Bis Königsfeld war die Radtour eine Art von Routine,
denn eine Woche zuvor war ich exakt dieselbe Strecke geradelt. Unaufgeregt
hatte ich hinter Bad Neuenahr die dreihundert Höhenmeter bewältigt. Maß halten,
meine Kräfte einteilen; ich hatte versucht, eiserne Disziplin einzuhalten. Mit
der Konstanz eines Uhrwerks war ich die Höhe hoch gekrochen, bloß nicht zu
schnell.
Nur noch fünfzehn Kilometer bis zum Laacher See, und
ab Königsfeld veränderte ich die Route. Diesmal ging es nicht ins Rheintal
bergab nach Sinzig, sondern in einem lebhaften Auf und Ab bis zum Vulkantrichter
des Laacher Sees. Die fünfzehn Kilometer
zogen sich wie ein Kaugummi in die Länge, denn Steigungen und Abfahrten
wechselten rasant. Die halbwegs ebenen Abschnitte waren kurz. Wenn sie kamen,
schaute ich nach vorne, wie sich in der Ferne Berge auftürmten, in denen Massen
vulkanischen Gesteins steckten.
Blick über die Eifelhöhen |
Ich schoß hinab ins Tal des Brohlbachs nach Niederzissen,
das, von der Sonne überflutet, unerklärlich blass wirkte. Über eine
Einbahnstraße zwängte ich mich durch die Enge des Ortes. Niederzissen versank
in der Bedeutungslosigkeit anderer Eifeldörfer, wenn man von der
weißgestrichenen Kirche aus dem 13. Jahrhundert absah.
Abgemessen und human war die Steigung nach dem
Ortsende. Steuobstwiesen begleiteten den Verlauf des Baches. Ich genoss es,
nicht am Rande, sondern mittendrin in dieser Eifellandschaft zu sein. Ein
Sägewerk pflanzte sich in die Landschaft, abgeerntete Felder kletterten den
Berghang hinauf. An einer Rechtskurve war es soweit: dem kurzen und vehementen
Anstieg konnte ich nicht entkommen.
Schon in Königsfeld waren sie mir aufgefallen. Das
waren die braunen Hinweisschilder, die zu den Routen des Vulkanparks wiesen.
Der nächste Ort, Wehr, gehörte nicht zu den Stationen des Vulkanparks. Aber das
Aussehen der Häuser veränderte sich abrupt. Graue Basaltsteine beherrschten das
Straßenbild, ein Grau, das strenge Muster auf die Häuserwände zeichnete. Trotz
all der Sonne verband ich dieses Grau mit einem trüben, verregneten Tag.
Vulkanisches Gestein prägte den Ort.
Wehr |
Hinter Wehr ging es hinein an den Rand des Vulkantrichters.
Hinab ins Tal, dem das vorläufig letzte Aufbäumen einer Steigung folgte. Wenn
der Laacher See keine schlappe vier Kilometer entfernt gelegen hätte, wäre ich
an der anschließenden Steigung verzweifelt. Das war brutal, wie sie sich schnurgerade den Berg
hochzog. Meine Beine waren schwer, denn jede Menge andere Steigungen steckten
in meinen Knochen.
Dann ging es bergab und mit einem Mal glitzerte die
Oberfläche des Sees. Noch zwei Kilometer zur Abtei. Kurzer Abstecher zur
Klosterkirche, dann Pause im Biergarten. Fast sechzig Kilometer war ich an
einem Stück geradelt. Am Rande des Laacher Sees befand ich mich im
Vulkantrichter, den das Regenwasser im Verlauf der Jahrtausende mit einem See
gefüllt hatte.
Es gab unheilvolle Szenarien der Universität
Duisburg, dass der Vulkanismus rund um den Laacher See nicht erloschen war,
denn Bläschen mit vulkanischen Gasen stiegen im See auf. Der Vulkan war zuletzt vor 10.000 Jahren
ausgebrochen. In Afrika und in Japan hatte es andere Fälle gegeben, dass
Vulkane nach 10.000 Jahren Ruhe wieder ausgebrochen waren. Jederzeit könnte
also hier in der Eifel ein Vulkan ausbrechen. Ich ließ mich nicht durch solche Horrorszenarien
beunruhigen.
Maria Laach |
Daher fand ich es auch nicht abwegig, im Biergarten
zwei Vulkan-Bräu zu trinken. Dieses Bier wird dreißig Meter unter der Erde in
einem unterirdischen Felsenkeller gelagert, in dem bis ins 19. Jahrhundert
Bimsstein abgebaut wurde. Süffig und lecker schmeckte das Vulkan-Gesöff nicht,
aber es erfrischte und löschte den Durst, so dass bis zum Abend mein
Flüssigkeitsbedarf gedeckt war.
Als ich Maria Laach in Richtung Rhein verließ,
stellte ich überrascht fest, dass ich den See kaum zu Gesicht bekam. Nicht die
Straße, sondern ein Fußweg führte das Seeufer entlang. Bäume versperrten die
Sicht. Ein Campingplatz hatte sich am Seeufer breit gemacht. Mit dem Rennrad
zum Seeufer hin, das hätte über holprige Wege keinen Sinn gemacht. Es gibt sie
noch, diese Domänen, die man nur zu Fuß und nicht mit dem Rad erkunden konnte.
