König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen Quelle Wikipedia |
Ich glaubte, die Verbindung von Bonn nach Düsseldorf
schnell gefunden zu haben. Die beiden waren Brüder, sie wuchsen auf Gut Paretz
nordwestlich von Potsdam auf. Mit ihren Eltern, König Friedrich Wilhelm III.
von Preußen und ihrer Mutter Luise von Mecklenburg-Strelitz, ergriffen sie die
Flucht 1806 nach Ostpreußen, als die preußischen Truppen gegen Napoleon kläglich
gescheitert waren. 11 und 13 Jahre waren beide alt, und auch die Vornamen
ähnelten sich: Wilhelm Friedrich Ludwig hieß der jüngere Bruder, Friedrich
Wilhelm der ältere, ganz im Sinne der Erbfolge, und so wurde aus ihm, als 1840
sein Vater starb, der König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, weil er zwei
Jahre älter war als Wilhelm Friedrich Ludwig.
Es ist also die Erbfolge auf dem Thron, die Bonn und das übrige Rheinland nach Düsseldorf überleitet. Bonn, Köln, Koblenz: das
verwirrt, dass sich in gewaltigen Kaiser-Wilhelm-Denkmälern in vielen Städten sein
Bruder Wilhelm Friedrich Ludwig verewigt hat, der zuerst 1858 zum König von Preußen
gekrönt wurde, und dann, 1870/71, nach den siegreichen Feldzügen gegen Frankreich, als Kaiser Wilhelm I., zum Kaiser des soeben geborenen deutschen Volkes wurde. Mitunter habe ich den Eindruck, dass
über Bonn, Köln und Koblenz hinaus – nicht nur im Rheinland – Kaiser-Wilhelm-Denkmäler
wie Pilze aus dem Boden schießen.
Düsseldorf im Ausnahmezustand ? Die Königskrone als
Abwertung ? Man schrieb das Jahr 1851, die Nachwehen der nie stattgefundenen 1848er-Revolution
wirkten nach, als die damalige „Kastanienallee“ in „Königsallee“ umgetauft
wurde.
Die Königsallee, eines der Markenzeichen von
Düsseldorf, hat sich seit der Nachkriegszeit, als eine der Edel-Einkaufsmeilen
Deutschlands mit dem besonderen Flair einer besonderen Parkgestaltung etabliert.
1804, als die Stadtbefestigung geschleift wurde, bauten Landschaftsarchitekten aus
den Wassergräben den Kanal, der wie mit dem Lineal gezeichnet ist und der seine
Gestalt bis heute erhalten hat. Die Allee säumen 120 Kastanienbäume.
In dem revolutionsträchtigen Jahr 1848 stattete
König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen Düsseldorf einen Besuch ab. Schon als
Jugendlicher hatte er sich für Architektur und Kunst begeistert. Romantische
Literatur hatte er in Massen verschlungen. Er liebte die Burgenromantik des
Rheins, die Phantasie beflügelte ihn, und so trieb er maßgeblich die Idee
voran, den 600 Jahre als Baustelle verrottenden Kölner Dom fertig bauen zu
lassen und zu vollenden. So ergab es sich, dass er am 14. August 1848 auf dem
Weg nach Köln einen Abstecher nach Düsseldorf machte, um seinen Schwager, den Prinzen
Friedrich von Hohenzollern, im Schloß Jägerhof zu besuchen.
Die Revolutionswirren im März 1848 hatten König Friedrich
Wilhelm IV. überrollt. Er war in sich gespalten, drehte sich, wendete sich,
hatte keine klaren Standpunkte, floh schließlich vor sich selbst, so wie seine
Eltern einst mit ihm vor Napoleon geflohen waren. Ausgebeutet in Fabriken und
von Kapitalisten, zerrieben in einer sozialen Schieflage, war das Volk unzufrieden
und forderte die Ideale der 1789er-Revolution in Frankreich ein, das waren
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – allen voran Pressefreiheit und Verzicht
auf Zensur, und einen deutschen Einheitsstaat.
