Freitag, 29. März 2013

Gründonnerstag, witte donderdag und Jeudi saint

Obschon die Abendstimmung abweisend und kalt war, fühlte ich mich von der Kirche magisch angezogen. Ich war die Anhöhe hochgeradelt, auf der bereits im 4. Jahrhundert die Franken gesiedelt hatten. Ich ruckelte über das spröde Kopfsteinpflaster. Die Steine waren aschgrau wie der Sockel, über den sich das weißgestrichene Mauerwerk der Kirche erhob. Der Lichtschein im Inneren hinter den Rundbogenfenstern war dumpf. Der langatmige Klang einer Orgel hatte eingesetzt.


Gründonnerstag. In der Kirche feierten die Gläubigen das Abendmahl.  Es ist bestimmt Jahrzehnte her, dass ich Gründonnerstag in die Heilige Messe gegangen bin. Ich erinnere mich, als ich Messdiener war, dass der Gründonnerstag entspannt war vor den dramatischen Ostereignissen. Karfreitag, das war pure Brutalität, einen Menschen ans Kreuz zu nageln. Die Osternacht, die Auferstehung, das war mir zu feierlich, obschon diese Nacht den Kern christlicher Botschaft umfasste.

Grün, Greinen: wir Deutschen sind ungefähr die einzigen in Europa, bei denen dieser Donnerstag Grün ist. Greinen ist Althochdeutsch und bedeutet „weinen“ oder „wehklagen“ in dem Sinne, dass die Exkommunizierten wieder am Abendmahl teilnehmen durften. Wie die Farbe Grün in den Donnerstag hinein gerutscht ist, ist aber umstritten – so gibt es andere Erklärungsversuche, dass Grün in der späten Antike die liturgische Farbe des Donnerstags gewesen ist.

Das letzte Abendmahl: nachdrücklich in meinem Gedächtnis ist ein Gemälde von Jacob Jordaens (1655) haften geblieben, das ich in den 80er-Jahren im Kunstmuseum in Antwerpen gesehen habe. Die naturalistische Darstellung, das gemeinsame Beisammensein, die Lockerheit; auch der entspannte Gesichtsausdruck von Jesus und seinen zwölf Jüngern geben genau diejenigen Eindrücke der Abendmahlsfeier wieder, die ich in meiner Jugendzeit hatte.
Jacob Jordaens (1655); museum voor schone kunsten Antwerpen
Ein wesentliches Symbol des Abendmahls, die Fußwaschung, hat in diesem Jahr der Papst aufgegriffen, indem er sich in ein Jugendgefängnis begeben hat und zwölf Gefangenen die Füße gewaschen hat. Zweifellos eine schöne Geste.

Die Abendmahlsfeier habe ich definitiv in diesem Jahr verpasst. Denn ich habe erst gegen 18 Uhr mein Büro verlassen. Und dies durchaus mit einem positiven Anlass, dass ich gemeinsam mit meinem Chef in einer Sitzung der Geschäftsführung anwesend sein durfte. In meinen dreißig Dienstjahren war dies in der letzten Woche das erste Mal der Fall, in dieser Woche das zweite Mal. Das war gut und entspannt gelaufen, alle Fragen konnten wir beantworten, alle waren zufrieden. Das hat mich gefreut, dass sich die Unternehmensspitze dafür interessiert, was wir machen und welche Ergebnisse bei unserer Arbeit herauskommen.

Wenn ich wieder die Fußwaschung betrachte, so gibt diese den Anstoß für eine andere Farbgebung des Donnerstags. „Witte donderdag“ heißt der Gründonnerstag in den Niederlanden. „Witt“, das bedeutet „weiß“ und bezieht sich auf die Reinheit der gewaschenen Füße. Genauso wird der Gründonnerstag auch in Schweden genannt, aber nicht „weiß“, sondern „rein“. „Skärtorsdag“ heißt dort der Gründonnerstag, wobei „skär“ rein bedeutet.

Heiliger Donnerstag, diese Bezeichnung findet sich in den meisten Ländern wieder, in denen ich über andere Bloggerinnen nachgefragt habe. „Jeudi saint“ in Frankreich, „Jueves santos“ in Spanien oder άγιος in Griechenland. In Spanien ist die Verschiebung der Feiertage bemerkenswert: der Gründonnerstag ist bereits Feiertag, der Ostermontag ist dafür Werktag. Dabei wird in manchen Gegenden in Spanien eine Prozession durchgeführt, in der weiße Gewänder am Gründonnerstag dunkelviolette Gewänder aus der Fastenzeit ablösen.

Wahrscheinlich überall schweigen nach der Abendmahlsfeier die Glocken. Anstatt dass die Glocken läuten, werden knarrende Töne über Rasseln erzeugt. In Deutschland habe ich dies früher in der Rhön oder im Fichtelgebirge erlebt (wo wir zufälligerweise über die Ostertage waren). Bei uns im Rheinland kenne ich diesen Brauch nicht. In Frankreich gibt es diesen Brauch genauso, wobei in manchen Gegenden für die Jugendlichen zum Dank für das Rasseln Omeletts gebraten werden.

Geradewegs fuhr in von der Kirche aus, in der das Abendmahl gefeiert wurde, nach Hause. Erst nach 19 Uhr würde ich zu Hause sein. Dort würde ich zuerst alle viere von mir strecken. Ich freute mich auf die Ostertage. Vor allem, dass ich ausschlafen konnte. Sofern unsere Kleine nicht putzmunter gegen 6 Uhr oder halb 7 durch unsere Betten toben würde. Komisch: wenn sie zur Schule geht, haben wir Probleme, sie gegen halb 7 aus dem Bett zu bekommen.

