In diesem Jahr hatte ich gezögert, über die
Margarethenhöhe zu radeln. Der Schwierigkeitsgrad und der Höhenunterschied
machten die Tour zu einer Art von Königsklasse. Doch der starke Autoverkehr
hatte mich verleitet, die Tour ständig nach hinten zu schieben. Quer durchs
Siebengebirge, war mehr als der viertkleinste Gang nicht drin. 250 Meter
Höhenunterschied auf 5 Kilometern musste ich schaffen. „Achtung Wildwechsel“,
mit diesen Schildern wurden die Autofahrer wach gerüttelt.
Ich quälte mich hoch. Dabei war die besondere
Herausforderung, dass bis zur Passhöhe die Steigung nochmals auf 8% anzog.
Platt und erschöpft kam ich auf der Margaretenhöhe an, die übrigens vom
Margaretenkreuz und der Heiligen Margarethe ihren Namen erhielt. Die Heilige
Margarethe lag auf einem mittelalterlichen Pilgerweg zum Petersberg.
Auf der Höhe verzweigte sich ein umfangreiches
Wanderwegenetz, das am Wochenende Scharen von Wanderern anzog. Die höchsten Erhebungen
des Siebengebirges lagen ganz in der Nähe, darunter der Ölberg mit seinen 460
Metern Höhe oder die Löwenburg mit 455 Metern Höhe.
Nachdem ich die Heilige Margarethe erreicht hatte,
bretterte ich im Eiltempo die 8% Gefälle hinunter. Waldgebiete zischten vorbei.
In Windeseile erreichte ich Ittenbach. Der kleine Ort mit 3.000 Einwohnern war
ein weiteres Beispiel dafür, wie schlecht ich meine Heimat kannte. Von der
Hauptstraße bog ich ab zu dem kleinen und feinen Ortskern. Solche Häuser, die
aus mausgrauen Steinquadern gemauert waren, hatte ich kaum irgendwo im
Siebengebirge entdeckt, geschweige denn sonstwo in unserer Umgebung. Mit diesem
grauen und massiven Eindruck fühlte ich mich mitten in die Vulkaneifel
versetzt. Das war durchaus logisch, denn auch das Siebengebirge war aus
erloschenen Vulkanen entstanden. Die Grautöne fügten sich harmonisch zusammen.
Das Eiscafé war sogar gut besucht und die Tische drängelten sich in den
verkehrsberuhigten Ortskern.
Ich schwenkte zurück zu der Hauptstraße, die
zielstrebig auf die Autobahnauffahrt zusteuerte. In der Mitte des Kreisverkehrs
klotzte eine großspurige Skulptur aus Eisen. Noch angeberischer wuchs das Logo von
Mc Donald’s in die Höhe. Ich wurstelte mich über den miserablen Zustand des
Fahrradwegs, der aus aneinandergefügten Betonplatten bestand. Manche Kanten
standen über, so dass ich bergabwärts ruckartig über die Betonplatten donnerte.
Das war nicht nur unverschämt, sondern sogar gefährlich.
Längs der geradlinigen Straße gruppierten sich zuerst
Industriegebiete, dann wurde die doch meine Aufmerksamkeit angezogen, denn ab
Oberpleis raste die Straße mit 9% Gefälle ins Pleistal hinab. Ich ließ mich im
Tal daher gleiten, bis nach Pleiserhohn der nächste Berg auf mich wartete. Das
war unspektakulär, denn die 120 Höhenmeter hielten sich in Grenzen gegenüber
den anderen Steigungen, die mich in den letzten Monaten geschafft hatten.
Locker trabte ich die Höhe hinauf. Ich genoß das Siebengebirge, um das ich
einen weiten Bogen geschlagen hatte. Ich schleppte mich die Steigung hoch, das
Blickfeld öffnete sich. Die Buckel des Siebengebirges bauschten sich auf, sie griffen
in den erstarrten Himmel hinein und schienen in der Ferne unüberwindlich. Hinter
dem Ortsausgang von Pleiserhohn entfernte sich das Siebengebirge. Die Berge schrumpften
in meinem Rücken zusammen, die Steigung öffnete neue Horizonte, ich ließ mich
auf der Höhe treiben. Mein Blick fiel hinab in das Siegtal, wo ich die
Struktur, wo welche Seitentäler in das Siegtal flossen, nicht richtig
durchschaute.
Söven, ein Golfplatz, die Sportschule Hennef, die
rassige Abfahrt der Landstraße endete in Geistingen, dem ältesten Ortsteil der
Stadt Hennef. Das Zusammenspiel zwischen Hennef und Geistingen bekam ich langsam einsortiert. Bis 1935 war Geistingen eigenständig mit eingemeindeten Ortsteilen
wie Blankenberg. 1935 wurden alles nach Hennef zurück eingemeindet. Der 8. März
1945 hatte von Geistingen nichts mehr übrig gelassen, als ein Luftangriff den
Ort komplett zerstörte.
Ich mache einen Abstecher in das Zentrum von Hennef.
Die Bahnlinie vollzog eine klare Trennung von Hennef und Geistingen. Das Zentrum
oder die Fußgängerzone war keine Augenweide, doch die Ausgangssituation
war in Hennef anders. Hennef besaß keinen Marktplatz, sondern das Stadtleben
entfaltete sich entlang der Frankfurter Straße, die, wie ihr Name vermuten
ließ, eine alte Handelsstraße zum weit entfernten Frankfurt war. 1969 wurde Hennef
Stadt. Alle wollten ein Zentrum, weil sich längs der Frankfurter Straße kein
Kristallisationspunkt des Geschäftslebens ausmachen ließ. Eine Büromöbelfabrik,
die auf dem Areal der heutigen Fußgängerzone stand, war Pleite gegangen und gab
ihre Produktion auf. Das Zentrum von Hennef war eine Vernunftentscheidung. Ob andere
Architekten hübschere Stilformen zustande gebracht hätten, darüber läßt sich
trefflich streiten. Es ist ein wenig wie in der modernen Kunst: alles ist
nüchtern, kalt, sachlich, schnörkellos, Minimalismus in den Formen, ohne
Verzierungen.
Da hast du wieder ein tolle Tour gemacht Dieter und Interssantes zu berichten. Das Siebengebirge ist schön, ich war dort schon einige male, wohl nicht mit dem Rad....
AntwortenLöschenLiebe Wochenendgrüße
Angelika
Dieter,
AntwortenLöschenwow, das war wieder eine anschauliche "Strapazenschilderung" verbunden mit viel
Wissenswertem. Danke dafür.
Einen sonnigen Samstag wünscht dir
Irmi
Ich sag doch...die Feeder spinnen, so hab ich diesen Post auch erst heute bei mir auf dem Dashboard :-(((
AntwortenLöschenWar ja wieder eine heftige Tour, und du wirst lachen....immer wenn ich die Radler hier sehe, dann muss ich sofort an dich denken^^ Ich bewundere es nach wie vor mit welcher Leichtigkeit solche Höhenunterschiede bewältigt werden.
Liebe Grüsse
Nova
Hallo!
AntwortenLöschenDu bist wirklich fit! Gerade wenn ich an dein Alter denke. Wie viele Männer hocken mit ihrem Bierbauch vor dem TV ...
Das ist wieder ein interessanter Post von einer beachtlichen Radtour.
Grüssle zum Sonntag, Wieczora (◔‿◔) | Mein Fotoblog
Wow, Tour klingt wieder sehr interessant. Auch wenn ich bei solchem Wetter eher meinem Tee und meinem Sofa Gesellschaft leiste :-).
AntwortenLöschenLG!