Ich wage mich an das
Unglaubliche und Unvorstellbare heran. Welches sind die schlimmsten Übel der
Geschichte ? Kriege ? Völkermord ? Folter ? Hexenverbrennungen ? Unterdrückung
? Ausbeutung ? Tyrannen ? Dann war da noch der schwarze Tod im 14. Jahrhundert.
Die Pest hatte sich von China aus über das Schwarze Meer über Straßen und
Handelswege immer weiter ausgebreitet und entvölkerte ganze Landstriche in
Europa. Die Pest war schlimmer als alle Kriege und in manchen Gegenden
überlebte gerade ein Drittel der Bevölkerung.
Mit der zentralen
Wasserstraße des Rheins machte die Pest natürlich auch vor dem Rheinland nicht
Halt. 1349 erreichte die Pest Köln. Erst rund 500 Jahre später entdeckte die
medizinische Forschung den Übeltäter: den Pestfloh.
Rund 600 Jahre später
beschreibt Albert Camus in seinem Roman „Die Pest“ – der in Algerien spielt –
wie es vielleicht in Köln 1349 ausgesehen haben könnte:
„Der Wind erhob sich und
wehte mehrere Tage lang durch die verpestete Stadt. Der Wind wird von den
Einwohnern besonders gefürchtet, weil sich in der Ebene kein natürliches
Hindernis entgegenstellt und er deshalb mit seiner ganzen Heftigkeit in die
Straßen hinein stürmt. Die Stadt war nach den langen Monaten, da Regen kaum
Erfrischung gebracht hatte, mit einer grauen Schicht überzogen, die unter den
Windstößen abblätterte. Staub- und Papierwolken wirbelten auf und peitschten
gegen die Beine der seltener gewordenen Spaziergänger., die vorn übergebeugt
über die Straßen eilten und ein Taschentuch oder die Hand auf den Mund drückten.
Am Abend sah man kleine Gruppen von Leuten, die nach Hause oder ins Café eilten,
um die Tage, von denen jeder der letzte sein konnte, möglichst zu verlängern.
So waren die Straßen mehrere Tage in der Dämmerung, die um diese Zeit viel
schneller herein brach, menschenleer, und nur der Wind klagte unaufhörlich. Die
verlassene, staubgebleichte Stadt, erfüllt vom Heulen des Windes, stöhnte dann
wie eine unselige Insel.“
Nicht unweit von der
Haupt-Einkaufsmeile in Köln, dem Neumarkt, stößt man auf Zeitzeugen der Pest,
die an das Jahr 1357 erinnern. Es sind zwei Pferdeköpfe, die aus einem Turm
herausragen. Was haben ein Turm und Pferde mit der Pest zu tun ?
Eine medizinische Forschung
in heutigem Sinne gab es noch nicht. Die Medizin hatte noch die Stellung in der
Antike. Naturwissenschaftliche Denkansätze entwickelten sich erst in der
Neuzeit. Daher waren die Menschen hilflos der Epidemie ausgeliefert.
Pestbeulen, Fieber, Schüttelfröste wucherten vor sich hin. Die Totengräber
kamen mit dem Ausheben der Gräber nicht nach. Auf den Friedhöfen fanden die
Toten kaum noch Platz.
Die Menschen suchten Erklärungsmuster
in der Religion. Oftmals wurde die Pest als Strafe Gottes für begangene Sünden
betrachtet. Die Menschen wurden fromm, sie achteten auf einen moralisch einwandfreien
Lebenswandel. Prozessionen wurden abgehalten. Die Menschen riefen den
Pestheiligen Rochus an.
Als die Pest in Köln wütete,
fand 1357 der Kölner Bürgermeister Rudolf Mennegin von Aducht seine Ehefrau
Richmodis tot in ihrem Haus vor. Er trauerte sehr, ließ seine Ehefrau auf dem
Friedhof der Kirche St. Aposteln begraben, wobei er kostbaren Grabschmuck in
die Grabstätte hinein gab. In der Nacht nach dem Begräbnis öffneten Räuber das
Grab, um den Schmuck zu klauen. Als sie den Deckel des Grabes öffneten, stieg
Richmodis aus dem Grab, da sie gar nicht tot war. Die Grabräuber rannten weg,
Richmodis nahm deren Laterne und rannte nach Hause zurück. Als Richmodis im
Totenhemd anklopfte, wollte niemand sie herein lassen, weil man sie für einen
Geist hielt. Selbst ihr Ehemann glaubte, es sei ein Geist, und er rief aus:
„Eher galoppieren meine beiden Pferde die Turmtreppe hinauf, als dass meine
Frau aus dem Grab aufersteht !“ In demselben Moment hörte er seine beiden
Pferde wiehern. Sie trampelten den Turm hinauf, aus dem sie mit ihren Köpfen
herausschauten. Er ging zur Haustüre. Es war tatsächlich seine Ehefrau, und sie
lebten noch viele Jahre glücklich zusammen.
1650, als die Pest erneut
Köln heimsuchte, wurde die Richmodis-Sage wieder belebt. Ein Kupferstich, der
die Sage erzählte, wurde in der Kirche St. Aposteln aufgehängt. In dem Haus, in
dem der Bürgermeister Rudolf Mennegin von Aducht 1357 gewohnt haben soll, wurde
in dieser Zeit der Richmodisturm mit den beiden Pferdeköpfen gebaut, wie man
ihn noch heute vorfinden kann.
