Das Motto dieser Radtour begegnete mir in Eudenbach. „Du
bestimmst, wann Sommer ist“ strahlte mich die Becks-Reklame an einer
Bushaltestelle an. Der Anstieg endete vorläufig in Eudenbach. Ich hechelte.
Einstweilen musste ich mich mit dem Werbeplakat begnügen. Gerne hätte ich etwas
gekühltes, erfrischendes getrunken, um meinen Durst zu löschen. Doch ich wollte
bis zur Pause in Eitorf warten.
Wenn der Wetterbericht stimmte, hatte ich den einzigen Tag in
dieser Woche mit brauchbarem Wetter erwischt. Bis zum Wochenende war wieder
Regen angesagt, Dauerregen sogar, der in Süddeutschland sintflutartig ausfallen
sollte. Über den ganzen Mai hinweg hatte das regnerische Wetter meine
Rennradaktivitäten sichtlich gehemmt.
Nun hatten sich Schönwetterwolken über den Rhein und das Siebengebirge
in Stellung gebracht, die Sonne lachte vom Himmel, erstmals seit Wochen waren
die Temperaturen über die 20 Grad-Marke geklettert. Über Kurven und Steigungen
hatte ich mich das Siebengebirge hoch gekämpft. Ende Mai tauchte ich die in die
bewaldete Überfülle von Grün ein.
Heisterbacherrott, Thomasberg, Oberpleis; hinter dem Flußlauf der Pleis hatte
ich mich die Steigung hoch geschraubt, auf dessen Höhe mich dieses Werbeplakat
„Du bestimmst, wann Sommer ist“ erfreute. Es passte genau auf dieses
sonnenüberflutete Wetter, das ich an diesem Tag genoss.
Eudenbach war ein lebendiges Beispiel für die Erfahrungen
diverser Bauherren: keine gebrauchte Immobilie kaufen, sondern neu bauen. In
Hanglage stand ein neu gebautes Haus neben dem nächsten, während längs der
Landstraße reihenweise gebrauchte Immobilien zum Kauf angeboten wurden. Vor der
Kirche konnte gleich ein ganzes Grundstück gekauft werden. Über dem Portal der
neuromanischen Kirche las ich auf Lateinisch: „Venite adoremus et procidamus et
ploremus ante dominum“. Mit meinen verblassten Schulkenntnissen in Latein fügte
ich zusammen, dass der Herr angebetet wurde.
Eudenbach gehörte zu Königswinter, das sich bis in die
tiefsten Winkel des Siebengebirges erstreckte. Nahtlos glitt die
Mittelgebirgslandschaft in den Westerwald nach Rheinland-Pfalz über. Landschaftlich
veränderte sich auf dem Höhenzug nicht viel, außer dass mir dieser Abschnitt in
Rheinland-Pfalz etwas einsamer vorkam. In den beiden Dörfern hinter Buchholz
gruppierten sich wenige Häuser um die Hauptstraße. Der Blick schwenkte in die
Ferne. Höhen und Täler wechselten ab. Geradeaus konnte ich den geraden Strich
der Bundesstraße 8 erkennen, wo sich der Autoverkehr vorwärts schob,
ferngesteuert wie von einer Geisterhand gelenkt. In die knackig grünen Wiesen
und Weiden mischten sich braun-weiße und schwarz-weiße Farbkleckse hinein. Hier
gab es sie noch, die Kühe, die auf unseren Feldern längst vollständig
verschwunden waren. Der Gegenwind blies über die freie Fläche. Zeitweise
erbarmte er sich und flaute ab.
Am Wegesrand fiel mir die kleine Kapelle mit einem
verschieferten Turm auf. Schüchtern zeigte ein grauer Stein zwischen dem
blendend weißen Anstrich ihr wahres Alter: 1857. Langeweile konnte in dieser
Abgeschiedenheit nicht aufkommen. Eine hölzerne Anzeigetafel kündigte neben der
Kapelle wichtige Ereignisse in dieser Region an: ein Lichterfest auf der
Freilichtbühne Mehren, ein Hahnenfest in Buchholz oder ein karnevalistisches
Fußballfest in Kölsch-Büllesbach – Karneval am vorletzten Maitag.
