Raum, Ort, Zeit mussten stimmen. Es machte die
Schaffenskraft von Orten aus, wo er gut drauf war, wo der Funke zum Publikum
übersprang, wo sich eine magische Verbindung aufbaute, wo sich die Momente
seiner Komik entluden und beim Publikum ankamen. Halle, Lichteffekte, die
Anordnung von Stuhl- und Platzreihen, der Klang seiner Stimme, verstärkt im
Widerhall zwischen Wänden und Decken, nacktes Zielgelmauerwerk, unromantische
Stahlträger, die die Decke stützen. Das E-Werk in Köln-Mülheim, bis Mitte der
1980er Jahre befand sich dort das Umspannwerk des Elektro-Konzerns Felten &
Guillaume, danach wurde die Fabrikhalle zur Veranstaltungshalle umgebaut. Genau
an diesem Ort, an dem einst geschuftet, geackert und gearbeitet wurde, kam Kaya
Yanar auf Touren. Seine Pointen saßen, und das Lachen des Publikums hörte nicht
auf.
Kaya around the World, das war die Show, die uns
letzten Samstag erfreute. Irgendwie hatte es sich auch in diesem Herbst
ergeben, dass sich die Termine für die Comedy-Shows knubbelten. Am 24. August war
es Bernd Stelter, am 4. Oktober Mario Barth, schließlich am 25. Oktober Kaya
Yanar.
Und Kaya schwärmte davon, wenn sich die Gelegenheit ergab,
dass ihm sein Fernsehsender RTL den einen oder anderen Drehtermin rund um den
Globus besorgte. In seiner Rolle, in fremde Herren Länder mit fremden Sprachen
verfrachtet zu werden, fühlte er sich als Türke sichtlich wohl. Es geschah in
New York, wo er ganz zufällig in der Vorweihnachtszeit gelandet war.
US-Amerikaner müssen sich zu wahren Neurotikern entwickeln, wenn es um
Weihnachtseinkäufe geht. In der Drehtüre eines Warenhauses geriet er
aneinander, zu zweit stand er mit einem jungen Herren zusammen, der mit seinen
Ellbogen herum fuchtelte, pausenlos auf seinem Smartphone herum plärrte und
sich nicht darum scherte, wo seine Beine standen. „You fucking american guy“
entglitt es schließlich Kaya, als ihm das Zusammengequetsche zu brenzlig wurde.
Danach bäumte sich sein Gegenüber auf, er ballte seine Fäuste zusammen, sein drohender
Blick durchbohrte ihn. Daraufhin zuckte Kaya seinen Kugelschreiber aus der
Hosentasche, zeigte ihm diesen und der Amerikaner rannte weg, so weit er
konnte. Womöglich hatte er James-Bond-Filme gesehen, in denen kleinste Technik
in Kugelschreibern gewaltige Explosionen verursachen konnte.
Diese Leichtigkeit und Unbeteiligtheit, diese
Neugierde in seinen Fernsehauftritten in „Was guckst Du“, das wirkte locker,
leicht und gekonnt in all seinen sprachlichen Verwandlungen. Reiseangebote „All
Inclusive“ in Anthalya an der türkischen Riviera. Russen waren ihm aufgefallen,
wie sie, angeregt durch das ganztägige Speiseangebot, sich der Völlerei
hingaben. Das inspirierte ihn, erst einmal mehrere Minuten pausenlos nur noch
Russisch zu reden, mit solchen Wortschwallen, dass das Publikum sprachlos war.
Und er brachte China unter in seiner Komik. Mit
RTL hatte er einen Drehtermin, um mit Koala-Bären gefilmt zu werden. Abends im
Hotel an der Bar sprach der Barkeeper ein paar Wortfetzen Deutsch, aber mit
einem „L“ anstelle „R“, wie man es gemeinhin von Chinesen kennt. Dabei musste
sich sein Verstand verbiegen, wenn er kein „Türke“, sondern ein „Tülke“ war. Zu
seinem eigenen Erstaunen lernte schließlich der chinesische Barkeeper nach
mehreren Tagen die korrekte Aussprache von „Türke“.
Sein Auftritt war wie eine Metamorphose, in der er
sich dauernd selbst verwandelte. Er bedauerte, dass Französisch eine derjenigen
Sprachen sei, die er nicht sprechen könne. Dabei überzeugte seine
Selbstverwandlung. „Mon dieu“ oder „au revoir“, französischen Wortpassagen kamen
kaum vor. Anstatt dessen schweifte er aus in dem französischen Akzent, er ahmte
die Wortmelodie nach und vergaß beharrlich beim Buchstaben „H“ die Aussprache.
Wenn er ins Schweizerdeutsch wechselte, konnte er von seiner Schweizer Freundin
lernen. Mit der Türkei verband er sommerliche Temperaturen, er suchte die Wärme
und mied die Kälte, so dass er mit Skifahren ganz und gar nichts anfangen
konnte. Dennoch krempelte seine Freundin ihn um und brachte ihn auf die
Ski-Piste. Er hakte sich daran fest, wieso er eine Skibrille für 150 Schweizer
Franken kaufen müsse, während er die restliche Ausrüstung leihen konnte. Wozu
eine Skibrille, wenn er ohnehin mit dem Skifahren nichts anfangen konnte ? Den
Disput mit dem Verleiher erzählte er in Schweizerdeutsch – das war so viel
Komik in Situation und Sprache, die man Live erlebt haben muss.
Kaya Yanar ließ nicht aus, die Verbindung zu seinen
Wurzeln zu schlagen. Er sprach mir aus meinem eigenen Herzen, dass man mit
Lateinisch nicht allzu viel anfangen könne im Leben – mit wenigen Ausnahmen von
Medizinern oder Botanikern, denen die lateinischen Pflanzenbezeichnungen auf
der Zunge zergingen. Er orientiere sich lieber daran, was man machen könne und
bewegen könne. Er sei mehrfach verortet, in Deutschland und der Türkei. Er
fühle sich sogar als Weltbürger – ein wenig im Sinne von Goethe – wobei seine
Standbeine in Deutschland Frankfurt und Köln waren. In Frankfurt war er
aufgewachsen und hatte Abitur gemacht – und an seinem Gymnasium hasste er
Lateinisch wie die Pest. 1999 war er in Köln im Küppers-Biergarten entdeckt
worden, der heute nicht mehr existiert. Seitdem führte ihn RTL regelmäßig nach
Köln.
Ich mag ihn und wenn ich kann dann schaue ich mir auch "Geht's noch? Kayas Woche" an. Habe schon sehr viel über ihn lachen müssen.
AntwortenLöschenHerzliche Grüsse
N☼va
Ich sehe ihn mir auch gerne an .. ist ganz mein Humor. Leider noch nie live ..
AntwortenLöschenGruß vonner Grete