Fernsehkrimis gehören zu
unserem Standard-Repertoire der Unterhaltung. Doch gestern Abend stockte uns
der Atem. Die Effekthascherei, um den Zuschauer bei der Stange zu halten, wurde
mir zu brutal. In dem Film „Spuren des Bösen“ auf ZDF Neo hatte ein junger
Mann, Mitte 20, Spielschulden angesammelt. Zwei andere Jungs packten ihn mit
dem Griff eines Bulldoggen in eine amerikanische Limousine der 50er Jahre. Da
der Junge Mann nicht zahlte, verlieh der Bandenchef seinen Geldforderungen
Nachdruck und schnitt ihm mit einer Teleskopschere den kleinen Finger ab.
Danach erhöhte er seine Forderung auf 20.000 €, verlangte je Woche eine
Rückzahlung von 1.000 € und warf ihn halb verblutet auf die Straße.
Solch einen Ausbruch von
Brutalität hätten wir auch in unserem Nachbarort haben können. Viel schlimmer:
der junge Mann aus dem Film „Spuren des Bösen“ verblutete nicht und blieb am
Leben. In unserem Nachbarort findet sich hingegen ein Zeitgenosse des römischen
Reiches, der regelrecht gegrillt worden ist. Römische Soldaten haben ihn auf
einen Rost gebunden, Feuer angezündet und solange auf dem Feuer hin- und
hergewendet, bis er starb. Soviel Brutalität kann glatt mit jedem Fernsehkrimi
konkurrieren. Das geschah in Rom im Jahr 258. Die dazugehörigen Spuren sind an
der Kirche unseres Nachbarortes zu finden. Der Rost, den der Heilige Laurentius
in seiner Hand hält, symbolisiert seine Verbrennung.
Es war um das Jahr 200, als
das römische Reich an seinen Rändern zerfiel. Von Osten fielen die Hunnen ein,
germanische Stämme überquerten den Rhein, die Wikinger eroberten die
Nordseeküste. Über mehr als einhundert Jahre geduldet, betrachteten die
römischen Kaiser das Christentum als neue Gefahr, da es die Machtstrukturen und
die heidnischen Bräuche der Römer in Frage stellte. Schließlich setzte mit dem
römischen Kaiser Valerian um 250 die Christenverfolgung ein. Diese endete erst
im Jahr 313 mit dem Toleranzedikt von Kaiser Konstantin, der das Christentum
als gleichberechtigte Religion anerkannte. Zeitweise kam es während der
Christenverfolgung zu einem regelrechten Völkermord. Der Heilige Vitus, der
Heilige Georg, der Heilige Sebastian oder der Heilige Quirinus sind andere
bekannte Heilige aus dieser Epoche.
Der Heilige Laurentius wurde
226 in der spanischen Provinz Aragon geboren. Der spätere Papst Sixtus II nahm
ihn sozusagen als rechte Hand mit nach Rom, als er in Spanien weilte. So wurde
er Erzdiakon, als Sixtus II. 257 zum Papst ernannt wurde. Doch unmittelbar nach
der Ernennung gab es einen Erlass des Kaisers Valerian, dass Gottesdienste der
Christen verboten wurden. Alle christlichen Amtsträger sollten hingerichtet
werden. Der Völkermord an die Christen konnte beginnen. Das Gemetzel wurde
damit eingeleitet, dass der Papst Sixtus II. gefangen genommen wurde.