Mit einer atemberaubenden Abfahrt kehrte ich nach NRW
zurück. Hinter der Kreuzung mit der B8 ging es acht schöne lange Kilometer den
Berg hinunter. In Kurven, Kehren, Biegungen, Wendungen steuerte die Strasse in
das Tal der Sieg. Gemütlich und fröhlich konnte ich mein Rennrad rollen lassen.
Wie im letzten Jahr, ärgerte ich mich über Motorradfahrer. Sie ließen die Sau
raus, ignorierten Geschwindigkeitsbegrenzungen, legten sich so scharf in die
Kurven, dass einem angst und bange werden konnte.
Eitorf, diese Stadt mit dem blassen, identitätslosen,
einfallslosen, langweiligen Zentrum, gehört zum Standard-Repertoire meiner
Radtouren, weil die Strecke – mit Ausnahme von Eitorf – berauschend schön ist
und weil der Streckenverlauf genau zu meinem Leistungsvermögen passt. Eitorf
klingt wenig sinnhaft wie dieser metallene Kasten mit dem Glasdach darüber. Bei
näherem Hinsehen habe ich festgestellt, dass E-Bike-Besitzer dort ihr Fahrrad
aufladen können. Na also. Diese komische Ansammlung aus Blech und Glas machte
also doch Sinn.
Eitorf habe ich den Rücken gekehrt, ich habe Kurs auf das
Siegtal genommen, den Sinn war ohnehin geklärt. Dann Pause am Schnellimbiss. „Du bestimmst, wann Sommer ist“
reflektierte ich den Werbeslogan, der zu dem strahlend blauen Himmel passte. Der
Werbung blieb ich nicht treu, denn ich trank Bitburger anstelle Becks. Und ich
trank kein Biermischgetränk, sondern reines Bier, das den Durst löschte, meine
ausgetrocknete Kehle zu neuem Leben erweckte und neue Kraftreserven aufbaute.
Die 35 restlichen Kilometer nach Hause schaffte ich in einem
Stück, wobei keine spektakulären Steigungen dabei waren. Immer der Hauptstraße
entlang, ab Hennef über den Siegtalradweg, die letzten Kilometer durch die
Felder. Am Ziel angekommen, war ich 70 Kilometer geradelt und hatte vier
Stunden dafür gebraucht.
Da hast du den bislang wirklich einzigen Sonnentag optimal genutzt. Danke für die tolle
AntwortenLöschenReisebeschreibung und die Fotos.
Einen stressfreien Tag wünscht dir
Irmi
Schöne Eindrücke von einem sonnigen Tag! Und die 4h waren ja sicher nicht reine Fahrzeit, wenn man die Zeit bedenkt, die man braucht um ein paar Schnappschüsse zu machen. Bist ja ganz schön fit :)
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
N.
Toller Ausflug, schöner bericht!
AntwortenLöschenLG
Astrid
Da hattest Du den richtigen Tag für Deine Radtour ausgesucht Dieter.
AntwortenLöschenTrocken und Sonnenschein. Schöne Eindrücke hast Du mitgebracht.
Liebe Grüße
Angelika
Oh man ich würde nach diesen kilometern vom Rad kippen -lach-
AntwortenLöschenTolle bilder, ein toller Bericht!
Ich glaube ein bisschen Sommer war da auf alle Fälle dabei :-)
Lieben Gruß aus den Bergen, Michaela
Wir haben auch diesen einen, einzigen Tag gestern genutzt, in der Eifel. Das mit dem Bestimmen klappt leider nicht. Ich habe bestimmt, dass heute auch noch Sommer ist, aber leider regnet es einfach immer weiter ;-) und ich gehe wieder langärmelig. Also zehren wir von gestern ...
