Im Kottenforst, einer alten Kulturlandschaft vor den
Toren Bonns, geschieht so einiges. Eine Horde von Jugendlichen lungert herum,
sie stacheln sich gegenseitig an und begeben sich in den Abgrund eines
Verbrechens. Die Stadtteile Röttgen und Ückesdorf, voneinander getrennt durch
die Talsenke der „Hölle“, sind die Schauplätze des ersten Krimis von Alexa
Thiesmeyer. Das weitschweifige Waldgelände des Kottenforstes, teure Grundstücke
und ausladende Villen geben die Kulisse ab für einen Mord, der sich
paradoxerweise in einem Theaterstück ereignet. „Verdammt, es ist ein Mord
geschehen“ diese realen ersten Worte des Theaterstückes verschmelzen mit der
Wirklichkeit, weil sich tatsächlich auf der Theaterbühne ein Mord ereignet hat.
Pilar, die Theaterregisseurin, löst diesen Fall.
Urig, unkompliziert, unkonventionell, ein Kämpfertyp, naiv und bisweilen etwas
schusselig, so beschreibt Alexa Thiesmeyer ihre Hauptperson, die gemeinsam mit
dem Privatdetektiven Freddy auf die Suche nach dem Mörder geht. Sie bezieht den
Leser ein in die häusliche Idylle ihrer Großfamilie, zu der auch zwei Katzen
und zwei Hunde gehören, die so manchen Unsinn anrichten.
Die Menschen in ihrer Umgebung klingen vertraut,
wenn sie zeitweilig den rheinischen Dialekt sprechen. Aber keine Angst.
Formulierungen wie „Datt määt doch nix“ nehmen nicht Überhand, so dass der
bestens unterhaltene Leser kein rheinisches Wörterbuch zur Hand nehmen muss, um
die Inhalte zu verstehen.
In ihren großzügigen Häusern am Rande des
Kottenforstes verhalten sich die Menschen aber auch abweisend, stecken voller
Neid, sie meiden und beschimpfen Pilar. Alexa Thiesmeyer zieht gekonnt diesen
Spannungsbogen über die landschaftliche Schönheit des Kottenforstes, der
subtilen Psychologie der handelnden Personen und der unscharfen Rolle der
herumlungernden Jugendlichen, die gleichzeitig Leere und Aggression verbreiten.
Alexa Thiesmeyer; Foto: Michèle Lichte (www.bonnentdecken.de) |
Gemeinsam mit Freddy, einem Kommilitonen aus ihrer
Studienzeit, der vor 20 Jahren durch das Examen gerasselt ist, und nun eine
Detektei gegründet hat, die kaum Gewinn abwirft, so dass er auf dem Markt Obst
und Gemüse verkauft, geht sie auf Verbrecherjagd – ohne die Polizei. Der
Kontakt zur Kommissarin Michaela Ahrbrück im Polizeipräsidium ist zwar fest,
aber irgendwie schafft Pilar es jedesmal, wenn sie Beweise hat, dass sich diese
im Nichts auflösen, so dass sie unglaubwürdig wird. So begeben sich schließlich
Pilar und Freddy – der entsprechend seinem alternativen Lebenswandel entweder
mit seiner Citroen 2CV-Ente oder mit dem Fahrrad unterwegs ist – alleine auf
die Jagd nach dem Mörder. Diesen überwältigen sie schließlich, was auch Freddys
goldener Spürnase und Pilars mutigem Auftreten zu verdanken ist.
In ihrem zweiten Kriminalroman, Melbtal, wagt sich Alexa
Thiesmeyer hinein in die in sich abgeschlossene Welt eines Altenheims mit
rüstigen Rentnern und Rentnerinnen, hoch betagten Greisen und Greisinnen, aufopferungsvollem Pflegepersonal,
Krankheiten, Wehwehchen und Rollatoren. Wieder beschreibt Alexa Thiesmeyer mit
geradezu rheinischem Humor, wie der Privatdetektiv Freddy und Pilar auf eigene
Faust ermitteln und wie sie mit allerlei List und Tricks in den Mikrokosmos des
Altenheims eindringen.