Im Jahr 2000 wurde übrigens
die Pest in Köln zu neuem Leben erweckt. In einem Fernsehfilm wurde das
Katastrphen-Szenario gespielt, dass die Kanalisation von Ratten überquillt und
dass ein Obdachloser an der Pest erkrankt ist. Der Tatort-Kommissar Dietmar Bär
spielte übrigens eine Hauptrolle in dem Film.
Krankheitserreger können mutieren
und resistent werden. Die Pest griff in dem Film um sich, bis die medizinische
Forschung ein Gegenmittel entwickelte, die Seuche eindämmte und die Todesfälle
gegen Null gingen. Das Unglaubliche und Unvorstellbare war zum Greifen nah. Das
war fiktiv, Film, Phantasie, abseits der Realität.
Als ich den Film sah, war mir
zumute, als ob mir der Atem stehen geblieben war.
Lieber Dieter, beachtlich der Bogen, den du heute schlägst! Hat Spaß gemacht, den Post zu lesen! Nur wenn es um Fernsehfilme geht, da kann ich als Abstinenzler nicht mehr mithalten ;-).
AntwortenLöschenEin schönes Wochenende!
LG
Astrid
Eine spannende Geschichte Dieter, ja die Pest hat überall im Land gewütet und die Menschen sahen es als Strafe Gottes an.
AntwortenLöschenDen Film habe ich wohl nicht gesehen.
Danke für die interessanten Hintergrundinfos.
Schönes Wochenende und liebe Grüße
Angelika
Eine sehr interessante Geschichte. Seuchen begleiteten die Menschheitsgeschiche sehr lange. Sogar noch Anfang des 20. Jahrhunderts grassierte z.B. die Spanische Grippe, ohne dass viel dagegen getan werden konnte. Bis es die Möglichkeit der Impfung gab, war noch ein langer Weg.
AntwortenLöschenJetzt weiß ich, wieso da oben am Turm zwei Pferde zu sehen sind! Habe ich nicht gewusst!
Liebe Grüße
Calendula
Ja, an die Geschichte, den Turm und die Köpfe kann ich mich auch noch erinnern. Danke dass du sie mir wieder ins Gedächnis zurückgerufen hast :-)
AntwortenLöschenDie Pest auf die heutige Zeit bezogen braucht es nur einen "Idioten" der Biowaffen einsetzt und schon wäre das Szenario viel heftiger. Möchte man sich gar nicht vorstellen :-(((
Hab ein schönes Wochenende mit viel Sonnenschein
liebe Grüssle
Nova
Wie gut, dass es heute Antibiotika gibt und auch schnell übertragende Informationssysteme, die uns rechtzeitig vorwarnen, wenn in China wieder eine neue Vogelgrippe-Variante auftritt. Manche Vorsorgeaktivitäten sind sicher übertrieben, aber wenn man die Informationen, die es in der heutigen Zeit gibt ignorieren würde, könnte es eben auch mal ganz schnell fahrlässig werden. Da ist ein gesundes Mittelmaß gefragt.
AntwortenLöschenViele Grüße und ein schönes Wochenende wünscht dir
Arti
Halluuu Dieter, (◠‿◠)
AntwortenLöschenEin interessanter Post, mit einer spannenden Geschichte, die du uns heute präsentierst. Ich finde es gut, sich an solche Dinge von Zeit zu Zeit mal wieder zu erinnern. Wir bekommen von allen Seiten so viel Input und vieles von dem früher gelernten und gelesenen Wissen geht verloren.
Danke für deinen Kommentar. (≧◡≦) Die Manigfaltigkeit der Meinungen finde ich immer sehr interessant. Ich habe diesemal im neuen Post darauf geantworte, da ich heute noch eine Fortsetzung von der Demo gebloggt habe.
Dir und deiner kleinen Familie ein wunderschönes Wochenende, Gruss - Wieczora (◔‿◔) | Mein Fotoblog
Sehr informativ,
AntwortenLöschensehr interessant und vor allem -
sehr spannend...war dieser Post!
Ich mag deine Themenauswahl sehr...die Geschichte kannte ich zum Beispiel noch nicht.
Viele Grüße,
Line
Ich liebe historische Romane und da war das schon ein richtiger Leckerbissen. Vielen Dank.
AntwortenLöschenSehr interessant, und gut und fesselnd geschrieben.
AntwortenLöschenIch kenne "Die Pest in London" von Daniel Defoe, "Die siebte Geißel" von Ann Benson und auch den Film, den Du erwähnst. Ich hoffe nur, daß für einen solchen Fall tatsächlich funktionierende Katastrophen-Notfallpläne existieren... :-)
Ein schönes Wochenende, Sathiya
Dieter, eine anschauliche Schilderung.Ich kenne auch die vorgenannten Bücher.
AntwortenLöschenDen Film mit Dietmar Bär habe ich nicht gesehen.
Hoffentlich kann diese Krankheit nicht mehr aufflammen und wenn ja, haben
wir das richtig Medikament.
Einen schönen Samstagabend wünscht Dir
Irmi