Als der Augenblick der Bescherung gekommen war, hatte sich
ein innerer Knoten gelöst. Rund eine Woche Dauerbeschuss und Dauerstress, um
alles für das Weihnachtsfest organisiert zu haben. Da mussten wir alle durch.
Nun waren wir in familiärer Runde beisammen. Unter den Lichtern des Tannenbaums
beschenkten wir uns fleißig, und mir kam es so vor, als hätten wir mit unserem
kleinen Mädchen und all den Geschenken unser eigenes Christkind im Haus.
Mit einem Mal sah ich die Dinge lockerer. Der Druck war
entwichen, ich konnte zurückblicken und nach vorne schauen. Mir gingen all die
kleinen Dinge durch den Kopf, die genervt hatten oder auch Freude bereitet hatten.
Kopfsalat
Jede Hausfrau kennt das Ärgernis, dass das Angebot an
Kopfsalat (wie aller Salat und alles Gemüse) zur Winterszeit bescheiden und
unverschämt teuer ist. Als Essen hatten wir am Heiligabend einen Nudelauflauf
mit Kopfsalat geplant. Um beim Einkaufen nichts zu vergessen, hatten wir einen
langen Einkaufszettel geschrieben. Samstags zog ich in aller Frühe noch vor
unserem Frühstück los, um den Einkaufszettel abzuarbeiten. Darauf stand auch
der Kopfsalat. Als ich den Kopfsalat in der Einkaufsbox in unserem Flur trug,
machte meine Gattin einen Gesichtsausdruck und schaute mich an, als hätte ich
einen Mord begangen. Ihr Gesichtsausdruck hätte auch aus dem letzten Krimi mit
Inspektor Barnaby stammen können, als die Inhaberin eines Herrenhauses
entsetzte Schreie ausstieß, als sie die blutüberströmte Leiche einer alten Frau
an der Kellertreppe entdeckte. Samstag war zu früh, um Kopfsalat zu kaufen,
außerdem waren die Salat-Exemplare von LIDL zu klein und zu mickrig und bereits
verwelkt und mit 1,49 € viel zu teuer. Also durften wir schon am Samstag als
Beilage Salat essen. Am Heiligabend erwischte ich kurz nach 8 Uhr im Supermarkt
um die Ecke Kopfsalat mir einem großen Salatkopf und knackigen, hellgrünen
Blättern. Die 1,79 € für einen akzeptablen Kopfsalat kamen meiner Gattin sogar
noch preiswert vor. An Heiligabend seien die Kunden erpressbar, und der
Supermarkt hätte mit dem Preis noch um ein vielfaches höher gehen können.
Kinderchristmette
Früher hatte ich auf solche Menschen geschimpft, wie ich
heute selber einer geworden bin. Einst war ich ein mehr oder weniger
regelmäßiger Kirchgänger. Während die Messen an Samstagen und Sonntagen wie
leergefegt waren, glaubten viele Kirchenbesucher, dies mit einem Besuch der
Messe an Heiligabend nachholen zu können. Hier gähnende Leere, an Heiligabend
wegen Überfüllung geschlossen. Den vorläufigen Höhepunkt hatten wir im vorigen
Jahr in unserer Nachbargemeinde erreicht, als eine halbe Stunde vor Beginn der
Kinderchristmette kein Sitzplatz mehr frei war. Das fanden wir mit unserer
Kleinen überhaupt nicht spaßig, da sie im Menschengewimmel auf Rücken und
überragende Körpergrößen von Erwachsenen sehen konnte. Rasch alberte sie herum,
sie drehte und wand sich in der Menschentraube hin und her, sie warf sich auf
den Boden. Fast anderthalb Stunden kostete es uns erhebliche Mühe, dass sie
aufrecht stand. Permanent mussten wir sie abzulenken, zumal sie vom
eigentlichen Gottesdienst gar nichts mitbekam. In diesem Jahr waren wir 40
Minuten vor Beginn der Kinderchristmette um 17 Uhr in der Kirche unserer
Pfarrgemeinde. Den Platz konnten wir uns noch aussuchen (siebte Reihe). Obschon
einige Erwachsene vor ihr saßen, konnte sie vor allem das Kinder-Krippenspiel
beobachten. 30 Minuten vor Beginn der Kinderchristmesse war das Angebot an
freien Plätzen schon spärlicher. Und mit Beginn der Messe quollen die
Seitengänge und die hinteren Reihen über von Kirchenbesuchern.