Düsseldorf Königsallee |
Als die Massen in Berlin auf die Straßen gingen, versprach König Friedrich Wilhelm IV. zuerst Freiheit, Pressefreiheit und eine gesamtdeutsche Verfassung, die er für den Sommer in der Frankfurter Paulskirche in Aussicht gestellt hatte. Kurze Zeit später, ruderte er zurück und sagte, dass das Schicksal nicht in seiner Hand liege, dass er aber alles tun werde, was in seiner Kraft liege, um sich redlich und ernst zu verhalten. Dabei ließ er den Befehlshabern der preußischen Armee freie Hand, die nach rückwärts dachten und sich gegen jegliche Demokratisierungstendenzen sperrten. So eskalierte die Lage in Berlin Mitte März, indem sich die Massenproteste zu Barrikadenkämpfen und einem Bürgerkrieg ausweiteten, in dem 200 Zivilisten getötet wurden. Einige Tage später, dachte er in wirklichkeitsfremden Kategorien, indem er, geschmückt in den Farben schwarz-rot-gold durch Berlin ritt, um seinem Volk zu zeigen, dass die Idee eines deutschen Nationalstaats weiterhin auf seiner Agenda stand.
Das Volk harrte aus, wartete auf die verfassungsgebende
Versammlung in der Frankfurter Paulskirche, man war unzufrieden, es kochte und
gärte in allen Ecken der Republik. In diesem Umfeld war sich der Düsseldorfer
Stadtrat uneinig, wie er mit dem Besuch des umstrittenen Königs Friedrich
Wilhelm IV. umgehen sollte. Der Weg vom Bahnhof der Köln-Mindener Eisenbahn zum
Schloß Jägerhof, den das Königspaar in einer offenen Kutsch zurück legen sollte,
war festlich geschmückt, ebenso der Weg von dort aus zur Kastanienallee. Aus
der ganzen Stadt und aus weiter Ferne war die Bevölkerung eingetrudelt und hatte sich am Wegesrand eingefunden. Anfangs jubelte das Volk, aber
die Grundstimmung war angespannt. Eine verhaltene Beklommenheit, eine diffuse
Aufgeregtheit und eine allgemeine Gereiztheit herrschten vor. Die Stimmung
kippte. In die Jubelrufe mischten sich Pfiffe. Die Masse wurde lauter, stieß in
Trillerpfeifen hinein, und schrie ihren Unmut heraus, der sich in Gruppen
verstärkte.
Zum Eklat kam es schließlich auf der Kastanienallee.
Ein Jugendlicher war so erbost, dass er einem Pferd folgte, als dieses seinem
tierischen Bedürfnis nachgegeben hatte. Er hob die Pferdeäpfel auf schmiß damit
nach dem König. Davon traf ihn einer am Kopf. Daraufhin brach der Kutscher den
Ritt über die Kastanienallee ab, die Pferde trabten los und ritten auf
kürzestem Wege so schnell wie möglich zum Schloß Jägerhof.
Kaiser Wilhelm I. Quelle Wikipedia |
König Wilhelm IV. von Preußen hätte sogar noch höher
aufsteigen können. Die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche war
nicht zum Stillstand gekommen. Im Gegenteil: mit ihren Abgeordneten aus allen Ecken
Deutschlands tagte sie, und im Dezember 1848 lieferte sie ein Ergebnis ab, das
war der Verfassungsentwurf einer deutschen konstitutionellen Monarchie. Dieser Entwurf
beschrieb, dass die zirka dreißig Einzelstaaten über die Annahme der Verfassung
entscheiden sollten. Preußen als Schwergewicht im Deutschen Reich sollte die
Kaiserkrone erhalten.
Aber König Wilhelm IV. lehnte ab, erster deutscher
Kaiser zu werden. Er lebte noch in den Denkwelten eines Karl des Großen oder
Friedrich Barbarossa. Er fühlte sich nicht so, als würde er ein Volk vertreten.
Als König von Preußen sah er sich als ein König "von Gottes Gnaden",
so wie es die absolutistischen Herrscher gesehen hatten. 63-jährig, kinderlos
und somit ohne direkten Thronfolger, erkrankte er und gab die Königswürde an
seinen Bruder Wilhelm Friedrich Ludwig, dem späteren Kaiser Wilhelm I., ab.
Ja, auch schon früher kannte man keinen wirklichen Frieden mit der Bevölkerung und es wurde sich noch dagegen aufgelehnt. Wobei dann noch Pferdeäpfel als Wurfgeschoss harmlos sind...auch wenn ich die nicht an den Kopf bekommen möchte *gg*
AntwortenLöschenWieder sehr interessant danke ich dir für den Post.
Viele Grüsse
N☼va