bergauf nach Königsfeld |
Städte im Rheinland, die ich noch nie gesehen habe ?
Im Umkreis von 50 Kilometer sind dies nicht allzu viele. Zumindest in den sehenswerten, historischen
oder wichtigen Städten bin ich gewesen, wenngleich in manchen nur sehr kurz.
Ehrlich gesagt, hatte mich Franka mit ihrem Post auf
die Idee gebracht, in einer Rennradtour Sinzig unterzubringen. Ich war noch nie
in Sinzig. Das Gefühl war einzigartig, auf dem großen Platz zu sitzen und auf
die wuchtige romanische Kirche aus dem 13. Jahrhundert zu schauen.
Doch beginnen wir von vorne. Bis Bad Neuenahr
verläuft eine meiner Standardrouten. Wachtberg, Grafschaft, im Ahrtal biege ich
normalerweise nach Ahrweiler ab. In Bad Neuenahr habe ich die Ahr überquert und
bin anstatt dessen Richtung Königsfeld gefahren. Mitten in die Eifel hinein war
dies der Härtetest dieser Tour. Nachdem ich die Ahr überquert hatte, die in Bad
Neuenahr hinter dem Kurpark ungewohnt seicht und flach dahin floß, musste ich
rund dreihundert Höhenmeter bewältigen. Am Stadtrand von Bad Neuenahr stieg das
Höhenprofil kräftig an, flachte dann auf einem erträglichen Niveau ab. Anfangs
fand ich die Treterei noch abwechslungsreich. In der Ferne erhaschte ich einen
Blick auf die Autobahnbrücke A61, die sich mit ihrem mächtigen Brückenbauwerk
über das Ahrtal stemmte. Ich folgte einem System von Kurven, das in schlappen
Biegungen den Berg hoch krabbelte. Das pralle Sonnenlicht zerfaserte in der
Urwüchsigkeit des Waldes, der bei den heißen Temperaturen angenehmen Schatten
spendierte.
Später raubte der Anstieg doch meine Kräfte. Hinter
jeder Biegung und Kurve erhoffte ich, dass es bergabwärts ging, doch es sollte
dauern, bis ich die dreihundert Höhenmeter geschafft hatte. Ab Kilometer 8,3
auf der Landstraße 83 war es soweit. Erst glitt die Straße in sanften Schüben
den Berg hinunter, hinter dem Waldrand wurde die Abfahrt rasant. Abgeerntete
Getreidefelder öffneten sich, auf den Feldern verluden Bauern runde Strohballen
auf Anhänger. Der Blick in die Weite war atemberaubend und sprang über
Höhenzüge, die von dem satten Grün der Wälder überzogen waren.
Blick über die Eifelhöhen |
Königsfeld war nichts besonderes, obschon es mehr
als eintausend Jahre alt war. Die Dorfkirche aus dem 13. Jahrhundert versteckte
sich hinter Scheunen und Schuppen, die mit Wellblech verkleidet waren. Die
Häuser drängelten sich in das enge Tal hinein. Richtung Sinzig überraschte mich
ein steiler Anstieg, der meine Hoffnung auf eine ausruhende Abfahrt ins Tal
abrupt beendete.
Maternuskapelle |
Inmitten der Anstrengung kam sie doch, die Episode
des historischen Königsfeld. Nach einer Legende war der Heilige Maternus, der
im 4. Jahrhundert Bischof von Köln war, nach Trier gewandert und hatte in der
Nähe von Königsfeld Rast gemacht. Zu seinen Ehren hatte man im 17. Jahrhundert an
derjenigen Stelle eine Kapelle gebaut, wo Maternus sein Nachtlager
aufgeschlagen haben soll. Danach wurde die Kapelle ein reges Ziel von
Wallfahrten. Im 19. Jahrhundert wurde die Kapelle so umgebaut, wie man sie
heute vorfindet.
Die Fahrt den Berg runter nach Sinzig wurde
holpriger, als ich es mir gewünscht hatte. Die Straße war grob asphaltiert und
es wimmelte von Unebenheiten. Das hatten die Beamten vom zuständigen
Straßenbauamt auch erkannt, denn einige Kilometer weiter sorgte eine Baustelle
wieder für Ordnung. Einstweilen musste ich mich über die abgetragene
Asphaltschicht quälen, danach bugsierte ich mich über eine frische Teerschicht,
auf der mein Rennrad fast kleben zu bleiben drohte.
