Sonntag, 7. Dezember 2014

Brückenmännchen und Brückenweibchen

… erzählen von der Rivalität der beiden Rheinseiten. Was in Köln als „Schäl Sick“ abqualifiziert wurde, darüber gerieten sich in Bonn Brückenmännchen und Brückenweibchen in die Haare.


Über diese Brücke stritt man sich diesseits und jenseits des Rheines, das waren die Bonner und die Beueler, und zwar, noch bevor die Brücke gebaut wurde. 1898 wurde die Brücke über den Rhein fertiggestellt, und davor waren sich die beiden Rheinseiten uneinig – was heutzutage keine Seltenheit ist – wie die Trasse verlaufen sollte und wer bezahlen sollte. Dabei rückten die Bonner von ihrem Vorhaben nicht ab, die Brücke aus ihrem Zentrum über den Rhein in die Felder und Wiesen und Ackerland des Stadtteils Beuel hinein zu planen. Um in das Beueler Zentrum mit der neugotischen Kirche St. Josef zu gelangen, musste man einen strammen Fußweg in Kauf nehmen. Als die Beueler sich weigerten, sich an der Finanzierung zu beteiligen, weil sie an ihrem Zentrum vorbei führte, revanchierten sich die Bonner mit dem Brückenmännchen. In die Brücke eingebaut, streckte es den Beuelern sein Hinterteil entgegen, um der anderen Rheinseite einen Denkzettel zu verpassen. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Brücke zerstört, das Brückenmännchen wurde aus Trümmern zurechtgeflickt und in einer Gaststätte aufgestellt. 2008 wurde eine Kopie in die neue Hochwasserschutzmauer am Rheinufer eingebaut.



Die Reaktion aus dem Stadtteil Beuel kam prompt. Eine Weile später, nachdem sie das Brückenmännchen mit seiner eindeutigen Geste gesichtet hatten, erschufen sie das Brückenweibchen in ihrem Zentrum. Um die Jahrhundertwende hatten sich in Rheinnähe eine Vielzahl von Wäschereien angesiedelt, und die Wäscherinnen waren, nicht nur zu Karnevalszeiten, für ihre resolute Art bekannt. Sie fertigten die Skulptur einer Waschfrau mit grimmigem Gesichtsausdruck und einem Pantoffel in der Hand, die auf alle Bonner auf der anderen Rheinseite losprügeln wollte.




Das Brückenweibchen verschwand im Zweiten Weltkrieg, bis es 1949 auf einem Sockel am Rheinufer wieder auftauchte. 2008 fand das Brückenweibchen neben dem Brückenmännchen ihren Platz in der neuen Hochwasserschutzmauer.

5 Kommentare:

  1. wenn man alle Steitigkeiten der Welt auf diese Art lösen könnte ... das wäre doch was :-)

    danke wieder für den interessanten Text.
    Herzliche Grüße von Heidi-Trollspecht

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  2. Diese Geschichten habe ich noch in Heimatkunde kennengelernt in meinem Eineinviertel Jahr Volksschule in Bonn. Witzigerweise gibt es in meiner alten Heimat auch so eine Figur, den Buchemer Arschblecker, die Geschichte stammt aber aus dem 30j. Krieg. Die Leute möchten es wohl immer schon drastisch & vulgär...
    Schön, dein Neues Profilbild!
    Herzlichst
    Astrid

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  3. Siehste.....das kannte ich noch gar nicht, oder sollte ich es schon vergessen haben *kopfkratz*

    Jedenfalls toll dass du es nochmal so ausführlich und bebildert festgehalten hast. Hat mir echt gefallen.


    Wünsche dir einen schönen Wochenstart und sende herzliche Grüsse

    N☼va

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  4. Wieder was gelernt. Die kannte ich gar nicht.
    LG, Ingrid

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  5. Ich glaub's ja nicht! Davon wusste ich bisher nicht. Ja, die Rivalität ist natürlich bekannt aber vom Brückenmännchen und -weibchen habe ich heute zum ersten Mal gehört! Danke dafür! Martina

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