Donnerstag, 28. März 2013

Bankenpleite in Köln


Zypriotische Verhältnisse in Kölner Banken ? Müssen Kleinanleger Angst um ihr Erspartes haben ?

Klare Antwort Nein. 2009 ist tatsächlich eine Kölner Bank quasi pleite gegangen: die Privatbank Sal. Oppenheim. 1789 gegründet, konnte diese Bank auf eine über 200jährige Geschichte zurückblicken. Mit Zweigstellen in ganz Europa war sie bis Mitte der 2000er Jahre die größte Privatbank Europas. 2009 rutschte Sal. Oppenheim in die Pleite hinein, da Verluste von 1,6 Milliarden Euro erwirtschaftet wurden. Bei der vorhandenen Bilanzsumme hätte dies eigentlich die Insolvenz bedeutet. Doch daran schrammte die marode Bank um Haaresbreite vorbei, denn mit der Deutschen Bank fand sich zwischenzeitlich ein Käufer.

Wie bei anderen Insolvenzen oder Übernahmen, sind die Beschäftigten die Leidtragenden. Die Aufräumaktionen der Deutschen Bank ziehen sich über Jahre hinweg. Ganze Geschäftsbereiche werden geschlossen oder sollen geschlossen werden. Filialen werden stillgelegt. Die Verhandlungen mit den Gewerkschaften sind noch nicht abgeschlossen. Es stehen Personalzahlen im Raum, dass maximal rund 40% der Arbeitsplätze erhalten bleiben sollen.

Ich bin vielleicht zynisch, aber bei dieser Beinahe-Pleite gerate ich ins Schmunzeln. Denn Sal. Oppenheim ist eine Privatbank und keine „normale“ Geschäftsbank, bei der jeder Otto-Normal-Verbraucher ein Konto eröffnen kann. Kunden einer Privatbank sind die Reichen und Super-Reichen. Wenn sie nicht wissen, wohin mit ihrem milliardenschweren Vermögen, dann gehen sie zu einer Privatbank. Also eine abgedrehte Sphäre, die beispielsweise unsere Familie mit den übersichtlichen Einkommensverhältnissen niemals betreten wird.

Zum Schmunzeln ist natürlich den Reichen und Super-Reichen gar nicht zumute. Ob Beinahe oder Pleite, die Effekte sind im Fall der Sal. Oppenheim dieselben. Die enge Verzahnung mit Karstadt und die kriminelle Energie einzelner Personen, aus der Konstruktion von Immobilienfonds noch mehr eigenen Profit zu erwirtschaften, haben die Bank letztlich in den Ruin getrieben.

Ein elitärer Kreis von vier Bankmanagern und ein Bauunternehmer aus Troisdorf bei Bonn, der gelernter Maurer ist, hielt die Fäden über milliardenschwere Geschäfte in der Hand. Wie die Geschäfte aussahen, war abgeschottet, streng geheim, diskret und auch dubios. Wäre die Sal. Oppenheim nicht von der Deutschen Bank übernommen worden, hätte wohl kaum jemand Einblick in die Machenschaften bekommen.

Der Kölsche Klüngel war Basis für die milliardenschweren Geschäfte. Immer wieder ging es um Neubauten und Immobilien der Stadt Köln. Technisches Rathaus, Köln Arena oder Messe – große Bauvorhaben baute der Troisdorfer Bauunternehmer Josef Esch als Investor und vermietete die Immobilien an die Stadt Köln zu überhöhten Preisen, was letztlich der Steuerzahler bezahlte. Aus diesen Immobilien wurden Immobilien-Fonds gebildet, die sich mit ihren sehr hohen Mieteinnahmen profitabel verzinsten. Die Deutsche Bank war bei der Konsolidierung auf rund 50 Immobilien-Fonds gestoßen, zu denen Immobilien mit Schwerpunkt im Raum Köln gehörten, aber auch auf ganz Deutschland verteilt. Diese Immobilien-Fonds wurden dann mit hohen Renditen an die Reichen und Super-Reichen verkauft.

