacher verhindern und gaben ihre Stimme Friedrich dem III. aus dem habsburgischen Adelsgeschlecht.

Nun begann ein Wettlauf um die Königskrönung, in dem die beiden Kandidaten die Regularien so durchschlagend wie möglich zu überlisten suchten. In der Nachfolgetradition von Karl dem Großen war der Ort der Königskrönung Aachen, also begab sich Ludwig von Bayern schnellstmöglich nach Aachen. Währenddessen ritt Friedrich III. – auch genannt Friedrich der Schöne – nach Bonn, um sich mit dem Kölner Erzbischof Heinrich von Virneburg zu treffen. Nur der Kölner Erzbischof konnte die Salbung durchführen. So gab es zeitgleich zwei Königskrönungen – eine in Aachen und eine in Bonn.

Faktisch kam es danach zu einem Machtkampf und zu einer Doppelherrschaft, wobei die Verhältnisse erst acht Jahre später auf dem Schlachtfeld klar gestellt wurden. 1322 wurde Friedrich III. in der Schlacht von Mühldorf am Inn besiegt, er wurde gefangen genommen und Ludwig von Bayern konnte als Alleinherrscher regieren.


In einer Nische erinnert die Bonner Münsterkirche an die Königskrönung vor genau 700 Jahren. Die Fresken gliedern sich in drei Teile: die Fürsten und Kurfürsten, die an der Wahl teilgenommen haben, das Herrschaftsgebiet Deutschlands, das durch den Reichsadler symbolisiert wird und als einheitlicher Staat im Mittelalter nie existiert hat, und die Salbung durch die Heiligen Drei Könige.


Auf der linken Seite finden sich die Wappen der Grafen, Fürsten und Kurfürsten.


Erkennbar ist beispielsweise das Wappen der Grafen von Virneburg aus der Eifel („HENRICUS comes de virneburg“), die genau zu dieser Zeit den Erzbischof von Köln gestellt haben, sowie des Kölner Kurfürsten („THEODORICUS comes de mörs“).


In der Mitte dieser Wappengalerie steht das Wappen der Stadt Bonn.


Auf dem mittleren Fresko steht ein Reichsadler, dessen Aussehen stark an den Bundesadler der Bundesrepublik Deutschland erinnert.


Die Königskrönung verewigt sich in der Inschrift „… coronati sunt Romanorum Reges Friedericus Austriacus per manus Henrici Archiepiscobus Coloniensis A.D. 1314 …“.


Auf der rechten Seite wird die Salbung durch die Heiligen Drei Könige dargestellt, nach dessen Vorbild der König durch den Erzbischof gesalbt wird.


Diesen Zusammenhang stellt diese lateinische Inschrift dar (die ich allerdings nicht ganz übersetzt bekomme): „Hoc signum magni Regis est: ramus et inquiramus cum et offeramus ei munera nurum thus et myrrham.“

Es verwundert wahrscheinlich nicht, dass sich solche Dissense bei der Wahl zum König des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation wiederholten. 32 Jahre später war es wieder soweit. Zwei Könige stritten sich um die Herrschaft und die Krone, und Karl von Böhmen war es, der parallel in Bonn zum König gekrönt wurde.

1314 und 1346, das sollten aber die einzigen Jahre bleiben, dass Bonn zum Krönungsort des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurde.

6 Kommentare:

  1. Interessant! Die Ecke im Münster ist mir bisher nie aufgefallen... Na ja, war auch schon lange nicht mehr drin...😊
    Eine gute Woche!
    Astrid

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  2. Finde ich ja klasse das daran erinnert wird und vor allem auch noch alles so schön vorhanden ist. Sehr interessant, und wie noch heute...immer diese Machtkämpfe :-(((

    Danke dir dass du uns mitgenommen hast.

    Wünsche einen schönen Wochenstart und sende herzliche Grüsse

    N☼va

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  3. Kontrovers:
    Selbst im Königsmantel ist es nichts anderes als der Kampf zweier Hirsche um die Führung im Rudel, bei denen es immerhin noch um die körperliche Stärke (Erhaltung der Art) geht. Die Entwicklung der Menschen auf dem Gebiet (der Führung von was auch immer) geht bis heute gegen Null. Das Konzept "Schlachtfeld" ist zum Leidwesen geblieben und wird (koste es was es wolle) propagiert. Wo bleibt der Verstand, wo das Herz?

    Gruß
    aelva

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  4. Die Kirchen sind voller Geschichte und voller Geheimnisse und vieles ist auch entlarvend. Die Salbung durch die Heiligen Drei Könige gibt der Kaiserkrönung nochmal mehr ein Gewicht. Da scheint sich einer Gott gleichgestellt zu sehen (??)

    Es ist ein bisschen schwierig zu übersetzen, weil du drei Buchstaben als andere angesehen hast: aurum (Gold) statt nurum und eamus (wir gehen) statt ramus und eum statt cum. Ich tue mich auch immer sehr schwer mit alten Schriften, z.B. auch mit Sütterlin. Aber dieses interessante Rätsel müssen wir doch knacken, oder?

    Zwei Wörter hätte ich nachgucken müssen, aber G. macht es einfach; es weiß einfach alles:
    http://gregorien.info/title/pkey/1178/1/de

    LG, Ingrid

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  5. Wieder was dazugelernt.Dass also auch Bonn mal Kroenungsort war, wusste ich nicht.
    Dass sich da hin und wieder zwei, oder auch mal drei, um das hoechste Amt des Reiches gestritten haben, ist wohl eher schon Voraussetzung. Aber die Habsburger waren viele Jahrhunderte land unumstrittene Herrscher, auch dann, als das HRRDN oesterreichisch k.und k. wurde.

    Wuensche dir ein frohes und friedliches Weihnachtsfest und guten Rutsch noch ausserdem.

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  6. Danke für den sehr interessanten Ausflug ins Mittelalter, ich hab den Post mir viel Begeisterung gelesen. Gerade Mittelalter interessiert mich sehr, weiß aber noch viel zu wenig darüber.

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