AntwortenLöschenLG, 'Franka'
Nice village, it's a beautiful blend of peace, calm and beauty. LieBe GrüBe.
AntwortenLöschenDanke dass du uns mal wieder mitgenommen hast. Eine tolle Radtour die du gemacht hast, und Gott sei Dank hatte Petrus einen guten Tag. Absolut witzig finde ich es mit dem Plakat, da hast du einen tollen Anfang gefunden und es passt wie die Faust aufs Auge.
AntwortenLöschenLiebe Grüssle
Nova
Hallo Dieter,
AntwortenLöscheneinen schönen Fahrtbericht hast Du uns vorbeigebracht- so ans Haus gebunden, konnte ich mich wenigstens gedanklich auf Tour begeben.
Hier klart es gerade auf- es wird doch wohl nicht etwa ein sonniger Tag?
Beste Grüße, Jo
Ein ganz spannender Fahrtbericht! Ich finde es einfach interessant, was dir am Wegrand so alles auffällt (was den vorbeirasenden Motorradfahrern verborgen bleibt!). Motorradfahrer sind hier auch ein Problem. Die Bergwacht und der Malteser Hilfsdienst hier im Ort können ein Lied davon singen. Seit die alte Rennstrecke am Schauinsland von Freiburg aus sonntags für Motorradfahrer gesperrt ist, brettern alle natürlich von der anderen Seite dort hoch. Apropos Schauinsland: auf der historischen Rennstrecke gibt es immerhin noch offizielle Radrennen! Das wäre was für dich! :-)
AntwortenLöschenUnd vor allem: ich bewundere deine Kondition! Bravo!
LG Calendula
Ohja, "Du bestimmst wann Sommer ist..." Ich bin ja ein wenig auf Deine Radelberiche neidisch, weil dieses Jahr hab ich erst ein Mal hingekriegt, mich aufs Fahrrad zu schwingen. Das Wetter ist mir zu schlecht, also ich bestimme nicht so ganz, wann Sommer ist. Aber bei Euch im Rheinland ist es ja sowieso immer ein wenig besser.
AntwortenLöschenUnd die Strecken, die Du zurücklegst, beeindrucken mich immer.
Liebe Grüße
ich habe deinen Bericht von der Radtour auch wieder sehr gerne gelesen.
AntwortenLöschenDas Foto mit dem Rad in der Bushaltestelle mit der Reklame finde ich ganz toll :-)
lieber Gruß von Heidi-Trollspecht
Hallo (◠‿◠)
AntwortenLöschenDanke, dass du uns teilhaben lässt. Die Impressionen sind klasse und der Fahrtbericht schönen! Toll hast Du Sonnentag genutzt, indem Du die Radtour nach Eitorf gemacht hast und wachsam am Wegesrand warst.
Danke für deinen cmt.: Ja, mit den handwerklichen Fähigkeiten ist das so 1 Prob.! Wir alle sollten sie haben, gerade im Eigentum wichtig, aber mir und auch Freunden geht es in diesem Punkt leider ganz genauso wie dir.
Gruß, Wieczora (◔‿◔) | my photoblog
Hallo Dieter
AntwortenLöschenDanke für diesen tollen Bericht. Schön war's auf der Radtour.... Leider gibt's bei uns momentan kein "Radtour-Wetter". Es regnet, regnet und regnet....
Danke auch für Deinen lieben Kommentar auf meinem Blog.
Ich wünsche Dir ein gemütliches Wochenende und grüsse Dich herzlichst Yvonne
Hihi, du trinkst Bier und fährst dann noch Rad ? Dieter *tzzzzz* ;-) Ne, Scherz natürlich :-)
AntwortenLöschenEine schöne Strecke scheint es zu sein. Eitorf kenne ich nur vom Namen her. Ich war mal in einem Vorort von Eitorf, da war es sehr ländlich und ruhig.
Danke, dass du uns mit auf die Reise genommen hast :-)
na ja eine perle ist eitorf wirklich nicht aber.....die umliegenden dörfchen sind sehr schön, idyllisch und heimelig
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