Im Endeffekt hat Karstadt Sal. Oppenheim das Genick gebrochen. Zum einen hatte die Bank Zug um Zug Aktien von Karstadt aufgekauft, um auf einen steigenden Aktienkurs zu spekulieren. Zuletzt betrug der Anteil der Sal. Oppenheim-Aktien am Gesamtaktienpaket Karstadt 30%. Zum anderen übertrug Sal. Oppenheim das Klüngel-Modell aus Köln auf Karstadt.

2005 geriet Karstadt in Zahlungsschwierigkeiten. Thomas Middelhoff, davor Manager bei Bertelsmann, kam als  heilbringender Messias nach Karstadt. Und auch hier hatte, wo es um Macht und um Super-Reiche und um jede Menge Geld ging, der Bauunternehmer Josef Esch aus Troisdorf seine Finger im Spiel. Klüngel, Bauen, Immobilien – die Idee wurde geboren, durch den Verkauf der Warenhäuser die Zahlungsfähigkeit wieder herzustellen. Das Tafelsilber sollte verscherbelt werden, um wieder Geld in die klammen Kassen zu spülen. Schließlich wurde sich der Konzernvorstand von Karstadt einig, einen großen Teil der Karstadt-Warenhäuser zu verkaufen. Verkauft wurden diese an die Investmentbank Goldman Sachs. Diese erteilte dann Esch eine Generalvollmacht, das Immobilienimperium zu verwalten. Was folgte, war eine Neuauflage des Kölner Klüngel-Modells. Der Investor Esch baute fleißig um und zockte Karstadt mit zu hohen Mieten ab. Die Mieteinnahmen zahlten auf all die Josef-Esch-Immobilienfonds und auf die Bank Sal. Oppenheim ein.

Bis irgendwann der Schuss nach hinten losging. In den Folgejahren nach 2005 verbesserte sich die Zahlungsfähigkeit, doch 2009 geriet Karstadt erneut in eine Schieflage. Ein Kriterium für eine Insolvenz ist das Verhältnis von Schulden und Vermögen – zu denen auch Immobilien gehören. Da aber Immobilien verkauft wurden und der Schuldenberg gewachsen war, musste Karstadt den Gang in die Insolvenz antreten.

Mit der Insolvenz von Karstadt purzelte bei Sal. Oppenheim ein Dominostein nach dem anderen. Es war nicht die Euro-Krise oder eine andere Finanzkrise, sondern zum einen der Aktienkurs von Karstadt, der gegen Null ging. Dadurch wurde das 30%ige Aktienpaket wertlos. Zum anderen brach das Geschäftsmodell der Esch-Immobilenfonds in sich zusammen, da mit der Insolvenz keine Mieten mehr gezahlt wurden. Mit dem historischen Verlust von 1,6 Milliarden Euro in 2009 hätte Sal. Oppenheim eigentlich die Insolvenz anmelden müssen.

Die Auswirkungen der Beinahe-Insolvenz sind bei den Reichen und Super-Reichen ganz ähnlich wie derzeit in Zypern. Die Esch-Immobilienfonds waren der Renner und das Top-Produkt. Weil die Geschäftsgrundlage fehlt, werden diese Zug um Zug geschlossen, d.h. die Anleger verlieren das investierte Geld.

Die Reichen und Super-Reichen gehören zum Geldadel aus ganz Deutschland. Allen voran Thomas Middelhoff, weitere Manager von Karstadt und die Hauptaktionärin von Karstadt (und Erbin des Familienunternehmens Quelle) Madeleine Schickedanz. Oder der Schuhfabrikant Deichmann, der Verleger Neven du Mont und der Milliardär Finck.

