Printenmann auf dem Aachener Weihnachtsmarkt Quelle: Wikipedia |
England zeigte sich unbeeindruckt, denn es hatte in
Übersee ein umfassendes Kolonialreich. Der Handel blühte, besonders eng waren
die Wirtschaftsbeziehungen mit Amerika. Napoleon hatte sich verschätzt, denn er
traf mit diesem Racheakt nicht den englischen Feind, sondern die Verbündeten
auf dem europäischen Festland. Auch das Rheinland zählte zu seinen Verbündeten.
So hatten sich ab dem 15. Jahrhundert Handwerker aus
dem Maastal in Belgien in Aachen nieder gelassen, die aus Messing
Schmiedearbeiten ausführten – sogenannte „dinanderies“. Sie schmiedeten Formen,
die sie auch zum Backen verwendeten. Mit den Backformen importierten sie das
Gebildebrot, das sie im Maastal „couques de Dinant“ nannten. Das Gebildebrot, eine
Variante des Lebkuchens, war der Vorläufer der heutigen Aachener Printen. Aus
Mehl, Honig und handverlesenen Gewürzen wurde ein zäher Teig geknetet, der in
Messingformen gepreßt wurde und anschließend gebacken wurde. Für dieses
Hineindrücken des Teiges in die Ausstechformen verwendeten die Bäcker das
englische Wort „print“, woraus das deutsche Wort „Printe“ entstand.
Eier und Margarine fehlen in dieser Teigmasse für Printen. Anstatt
dessen verleihen Honig und Zutaten wie Pottasche, Vanillezucker, Zimt, Anis,
Nelken, Koriander und Ingwer den würzigen Geschmack. Da Eier und Margarine
fehlten, musste beim Backen darauf geachtet werden, dass die Printen weder zu hart
wurden, dass sie kaum noch durchgebissen werden konnten, noch zu weich, dass sie
Zähne und Mund verklebten. So entdeckten die Aachener Bäcker im 18. Jahrhundert,
dass, wenn sie Wildblütenhonig der Teigmasse beifügten, die Printen genau die
richtige Konsistenz besaßen zwischen
Hart und Weich.
Sie verwendeten vorzugsweise Wildblütenhonig aus
Amerika. Als Napoleon 1806 England mit der Kontinentalsperre abstrafte, war
dies Pech für die Aachener Printenbäcker, denn der amerikanische Wildblütenhonig konnte nicht mehr importiert werden. Die Qualität des heimischen Honigs
war Lichtjahre entfernt von demjenigen aus Amerika. Was tun
?
Nicht die Seemacht England bekam die
Kontinentalsperre zu spüren, sondern neben den Aachener Printenbäckern der
Handel und die heimische Industrie. Es wurde weniger Fracht in den Häfen
umgeschlagen, die Hansestädte verarmten. Die rheinische Textilindustrie musste
Ersatz suchen für Baumwolle aus Amerika. Der Export von Holz kam zum Erliegen. Arbeiter
rebellierten in Häfen und Fabriken.
Die Aachener Printenbäcker suchten, forschten,
experimentierten und konzentrierten sich darauf, was die heimische
Landwirtschaft hergab. Sie entdeckten den Rübensirup, der den Printen eine
ähnliche Konsistenz verlieh wie der Wildblütenhonig aus Amerika. Rübensirup war
krisensicher, denn auf heimischen Feldern gab es Zuckerrüben in Hülle und
Fülle. Er hatte außerdem den Vorzug, dass die braune Färbung der Printen
intensiver wurde.
Im Endeffekt sorgte die Kontinentalsperre für den
Durchbruch der Aachener Printe, denn die Bäcker besannen sich auf heimische
Rohstoffe, die preisgünstiger waren. Neben amerikanischem Wildblütenhonig
verwendeten die Bäcker bis zur Kontinentalsperre 1806 auch Zuckerrohr aus
Brasilien, so dass die Printe ein edles Gebäck für gut betuchte Reiche und
Adlige war. Mit dem Rohstoff der Zuckerrübe sanken die Preise für Printen, so
dass sich auch eine Arbeiterfamilie die eine oder andere Printe zu festlichen
Anlässen leisten konnte. 1899 wurde die Aachener Printe als Wortmarke beim
Patentamt angemeldet.