Ich atmete auf, als ich Sinzig erreichte. Ein
letztes nerviges Stück führte bergauf, dann war ich im Zentrum. 50 Kilometer
lagen hinter mir, also Zeit für eine Pause. Meine Premiere in Sinzig
überraschte mich überaus positiv. Schön dicht lag alles im Zentrum zusammen:
die romanische Kirche, das Rathaus und der Zehnthof. Und dann die ausgreifende
Breite des Platzes vor der Kirche, die so großzügig war, wie ich es sonst nur
von Plätzen in Belgien kannte. Ein wenig fühlte ich mich nach Maaseik, Tongeren
oder St. Truiden versetzt. In Sinzig passte alles, vor allem das Café mit dem
einladenden Blick auf die romanische Kirche. Das war ein erfrischendes Gefühl,
Ecken des Rheinlandes kennen zu lernen, die ich noch nie zu Gesicht bekommen
hatte.
Marktplatz in Sinzig |
Prompt kam die Kellnerin, die beiden Weizenbier schmeckten nach all den
Kilometer vorzüglich. Die romanische Kirche aus dem 13. Jahrhundert betrat ich
nicht. Anstatt dessen streckte ich die Beine in die Länge und ließ ich das imposante Gesamtbild mit dem
rot-weißen Anstrich auf mich wirken.
Als ich Sinzig verließ, schimpfte ich über die
Beschilderung, die nur an Autofahrer gedacht hatte. Schurgerade wurde ich auf
die Kraftfahrstraße der B9 nach Remagen geleitet ohne alternative
Beschilderung, wie denn bitte Fahrradfahrer nach Remagen gelangen sollten.
Anstatt dessen stocherte ich kreuz und quer durch die Felder nach Remagen-Kripp
an den Rhein (was mir einen Umweg von fünf Kilometern bescherte). Remagen war
ein krasses Gegenstück zu Sinzig, denn Remagen war touristisch, setzte auf der
Anziehungskraft des Rheins auf und die Ausflügler versammelten sich zahlreich.
Rheinpromenade in Remagen |
Der Radweg am Rhein ist wunderschön, ich bin dort
aber seit sieben Jahren nicht mehr gefahren. Er ist Teil des Radwegs von Köln
nach Koblenz. Ohne Steigungen, führt er zu 80% direkt am Rhein entlang, so
dass auch weniger ambitionierte Fahrradfahrer
gemächlich die Schönheiten des Rheins genießen können. Mich stört allerdings,
wie frequentiert der Radweg ist und wie undiszipliniert sich diverse
Fahrradfahrer verhalten. Dass Fahrradfahrer nebeneinander fahren und sich
unterhalten, ist schon beinahe normal. Interessant wird es, wenn ganze Pulks
sich im Schneckentempo vorwärts bewegen und kaum Notiz davon nehmen, wenn
andere sie überholen wollen.
Ich will den Radweg nicht schlecht reden: er ist
absolut sehenswert und wenn er nicht überbevölkert ist, ist der Rhein ein
landschaftliches Erlebnis sondergleichen. Bahnhof Rolandseck, Nonnenwerth,
Rolandsbogen, Drachenfels, Drachenburg: der Radweg war vollgespickt mit
Sehenswürdigkeiten. Am Ende des Tages hatte ich neunzig Kilometer geschafft.
Abends waren meine Füße schwer wie Blei. Ständig tauchte das Bild vor meinen Augen auf: der schöne Platz in Sinzig mit der romanischen Kirche.
Das war wieder eine grandiose Beschreibung.
AntwortenLöschenIch glaube, dass du am Ende des Tages wußtest,
was du geleistet hast.
Ein schönes Wochenende wünscht dir
Irmi
Wunderbar hast du die Tour beschrieben Dieter, richtig eindrucksvoll. Glaube gerne das deine Beine am Abend müde waren. Ich bewundere deine Radstrecken immer wieder aufs neue.
AntwortenLöschenLiebe Wochenendgrüße
Angelika
Hallo!