Es ist, als wäre der Verlust des Vermögens bei den Reichen und Super-Reichen wie eine Bombe eingeschlagen. Sie wehren sich. Insgesamt werden dreizehn Prozesse wegen Schadensersatzforderungen vor den Gerichten ausgetragen. Besonders geschädigt fühlt sich die Hauptaktionärin Madeleine Schickedanz, die bei ihrer Vermögensverwaltung anscheinend von Josef Esch vollständig abhängig gemacht wurde. Sie kaufte Karstadt-Aktien hinzu, sie verkaufte sie nicht bei einem hohen Kurs, sie besaß bereits 50% der Karstadt-Aktien und musste zusehen, wie die Aktien zu Ramsch-Papieren wurden, dann investierte sie noch in wertlos gewordene Esch-Immobilienfonds. Ihre Schadensersatzforderungen betragen sagenhafte 1,9 Milliarden Euro.

Momentan kocht dieses Thema auf hoher Flamme, da gegen die vier Bankmanager und Josef Esch ein Strafprozess geführt wird. Exemplarisch wurden zwei Immobilien in Köln und eine in Frankfurt betrachtet, bei denen der Wertansatz wissentlich falsch in den Bilanz ausgewiesen wurden, so dass sich letztlich dieser elitäre Kreis ungerechtfertigt bereichert hat.

Es bleibt abzuwarten, wie das Urteil aussehen wird. Eines jedenfalls hat die Präsenz in den Medien erreicht: dass die Wahrheit über Klüngel und das Geschäftsgebaren dieses elitären Zirkels recherchiert wird und dass die Drahtzieher beim Namen genannt werden.

Wie viele ähnliche Modelle es bei anderen Banken gibt, wird verborgen bleiben. Im Fall Sal. Oppenheim mussten wegen der Karstadt-Insolvenz und wegen der Übernahme durch die Deutsche Bank die Karten auf den Tisch gelegt werden.

Zypriotische Verhältnisse in Kölner Banken ? Ich sehe jedenfalls den positiven Aspekt, dass dies in diesem konkreten Fall der Wahrheitsfindung dient.

4 Kommentare:

  1. Hej Dieter,
    der Leverkusener Kabarettist Wilfried Schmickler mit seinem Gedicht über die Gier ist das Einzige, das mir hierzu noch einfällt.

    Gruß
    Beate

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  2. Interessant, dass solche Menschen mit ihren Machenschaften jahrelang davon kommen und sich mit dem Gewinn einen lauen Lenz machen. Wenn das Kind in den Brunnen, sprich in diesem Fall populär geworden ist, sind die Schäfchen sicher längst im Trockenen.

    Liebe Grüße,
    N.

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  3. Lieber Dieter,
    entschuldige bitte, dass es bis heute gedauert hat, ehe ich wieder zu dir hüpfen konnte (eine Menge ist zu tun in Rostrosenhausen ;o)) Nun zu deinem (interssanten) Beitrag - ja, da tun sich Abgründe auf, und ich denke mal, das ist nur die Spitze des Eisberges. Da läuft noch so vieles im Verborgenen...
    Ich möchte dir auch herzlich für deinen Kommentar zu Janas Torten danken, ehe ich mich in die Blogpause verabschiede - ich darf übrigens auch nicht alle Fotos von Jana zeigen, aber die hat sie mir "genehmigt", weil sie sowieso auch auf FB landen werden ;o)) Und natürlich möchte ich dich auch herzlich zu meinem Giveaway einladen - so einen Zalando-Gutschein kann schließlich auch ein Mann gut gebrauchen: entweder für sich selbst, denn man führt dort ja auch Männerartikel, oder aber, um deine Frau oder deine Kids mit einem Geschenk glücklich zu machen :o))!
    Alles Liebe und frohe Ostern an dich und deine Familie,
    Traude

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  4. Eine der Dinge, die mal ans Licht kommen Dieter. Ich möchte gar nicht wissen, wo und wie manches zusammenläuft und geklüngelt wird.

    Mein persönlicher Eindruck ist, dass bei größeren Betrieben Klüngel eigentlich schon normal ist ... leider !

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