Samstag, 15. November 2014

Ghost Bike

Weiß lackiert, an eine Straßenlaterne angelehnt und mit einem schwarz eingerahmten Schild zwischen Sattel und Lenker des Fahrrads – so werden Autofahrer an das tragische Ereignis am 7. Dezember 2013 erinnert. Dass auch Fahrradfahrer im Straßenverkehr getötet werden, mag in den Unfallstatistiken eher eine Randnotiz sein, da Verkehrsunfälle, bei denen Fahrradfahrer getötet werden, vergleichsweise vernachlässigt werden können. Im Jahr 2013 war es gerade ein Anteil von ein Promille an allen Verkehrstoten. Dennoch geschah an diesem schicksalshaften 7. Dezember 2013 schreckliches.

Ein Fahrradfahrer befuhr tagsüber bei klaren Sichtverhältnissen die Straße „Landgrabenweg“ in einem Streckenabschnitt, wo an einem Kreisverkehr die Auffahrt zur Autobahn A562 nach rechts abbiegt. Der Radfahrer wollte die Straße „Landgrabenweg“ geradeaus weiter fahren, um zum Stadtteil Beuel zu gelangen. An der Stelle, wo die Rechtsabbiegerspur auf die Autobahn abbiegt, übersah eine 82-jährige Autofahrerin den Radfahrer, sie überfuhr den Radfahrer, ohne auf die Bremse zu treten. Der Radfahrer war auf der Stelle tot, der Notarzt kam zu spät.

Die Tradition der „Ghost Bikes“ stammt aus den USA. Dort werden weiß angestrichene Fahrräder als Mahnmale aufgestellt für Fahrradfahrer, die im Straßenverkehr getötet werden und die ständig ein Risiko darstellen, weil sie leicht übersehen werden können. Die „Ghost Bikes“ sollen Autofahrer auf Gefahrenpunkte hinweisen, wo sie besonders auf Fahrradfahrer zu achten haben.

2009 wurde in Deutschland erstmals in Berlin ein „Ghost Bike“ aufgestellt, 2010 folgte die Stadt Köln, im August 2014 wurde erstmals in Bonn ein „Ghost Bike“ - oder auch „Geisterrad“ - aufgestellt. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club hat organisiert, dass „Ghost Bikes“ - wie in den USA - ein Umdenken im Straßenverkehr anstoßen sollen. Dort wird diese Bewegung als „critical mass“ bezeichnet. So versammelten sich Ende August 130 Fahrrad-Aktivisten am Unfallort in der Landgrabenstraße, während das „Ghost Bike“ aufgestellt wurde, indem sie auf die gefährdete Situation von Fahrradfahrer aufmerksam machten und auch eine bessere Verkehrsinfrastruktur für Fahrradfahrer forderten.


Der getötete Fahrradfahrer hieß Michael Hübner und er starb 47-jährig. Das strafrechtliche Verfahren gegen die 82-jährige Autofahrerin läuft noch. In anderen Fällen gab es Verurteilungen wegen fahrlässiger Tötung.


Ich reflektiere auf mich selber, weil ich die Stelle kenne und auch selbst dort mit dem Fahrrad gefahren bin. Dies allerdings mit dem grundlegenden Unterschied, dass ich in die umgekehrte Richtung gefahren bin, wo es einen eigenen Fahrradweg gibt.


Dies ist der Fahrradweg, den ich benutzt habe. An dem Zustand gibt es nichts zu meckern, wobei anderenorts die Fälle aber zahlreich sind, wenn Bordkanten überstehen, Baumwurzeln den Asphalt zu Buckelpisten verformen oder Schlaglöcher zur bedrohlichen Falle werden.


In der anderen Richtung geht es nach rechts direkt auf die Autobahn. Dementsprechend ballt sich dort der Autoverkehr zusammen.

Ich selbst wechsele ungerne auf die linke Straßenseite, wenn dort ein Fahrradweg verläuft, weil mir die Wechsel zu unstetig sind. Sehr oft - das hat mir meine Erfahrung gelehrt - muss ich kurz darauf wieder auf die rechte Fahrbahnseite zurück wechseln, was lästig ist und was Zeit kostet. Wenn ich keine Ortskenntnisse gehabt hätte, wäre ich dieselbe Strecke gefahren wie der getötete Michael Hübner.