Vulkan-Express |
Ein erneuter beschwerlicher Anstieg, bei dem ich
mich wunderte, wie spielerisch leicht ein anderer Rennradfahrer mich überholte.
Das deprimierte mich kaum, denn es gibt halt diese Rennrad-Profis, die einiges
schneller sind als ich und mit viel Übung ein solch schwieriges Gelände
meistern. Hinab ins Rheintal. An der Abfahrt, die länger als zehn Kilometer
dauerte, hatte ich meine helle Freude.
Entsprechend der Themenroute des Vulkanparks,
kreuzte der Vulkanexpress mehrfach die Straße. Das war eine Schmalspurbahn, die
in Brohl am Rhein begann und in der Eifel in Engeln endete. Ausflugstouristen ließen
sich damit durch das Brohltal kutschieren. Sie nehmen teil an
Schlachtfest-Fahrten, Frühlings-Fahrten, Mondschein-Fahrten, Frühstücks-Fahrten,
Nikolaus-Fahrten und noch vieles mehr.
Etwas weniger spektakulär setzte ich meine Fahrt den
Rhein entlang fort. Das war auch gut so, denn ich wäre wahrscheinlich krepiert,
wenn die Steigungen in demselben Rhythmus angedauert hätten. Gemächlich
trabte ich in meinem Radfahrertempo vorwärts. Gelegentlich machte ich einen
Foto-Schnappschuss – so wie am Friedensmuseum in Remagen.
Friedensmuseum Remagen |
Am Ende des Tages hatte ich die Strecke von 120
Kilometern überraschend gut verkraftet. Die beruhigende Stille des Laacher Sees
vermisste ich aber.
Hallo!
AntwortenLöschenDa ist dir eine tolle Beschreibung von deiner beachtlichen Rad-Tour gelungen. Liest sich gut und schön, dass du deine Kamera auch dabei hattest.
Gruss, Wieczora (◔‿◔) | Mein Fotoblog
Man denkt beinahe man ist dabei gewesen, tolle Bilder und eine herrliche Beschreibbung.
AntwortenLöschenMan sollte dieses Wetter wirklich noch nutzen bevor der Herbst zu uns kommt :-)
Lieben Gruß, Michaela
Eine aaußerordentliche Radtour. Ich konnte dir anhand
AntwortenLöschender tollen Beschreibung gut folgen. Es ist gut, dass du
diese Touren jetzt noch machst, solange das Wetter hält.
Ich freue mich schon auf deine nächste "Anstrengung".
Einen schönen Abend wünscht Dir
Irmi
Lieber Dieter, was es nicht alles gibt - sogar Vulkan-Bräu ;o)) Selbst wenn die Gegendbeschreibung von dort etwas gefährlich klingt, interessant sieht es dort allemal aus - die ersten Bilder (Flachland und Felder) erinnern sehr stark an meine Wohnumgebung; Hügeligeres finde ich dann doch spannender. Aaaber ich weiß auch, wie sehr sich Hügel dann bei Radtouren anhängen können...
AntwortenLöschenAlles Liebe, Traude
PS: Ja, die Herren Marley und Tosh waren bei der Musikauswahl meines GöGa (natürlich! :o)) auch dabei. Ob Herr Rostrose auch Toots and the Maytals kennt, weiß ich ehrlich gesagt nicht, muss ich ihn mal fragen...
Ich bin auch gerade fast mitgeradelt mit dir^^ Echt toll wie du deine Tour wieder beschrieben hast, sei es in Wort und auch Bild. Wie immer kann ich nur den Hut vor dir ziehen...
AntwortenLöschenLiebe Grüssle
Nova
Toll, wie du deine Touren beschreibst.
AntwortenLöschenUnd ich frage mich, ob du schonmal an mir vorbeigeradelt bist.
:-)
Viele Ninjassiebengrüße
Ich meine ja, ich sei alleine durch das Lesen dieses schönen Tourenberichts ein klein Wenig fitter geworden. :-)))
AntwortenLöschenTolle Tour. Klasse Bericht! Respekt!
lieben Gruß
Brigitta
Na dann, alle Achtung Dieter!
AntwortenLöschenEine gute Strecke war das; Da geht es am linken Niederrhein doch leichter zu.
Ich habe meinen (englischen) Mann mal mit in die Eifel genommen, auch zu Maria Laach; wir hatten einen wunderschoenen Tag bei herrlichem Sommerwetter und ich habe mir einen Tonkrug, von den Moenchen gemacht, zum Andenken gekauft. Du hast bei mir sehr schoene erinnerungen geweckt. (Allerdings waren wir per Auto)
Das sind ja sportliche Höchstleistungen, die du da vollbringst. Bemerkenswert!
AntwortenLöschenGenau genommen ist der Laacher See kein Vulkantrichter, sondern eine Caldera, ein 'großer Blubb' von vulkanischem Gas sozusagen, nicht weniger schlimm. Die Bläschen steigen immer noch auf; ich habe sie selbst an einer Stelle gesehen und finde das ziemlich unheimlich. Dass die Eifelvulkane nur ruhen, darin sind sich die Wissenschaftler einig. Aber da die Erde 'in Jahrhunderten rechnet' wird wohl hoffentlich allzu bald nichts passieren.
LG, 'Franka'
Oooops, ich meine natürlich nicht 'Jahrhunderte', sondern 'Hunderttausende' von Jahren.
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