Bis der Heilige Laurentius
gefangen genommen wurde, dauerte es noch ein Weilchen. Zuvor sollte er den
Kirchenschatz an die Römer übergeben. Er zögerte und meinte, er bräuchte noch
zwei bis drei Tage. Danach erschien er vor dem Kaiser mit einer zerlumpten
Schar von Bettlern, Blinden, Lahmen und Krüppeln. Der Kaiser Valerian wunderte
sich und fragte: “Wo sind die Schätze, die herbeizuschaffen Du versprochen hast
?“ Laurentius antwortete: „Siehe, dies hier sind die ewigen Schätze.“
Weil Valerian sich provoziert
fühlte, sollte der Heilige Laurentius sterben. Zuerst wurde er gefoltert. Die
Amputation des kleinen Fingers in dem Film „Spuren des Bösen“ war eine
Kleinigkeit gegenüber dem, was der Heilige Laurentius durch machte. Erst wurde
er ausgepeitscht. Für die letzte Folter wurde ein Bettgestell mit drei Latten
herbei gebracht. Laurentius wurde entkleidet und auf das Eisengestell
ausgestreckt. Man brachte Feuerschaufeln mit glühenden Kohlen herbei und schob
sie unter das Eisengestell. Immer wieder wurden Kohlen ins Feuer gelegt. Sein
Körper wurde mehrfach gedreht und über den glühenden Kohlen geröstet. Am 10.
August 258 starb der Heilige Laurentius.
An Standhaftigkeit war er
nicht zu überbieten. Anstatt Todesschreie von sich zu geben, rief er: „Dir sage
ich Dank Jesus Christus, der Du mich gewürdigt hast, standhaft zu bleiben !“
Nach dem Toleranzedikt ließ
Kaiser Konstantin um 400 auf dem Grab des Heiligen Laurentius eine Kirche
errichten. In Rom ist der Heilige Laurentius der bedeutendste Heilige. Im
Verlauf der Jahrhunderte wurden in Rom 30 weitere Kirchen gebaut, die dem
Heiligen Laurentius geweiht wurden. In Deutschland wurde dem Heiligen Laurentius
ebenso Kirchen geweiht, darunter im Jahr 795 eine erste Kirche in unserer
Nachbargemeinde. Diese Kirche wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört und
1666/1667 neu gebaut.
Der Heilige Laurentius dürfte
auch den Weinkennern ein Begriff sein. Die Rotwein-Rebe St. Laurent reift um
den 10. August, dem Todesdatum des Heiligen Laurentius. Der Rotwein ist süffig
und trocken. Ein leckeres Tröpfchen.
Manchmal ist es einfach zu viel Brutalität, die so manche Krimis uns vorsetzen, das muss ich mir dann nicht antun.
AntwortenLöschenAber die Geschichte zeigt uns, dass Grausamkeiten wohl schon immer die Menschen heimsuchten und daran wird sich wohl auch nichts ändern.
Oh ja, der St. Laurent ist wirklich ein edles Tröpfchen. :-)
Liebe Grüße und dir eine schöne neue Woche
Christa
Oh ja, die Geschichte hat schon sehr viel Brutalität "geschrieben", siehe deinen interessanten Post oder auch die Hexenverbrennungen, und darüber nachgedacht was die Gier des Zuschauens schon eine Art des TV's von heute.
AntwortenLöschenHab einen schönen Tag und herzliche Grüsse
Danke für die ausführliche Berichterstattung Dieter. Sehr informativ, aber erschreckend zugleich, was dem Heiligen Laurentius wiederfahren ist.
AntwortenLöschenDie Geschichte der Welt war, ist und wird immer wieder von solchen brutalen Taten gespickt sein. Und das einzige Lebewesen, das so etwas zustande bringt, ist der hochgelobte und sich selbst "Krone der Schöpfung" nennende Mensch :-(
Dank je wel voor deze posting. Het is beangstigend, dat geweld.
AntwortenLöschenIch bin eigentlich auch ein Krimifan - aber wenn es zu
AntwortenLöschenbrutal wird, mag ich es nicht sehen.
Brutalität hat es immer gegeben und wird es auch weiter geben.
Aber deine Ausführungen sind wieder Klasse.
Einen schönen Abend wünscht dir
Irmi
Was für ein Vergleich und was für ein interessanter Post! Lebens- und Leidensgeschichten von Heiligen haben bei mir bisher nicht viel Begeisterung geweckt, so verpackt fand ich es total lesenswert!!!
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