Mittwoch, 11. Dezember 2013

"Earth Day" und Post-Tower

Quelle: www.wikipedia.de
Am „Earth Day“, nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima, kam die Stunde der Wahrheit. 1970 eingeführt, versank der „Earth Day“ jahrzehntelang in der Bedeutungslosigkeit, bis er nach der Reaktorkatastrophe ein komplett anderes Gewicht erhielt. So tat sich in Bonn im Jahr 2011 überraschendes, denn diesmal ging der Fingerzeig nicht auf den einzelnen Verbraucher, um die Ressourcen unseres Planeten zu schonen, sondern ein großer Konzern marschierte mit gutem Beispiel voran: das war die Deutsche Post. Sie zeigte, wie ohne Aufwand, ohne jemandem weh zu tun und ohne dass sich jemand gestört fühlt, Größenordnungen an Energie eingespart werden können.

Dies geschah, als die Haustechniker der Deutschen Post in der Nacht vom 25. auf den 26. März ganz einfach nichts taten. Sie legten nicht den magischen Einschalthebel um, der die Nachtbeleuchtung des Post-Towers hoch fuhr. Zehn Stunden lang versackte der hagere Klotz in dieser Nacht im Dunkeln, genauso wie die übrigen Bürogebäude in der Stadt. Alleine die Notbeleuchtung hauchte diesem Bauwerk noch ein bißchen Leben ein.

Der „Earth Day“ lüftete ein Geheimnis.

Denn die Deutsche Post ist anders herum unterwegs und hat den Klimaschutz in ihren Unternehmenszielen verankert. Bis zum Jahr 2020 will die Deutsche Post 30% CO2 einsparen. Das ist sicherlich lobenswert. Wie dies genau geschehen soll, dazu findet sich allerdings wenig konkretes. Umstellung der Paketzustellung auf Elektrofahrzeuge, Nutzung von Öko-Strom, Betankung mit alternativen Kraftstoffen in der restlichen Fahrzeugflotte. Ob eine Energiebilanz eine 30%ige Einsparung hergibt, dazu kann und muss bis zum Jahr 2020 sicherlich noch einiges geschehen.

Der Post-Tower war und ist Vorzeigeobjekt, was den Verbrauch der natürlichen Ressourcen betrifft. So wird die Klimaanlage mit Grundwasser betrieben, welches in Rheinnähe reichlich vorhanden ist. Vorgehängt, ist die Glasfassade doppelt gebaut worden. In dem Zwischenraum von 1,5 Metern kann die Luft zirkulieren, so dass sich die Büros bei hohen Außentemperaturen weniger aufheizen und weniger Strom für die Klimaanlage verbrauchen.

Diesen Mythos von Nachhaltigkeit und Umweltschutz hat der „Earth Day“ nunmehr angekratzt.

Die Nachtbeleuchtung des Post Tower spielt mit dem Licht. 5.775 Leuchtstoffröhren schütten ihr Licht aus. Farbwechselscheinwerfer modellieren die Grundfarben Rot, Gelb und Blau. Dimmer regulieren die Intensität. Blinker sorgen für Blinkeffekte. So leuchtet in der Vorweihnachtszeit ein Tannenbaum oder eine Adventskerze. In den übrigen Jahreszeiten überwiegt ein eintöniges strammes Blau, wobei an einzelnen Tagen die Grundfarben Rot oder Gelb erscheinen. Die Beleuchtung passt sich aber auch Ereignissen an: ein Portrait von Beethoven während des Beethovenfestes, ein Fußball während der Fußball-Weltmeisterschaft oder ganz einfach ein werbeträchtiges Posthorn.

Als Betrachter brauche ich keine solchen Spielereien. Widersprüche reißen auf, wenn die Deutsche Post einerseits die Nachhaltigkeit dermaßen heraushebt und anderseits ihre eigenen Stromverbrauch in die Höhe schießt, weil sich alle in die künstlerischen Gestaltungsformen der Nachtbeleuchtung verliebt haben.

Der „Earth Day“ hat bewiesen: in den zehn Stunden vom 25. auf den 26. März 2011, in denen die Lichter aus waren, wurde ein Viertel mal so viel Strom eingespart, wie ein Vier-Personen-Haushalt im Jahr verbraucht. Das ist eine Größenordnung. Macht es da noch Sinn, in unserem eigenen Haushalt auf Energie-sparende Verhaltensweisen zu achten ? Wenn sich Konzerne wie die Deutsche Post hinter einer Vernebelungstaktik verstecken ? Öffentlichkeitswirksam, bekommen wir nur das gezeigt, was in Hochglanzbroschüren steht. Widersprüche reißen auf, wenn man zwischen den Zeilen liest.

Die Entwicklung in den Folgejahren hat gezeigt, dass der „Earth Day“ als Plattform der unternehmerischen Selbstdarstellung zurecht gebogen wurde. 2011, nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima, war die Aktion der Deutschen Post einmalig. 2012 verkürzte sich die Zeitspanne auf eine Stunde. 2013 glänzte der Post Tower durch Abwesenheit und erstrahlte in vollem Licht. Das Jahr 2011 hat gezeigt, dass das Potenzial, um unseren Ressourcenverbrauch zu schonen, bei einem Gebäude in einer solchen Dimension hoch ist. Es ist traurig, dass sich Katastrophen ereignen müssen, um ein solches Bewusstsein zu schaffen.

5 Kommentare:

  1. Dieter, du zeigst es eindrucksvoll auf.
    Erst wenn was passiert, ändert sich evtl. etwas.
    Das ist schon sehr traurig.
    Einen schönen Mittwochabend wünscht dir
    Irmi

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  2. LIeber Dieter,
    ich melde mich aus der Blogpause zurück - und kann deinen heutigen Aertikel nur unterschreiben! Bei uns gibt es ebenfalls diese sehr fragwürdigen Lichtspiele in der Wiener Innenstadt - mein Interesse und meine Bereitschaft, bei mir daheim dann aus Energieersparnis- und Umweltschutzgründen die Heizung kleiner zu drehen hält sichnach solch einem dekadenten und verschwenderischen Anblick SEEEHR in Grenzen.
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    /▌*˛˚ ░ ░ٌٌٌ░ Alles Liebe, herzliche Adventgrüße und bis bald, ░░ ░ ˚ . ✰ •
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    Traude ♥♥♥♥

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  3. Das zeigt einfach, dass der Mensch nicht mal aus Fehlern lernt, er macht sie immer wieder. Und leider müssen sich erst schlimme Katastrophen ereignen, bevor sich überhaupt etwas bewegt.

    Liebe Grüße und dir und deiner Familie einen schönen 3. Advent
    Christa

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  4. Voller Entzücken konnte ich heute Mittag auf der Rheinuferstraße in Marienburg schon das Siebengebirge mit dem Post - Tower mit meinen neuen Augen erspähen - unbeleuchtet. Aber das hat auch gar nichts mit deinem Thema zu tun, eher mit meinem derzeitigen...
    Liebe Grüße
    Astrid

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  5. Die Größenordnung des Stromverbrauchs ist erschreckend... das es viel ist, hab ich gedacht, aber sooo viel?
    Tja, die Weihnachtsbeleuchtung sieht schön aus, dabei ist Deutschland noch relativ wenig erleuchtet, wenn man es mit anderen Ländern vergleicht.
    Eine Freundin von mir hat mal im Post Tower gearbeitet (damals war ich häufiger in Bonn), aber sie ist schon vor einigen Jahren nach Berlin gegangen.

    Liebe Grüße

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