Der Leser erlebt so manche Überraschung, denn außer
den beiden aktuellen Morden im Altenheim werden zwei ungeklärte, dreißig Jahre
zurückliegende Morde, die sich in eben jenem bedeutungsschwangeren Melbtal
ereignet haben, gleichzeitig aufgearbeitet. Und dann fügt sich bei der
Recherche nach den Mördern alles zusammen: Motiv, Täterprofil, Zeitpunkt, Indizien,
die Abläufe der beiden Morde passen. Pilar und Freddy haben alle Beweise
zusammen, um die Täter dingfest zu machen.
Doch das wäre zu einfach gewesen, wenn nach rund
zwei Dritteln des Buches der Fall gelöst worden wäre. Pilar und Freddy müssen
sich ihrem Schicksal ergeben, denn erneut blamieren sie sich bei der
Kriminalpolizei. Die Polizei verhaftet den Täter, nicht zuletzt unter
tatkräftiger Mithilfe von Pilars beiden Hunden. Die Beweiskette platzt aber, als
der Täter ein wasserdichtes Alibi hat. Wieder einmal erweisen sich Pilars
Recherchen als Hirngespinste einer theaterspielenden Hausfrau, so dass die
beiden ohne Mithilfe der Polizei in ihrer hemdsärmeligen Art weiter ermitteln
dürfen.
Wie im Krimi „Kottenforst“ ist die höchst
unterhaltsame Mischung dieselbe: dubiose Gestalten lassen den Leser
erschaudern, menschliche Abgründe tun sich auf, auch juristische Abgründe, da
ein skrupelloser Anwalt mit Leichtigkeit rechtsfreie Räume ausnutzt. Detail-
und facettenreich bewegt sich Pilar im Alltags- und Nachbarschaftsgeschehen,
ihre Warmherzigkeit steht gegen das rationale Kalkül potenzieller Verbrecher.
Gemeinsam mit Freddy läßt sie nicht locker, ermittelt hartnäckig und läßt sich
durch nichts aus der Ruhe bringen.
Lieber Dieter, ich hab noch keinen Bonn-Krimi gelesen, sehr wohl aber die Berndorf-Eifelkrimis... vor langer Zeit... :-),
AntwortenLöschenbeide Themen finde ich spannend und Bonn kenne ich natürlich,,, Bahnhof Kottenforst auch...
Schönes Wochenende
LG Marita
Hört sich aber auch wirklich spannend an und ich danke dir für die Vorstellung der Bücher. Könnte mir sehr gut vorstellen dass ich ebenfalls Probleme mit weglegen hätte^^
AntwortenLöschenWünsche dir und deiner Familie ein schönes Adventswochenende und sende herzliche Grüsse
N☼va
danke für die Buch-Tipps. Jetzt vor Weihnachten freuen sich bestimmt viele Leute über so einen interessanten Krimi :-)
AntwortenLöschenIch wünsche dir und deinen Lieben einen schönen 1. Advent
Herzliche Grüße von Heidi-Trollspecht
wow, danke für deinen krimitipp!!! ich fühle mich fast mit der hauptakteurin konform( schusselig etc.) ;-)
AntwortenLöschengglG an dich und deine familie und eine schöne adventszeit!
Lieber Dieter,
AntwortenLöschennachdem ich nun auch dein älteres Posting über Amir Valles Havanna-Krimi gelesen habe, ist mir klar, dass ich ebenso eindeutig wie du die Krimis von Alexa Thiesmeyer bevorzugen würde! Dass Morde zumeist nicht ganz ohne Brutalität abgehen und dass es manchmal ein grausiges Details gibt, damit kann ich ja noch leben, aber wenn eine Grausigkeit und all zu plastisch beschriebene Brutalität der nächsten folgt, dann vergeht es mir. Gern habe ich Krimis, die auch ein bisschen Humor beinhalten. Kennst du z.B. Wolf Haas und seine "Brenner-Krimis"? de.wikipedia.org/wiki/Wolf_Haas - die mag ich einfach sehr, wegen der unkonventionellen Erzähltechnik (der Erzähler spricht mit dir, als würde er mit dir am Stammtisch sitzen ;o)), der originellen Einfälle, der Psychologie, die in den Geschichten steckt, wegen des Lokalkolorits und der schrägen Hauptfigur, die ein echter Antiheld ist. Auch die von dir vorgestellten Geschichten samt Protagonisten klingen nach schräg-süffiger Unterhaltung, die werde ich mir auf jeden Fall vormerken!
Herzliche Rostrosen-Adventgrüße an dich und deine Lieben,
Traude