AntwortenLöschenDa hast ja eine beachtliche Rad-Tour unternommen, und mit deinem Text hast du das Erlebnis gut beschrieben und deine Kamera war auch dabei. Da sieht man, wie fleißig Du bist. Mach weiter so!
Gruss, Wieczora (◔‿◔) | Mein Fotoblog
Ich kann immer nur den Hut vor dir ziehen welche Touren du mit deinem Rad bewältigst und unternimmst. Echt klasse, und ich bin überzeugt das man die Natur nicht besser wahrnehmen kann. Schon alleine von den Gerüchen und Geräuschen her^^
AntwortenLöschenAuch diese Tour finde ich wieder wundervoll von dir beschrieben. Da bekomme ich immer das Gefühl als wenn ich dich begleiten würde. Danke dir dafür, auch für die schönen Fotos.
Wünsche dir einen schönen Sonntag und sende liebe Grüsse
Nova
Bad Neuenahr, Ahrweiler, das Ahrtal, Sinzig, Graftschaft.... alles wohl bekannt durch Famileie vor Ort. Und immer wieder einen Kurztrip Wert.
AntwortenLöschenDanke für den schönen Bericht, den ich mir bei einem Kaffee zu gemüte geführt habe.
Viele Ninjassiebengrüße
Lieber Dieter, Sinzig hab ich mir auch noch nicht genauer angesehen, obwohl ich schon viel in der Gegend herumgekommen bin. Wird also Zeit...
AntwortenLöschenZu deinem Kommentar bei mir:
Du hast du sicher recht, dass die Schweiz teuer ist. Doch die Tochter & der Schwiegersohn haben hier einen ihrer Qualifikation entsprechenden Job gefunden mit Arbeitsbedingungen, unter denen man hier die 3 Kinder GEMEINSAM aufziehen kann ( anders als bei uns ). Und da wir sie einigermaßen regelmäßig sehen wollen, kommen wir hierher. Und sehr schön ist es hier allemal…
Einen schönen rheinischen Sonntag!
LG
Astrid
Ganz ehrlich gesagt: Sinzig finde ich nicht schön, lediglich der Platz mit der Kirche ist ein Kleinod. Es ufert an den Rändern doch ziemlich unkontrolliert aus. In der Kirche gibt es übrigens eine Mumie.
AntwortenLöschenRemagen dagegen - auch wenn es touristisch überlaufen ist - mag ich sehr. Ich finde, die Neugestaltung der Promenade ist gut gelungen. Kaffee oder Bier kann man dort auch trinken, aber essen besser nicht ;-) Wir nutzen oft die kleine Fähre 'Nixe' nach Erpel rüber.
90 km? Alle Achtung! Da sieht man, wie weit man mit dem Rad kommen kann.
LG, 'Franka'
Beim Lesen war ich auch richtig froh als das Ziel Sinzig erreicht war :-)
AntwortenLöschenIch habe deinen Bericht wieder sehr gerne gelesen. Da bin ich zeilenweise richtig mit dabei :-)
lieber Sonntagsgruß von Heidi-Trollspecht
Nun haben wir hier schon über 30°, trotzdem "radelte" ich lesend diese tour in gedanken mit. Eine schöne tour hast Du unternommen u. bewältigt, aber ich geh nun mal duschen.....
AntwortenLöschenNoch einen schönen Sonntag wünschend,
Bine
Hallo Dieter,
AntwortenLöschendie Tour hätte ich auch gerne gemacht.
Mein Mann ist gestern von Bielefeld zur Nordsee geradelt, in einem Stück.
Ich war ziemlich neidisch auf die Tour, aber ich hätte das nur in 2 Tagen geschafft!
Die Spiersträucher blühen im April, daher sind die Bilder auf meinem Blog jetzt ziemlich unpassend, aber ich war so stolz auf die gelungene Vermehrung. ;-)
VG
Elke
Anstrengend, aber für die Seele sehr befriedigend, wenn man es geschafft hat :-)
AntwortenLöschenSinzig & Co. ... alles Dörfer / Städte, an denen ich schon so oft vorbeigefahren bin, aber noch keinen Grund zum Anhalten hatte. So kannte ich die wirklich wunderschöne Kirche noch nicht.
LG Frauke
I love this beautiful walk *:)
AntwortenLöschenyou are a great athlete, I like to bike too!
AntwortenLöschenBig hugs, be very happy