Ähnlich wie Lebkuchen in Nürnberg, sind in Aachen
kleine und große Geschäfte vorzufinden, dessen Vielfalt an Printen
unüberschaubar ist. Selten ist die Kombination von Café und Printe. 1890
eröffnete der Printenbaron van den Daele nicht weit vom Dom entfernt eine
Konditorei. Möbliert im Stil des Aachen-Lütticher-Barock, ist die
Printenherstellung in dem Alt-Aachener Kaffee-Haus heutzutage lebendig. Teile der
Konditorei aus den Jahren nach 1890 haben die Inhaber belassen. Als Wandschmuck
dienen Original-Printen-Backformen.
Den Gebäck- und Printenfabrikanten rund um Aachen
geht es heutzutage nicht schlecht. Sie produzieren über das ganze Jahr nicht
nur Printen. Sie waren zu Kreativität verdammt, angestoßen durch Napoleons
Kontinentalsperre. Mit Einfällen haben sie Krisenzeiten gemeistert.
Stimmt Dieter, "mit Einfällen haben sie die Krisenzeiten gemeistert", sonst wäre die Aacherner Printen und all die anderen Leckereien, nicht das, was sie heute sind. Danke für die Hintergrundinfo. Habe ich mir nie Gedanken drum gemacht beim Anblick der Printen.
AntwortenLöschenSchönen Tag und liebe Grüße
Angelika
Danke für den tollen Beitrag Dieter ... auch wenn ich jetzt nicht so der Lebkuchen-/Printenliebhaber bin *ggg*
AntwortenLöschenHej Dieter,
AntwortenLöscheninteressant und wieder einmal überaus lesenswert!!! Jaha, Krisenzeiten sind Lehrmeister, das ist grundsätzlich so. Geschichten aus der Geschichte, wunderbare Lektüre.
Leider habe ich nicht eine Printe im Haus ;-)
LG
Beate
Nun habe ich bei dir etwas gelernt und weiß, woher der Begriff "Printen" kommt. Eigentlich eine logische Schlussfolgerung, man muss es eben nur wissen.
AntwortenLöschenSolch Kontinentalsperren beeinträchtigen schon ganze Industriebereiche, wenn sie greifen.
War wieder ein sehr interessanter post von dir. :-)
Liebe Grüße und gut Nächtle
Christa
Vielen lieben Dank für den sehr interessanten Post. So kenne ich zwar auch die Printen, bin kein direkter Freund davon, aber kenne nun auch die Geschichte dahinter.
AntwortenLöschenHier kennt man sie noch nicht wirklich. Gibt es nur zur Weihnachtszeit in bestimmten Geschäften zu kaufen.
Wünsche einen schönen Tag und sende herzliche Grüsse
Nova
Lebkuchen, Printen, lecker!!Typisch eben für diese Gegend.
AntwortenLöschenWie hier eben Sacher oder Linzertorte.
Ein toller Aertikel,Danke :)
Lieben Gruß, Michaela
Hallo (◠‿◠)
AntwortenLöschenAuf die Idee, über Aacherner Printen nachzudenken bin ich noch nie gekommen, kenne sie auch nicht wirklich. Danke für die interessanten Infos, und ebf für deinen cmt.: Ich habe gar nicht versucht, hinein zu gehen. Mir ist der islamische Glauben zu fremd, und ich möchte da nicht so reinplatzen u.vlt. noch in i-welchen Fettnäpfchen landen, von wegen Kleidung...
Gruss, Wieczora (◔‿◔) | Mein Fotoblog
Vielen Dank für diese Ausführung! Hatte mir, ehrlich gesagt, noch nie Gedanken gemacht, wo das Wort herkommt! Aber interessant natürlich die Ausführungen über die Folgen der "Kontinentalsperre"! Dass so ein Schuss nach hinten losgehen kann, bedachten/bedenken Feldherren selten (keine Ahnung von wirtschaftlichen Zusammenhängen?)
AntwortenLöschenLG Calendula
Erstaunlich, wo manche Sachen herkommen bzw. wie sie entstanden sind. Hier ist auch ein Printengeschäft oder eher ein Café auf der Breite Straße. Aber Printen - ne, die sind mir viel zu hart. Deshalb mag ich sie nicht.
AntwortenLöschen