Das Mahnmal des Fahrrads finde ich originell und imposant. Ich hoffe, es hilft, dass Autofahrer sensibilisiert werden, dass sie Fahrradfahrer an Gefahrenstellen mehr beachten.

7 Kommentare:

  1. danke für die Info. Ich finde den Gedanken mit den Ghost-Bikes auch gut. Bisher habe ich nur Holzkreuze und Blumen am Straßenrand gesehen - warum also nicht auch solche weißen Fahrräder. Alles erinnert ... mahnt ... hält wachsam.

    lieber Gruß von Heidi-Trollspecht

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  2. Werde morgen dort vorbeikommen und darauf achten?
    Gute Nacht!
    Astrid

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  3. Ich finde diese Idee auch klasse, wobei ich mir vorstellen könnte das nur ein geringer Teil darauf wirklich achten wird bzw. es sich auch verinnerlichen wird. Eigentlich schlimm wenn überhaupt sowas gemacht werden muss um die Menschen zu sensibilisieren, sei es auf die Gefahren oder auch die Rücksichtnahme.

    ....und das gilt für alle Teilnehmer im Straßenverkehr ;-)


    Wünsche dir noch einen schönen Sonntag und sende herzliche Grüsse

    N☼va

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  4. Dein Beitrag ist berührend und aufrüttelnd.
    Es wird höchste Zeit, daß auch auf unfalltote Radfahrer aufmerksam gemacht und ihres unnötigen Todes gedacht wird!

    Da ich selbst auch jeden Tag mit dem Rad unterwegs bin, kenne ich die gefährlichsten Stellen in- und auswendig und kann mich dort auch entsprechend vorsehen - bin aber allein diese Jahr schon dreimal umgefahren worden. Jedes Mal lag es am Autofahrer, der "schnell" noch über die Straße fahren mußte, bevor es rot wurde. Wenn ich kann, benutze ich den Fußweg, wenn eben kein Radweg vorhanden ist. Deswegen hatte ich schon Diskussionen mit Polizei und Ordnungskräften - da auf dem Fußweg zu fahren nicht erlaubt ist - aber ich lasse mich nicht zwingen, auf einer Straße zu fahren, die ich als gefährlich kennengelernt habe. Der Knackpunkt ist der: ich als Radfahrer verliere immer, der Autofahrer gewinnt immer. Er hat schließlich eine Tonne Blech um sich herum - und ich als Radfahrer maximal einen Helm, um mich zu schützen. Mir als Verunglücktem ist es völlig wurscht, daß und ob er wegen Totschlags verurteilt wird... das tröstet höchstens die Familie (nein, nicht wirklich. Welche Summe und welches Strafmaß kann den Verlust eines Angehörigen aufwiegen?).

    Hoffen wir, daß sich in Deutschland baldigst und flächendeckend eine Fahrradkultur etabliert, die von gegenseitiger Rücksichtnahme und Respekt getragen wird. Beiträge wie der Deine tragen dazu bei. :-)

    Viele Grüße und einen schönen Sonntag - Sathiya

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  5. Da kann ich mich Sathiya nur anschließend: ich fand den Beitrag auch berührend und aufrüttelnd. Von diesen weißen Fahrrädern hatte ich noch nie gehört. Vielen Dank für den Post und trotz des Wetters einen schönen Sonntag! Martina

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  6. Ich habe noch nie ein solches Ghost-Rad gesehen bzw. vor deinem Artikel auch noch nie davon gehört ... vielleicht, weil ich selbst eben keine Radlerin bin. Eine tolle Idee, wenn auch mit traurigem Hintergrund.

    Ob die Autofahrer allerdings tatsächlich auch die Ghost-Räder wahrnehmen, die an Gefahrenstellen stehen würden, bezweifel ich ein wenig, denn viele sind heute einfach nur mit sich selbst beschäftigt :-(

    LG Frauke

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  7. Ich meine mich erinnern zu können, dass du damals von dem Unfall berichtet hast!??? Die Idee, mit dem weißen Fahrrad als Mahnmal finde ich richtig gut.
    Gruß vonner Grete

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