13 Kommentare:

  1. Hallo Dieter,
    schön, dass Du hier den Gründonnerstag aufgreifst... ich bin früher nie an diesem Tag bzw. Abend in die Kirche gegangen, seit 7 Jahren jede Jahr. Schließich singe ich im Kirchenchor... gestern Abend schöne stimmige Lieder aus Taizé, "Ubi caritas" u d am Ende "Bleibet hier und wachtet mit mir", einen Kanon.
    Soso, Du warst Messdiener... interessant.
    Anmerken möchte ich, dass im Vorgebirge "geklappert" wird, der Brauch ist auch im Rheinland heimisch.
    Schöne entspannte Ostertage wünsche ich Euch-
    Viele Grüße
    Marita

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  2. Bei uns hier kenne ich das auch, dass statt Glockengeläut knarrende Geräusche erzeugt werden.
    Ich wünsche dir und deiner Familie frohe Ostertage
    LG Calendula

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  3. Hola Dieter, schön dass du es aufgegriffen hast, und doch auch interessant das du irgendwie magisch angezogen wurdest. So finde ich aber klasse sich auch dem tatsächlichen Ostern zu besinnen, den Kommerz mal wirklich aussen vor zu lassen und momente der Einkehr zu fühlen.

    Mit dem Papst und der Fußwaschung habe ich auch von gelesen. Da kann man wieder den Franziskaner in ihm sehen^^

    Wünsche dir und deiner Familie jedenfalls ein frohes Osterfest, und hoffentlich die Geduld eurer Lütten euch länger schlafen zu lassen.

    Herzliche Grüssle

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  4. Einen wunderschönen guten Morgen, lieber Dieter!
    Das sind herrliche Motive, die Du uns wieder einmal zeigst! KLASSE!
    Ich wünsche Dir einen sonnigen Ostersamstag!
    Liebe Grüße,
    Claudia

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  5. Guten Morgen, Dieter (◠‿◠)
    Schönes Thema der Gründonnserstag und die Fotos gefallen mir auch. Wusstest du dass Karfreitag Tanzverbot ist? Ostern ist wirklich so ein Anstoss, zu dem wir viel nachdenken, erinnern und dazu lernen oder vergegenwärtigen können.
    Besten Dank für deine lieben Ostergrüße.
    Auch für dich und deine Liebsten wünsche ich ein erholsames Oster-WE mit einem gesegneten Fest.

    Beste Grüße, Wieczora (◔‿◔) | Mein Fotoblog

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  6. Hej Dieter
    Ostern ist eine zutiefst menschliche Ausdrucks- und Glaubensform an die Fortsetzung des Lebens und ist es einmal mehr wert, sich aus verschiedenen Blickwinkeln darüber Gedanken zu machen.

    ein freudig-freundliches Osterwochenende wünscht Dir und Deiner Familie
    Beate

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  7. Ostern hat ja einen tieferen Sinn als nur die kommerziellen Dinge, die wir damit assoziieren und es stimmt, in vielen Regionen gehört der Gründonnerstag schon quasi als Feiertag zum Osterfest.
    Warum der Gründonnerstag nun Gründonnerstag heißt, könnte eine Sprachentwicklung sein, die nicht mehr recht nachzuvollziehen ist. Grün ist die Farbe der Hoffnung, vielleicht eine Assoziation in Richtung Auferstehen oder es hat seinen Ursprung in den grünen Kräutern die ein fester Bestandteil eines Mahls beim jüdischen Pessachfest waren.

    Ich wünsche dir und deinen Lieben auf jeden Fall ein frohes, besinnliches und gleichzeitig erholsames Osterfest. :-)

    Liebe Grüße
    Christa

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  8. Danke, lieber Dieter, daß Du das thema brachtest.
    Wenn ich da an die umfragen unter schülern denke .... null ahnung, was Ostern für ein feiertag ist.

    Ja, hier in Spanien ist Gründonnerstag ein feiertag, dagegen haben wir aber nur einen Osterfeiertag, aber DAS schriebst Du ja auch schon.
    Nun, ich wünsche Dir u. den Deinen ein schönes Osterfest, Deiner lütten eine etwas längere nachtruhe ;)

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  9. Dieter, tolle Ausführungen.
    Die meisten wissen mit den vorösterlichen Tagen
    kaum etwas anzufangen. Gut recherchiert. Danke!
    Ein frohes Osterfest wünscht
    Irmi

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  10. Hallo Dieter,

    ich wünsche dir und deinen Lieben schöne Osterfeietage.

    LG Hans

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  11. danke auch von mir für den interessanten Beitrag.
    Ich wünsche dir und deinen Lieben auch frohe Ostern.
    Herzliche Grüße von Heidi-Trollspecht

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  12. Dank je wel voor deze veelkleurige blog. Geweldig dat je weer naar de godsdienst bent geweest. Zo lang geleden! Ik vind die deur- foto erg mooi! Ik houd van oude kerken. En? Is het fijn met je gezin? Koester het. Hier schijnt de zon en het zonlicht maakt alles anders.
    Fijne dag!

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  13. Die Bedeutung von Gründonnerstag war mir noch nicht bewusst, hab immer angenommen, dass es irgendwie mit dem Palensonntag zusammenhängt, weil das der Beginn der Karwoche ist. Aber Gedanken hab ich mir nie darüber gemacht.
    In Polen heißt es "Großer Donnerstag" - irgendwie einleuchtender. :-)

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