Kleine Geschenke
Wie in jedem Jahr, habe ich festgestellt, dass wir viel zu
viel Geld für Weihnachtsgeschenke ausgegeben haben. In betriebswirtschaftlichem
Jargon ausgedrückt, ist die Beschenkerei eine Art von Benchmarking. Es werden
Euro-Beträge gebildet, wer wem wie viel schenkt. Es soll sich keiner
benachteiligt fühlen, dem zu wenig geschenkt wird (und als Schlussfolgerung
vielleicht zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird). Daher werden aus kleineren
Geschenken größere Geschenke oder den kleineren Geschenken werden weitere
kleinere Geschenke hinzugefügt, so dass die Werteproportionen wieder stimmen.
Wie in den vergangenen Jahren, habe ich festgestellt, dass die kleinen
Geschenke durchaus viel Freude erzeugen können. Unser kleines Mädchen hat sich
über ein Schulfreundebuch (in dem sich ihre Freunde eintragen können) besonders
gefreut. Genauso riesig habe ich mich über die Reclam-Fremdsprachentextausgabe
„La tête en friche“ gefreut, welche mir unser großes Mädchen geschenkt hat.
Dieses Buch von Marie-Sabine Roger ist unter dem Titel „Das Labyrinth der
Wörter“ in der Verfilmung mit Gérard Dépardieu bekannt geworden. Achja: über
unsere Bastelkalender mit unseren Familienfotos freuen sich alljährlich die
Beschenkten besonders.
Weihnachtstage = Fernsehtage
Nach rund einer Woche Dauerbeschuss und Dauerstress vor
Weihnachten haben wir es uns erlaubt, faul zu sein. Wenn wir uns im Kreise
unserer Familien nicht gerade gegenseitig besuchen und wenn nicht gerade mit Weihnachtsgeschenken
gespielt wird, läuft bei uns die Fernsehkiste. Das Programm hatte auch für
jeden Geschmack etwas zu bieten. Gestern Abend haben wir uns noch über Mrs.
Doubtfire kaputt gelacht. Vorgestern Abend liefen parallel Harry Potter und ET.
Ist zwar total kitschig, aber seit einigen Jahren genieße ich die
Sissy-Verfilmungen mit Karl-Heinz Böhm und Romy Schneider. Es werden zwar nur
Teile aus ihrem Leben richtig dargestellt, aber dies mit soviel Liebe für
historische Details, dass ich die Unmasse von Laiendarstellern und die Unmasse
von historischen Kostümen und die Unmasse von historischen Drehorten bewundere.
Unvorstellbar, dass Österreich bis zum zweiten Weltkrieg in die Lombardei, nach
Venetien, nach Korfu und bis nach Ungarn gereicht hat. Die historische
Landkarte zur Zeit des Habsburger Reiches ist vollkommen richtig wieder gegeben
worden. Der Geist damaliger Königshäuser und damaliger Herrschaftsstrukturen
findet sich heutzutage in so manchen Königshäusern wieder..
Frittenbude
So ganz hat sich Weihnachten unseren Essgewohnheiten noch
nicht angepasst. Als wir am zweiten Weihnachtsfeiertag von meinen Eltern
zurückkehrten, hatten wir abends nur noch kleinere Reste zum Essen übrig. Spontan
hatten wir Lust auf Currywurst mit Fritten. Ich setzte mich in unser Auto um
nachzuschauen, ob eine der drei Frittenbuden in unserem Ort geöffnet war. Ich
war optimistisch, da die Inhaber jeweils Griechen waren und da die Griechen (orthodoxer
Glauben) ohnehin erst im neuen Jahr das Weihnachtsfest feiern. Doch in allen
drei Frittenbuden war es dunkel, die Lichter waren aus, kein Mensch war dort zu
sehen. Also mussten wir improvisieren. Wir schoben Frühlingsrollen in den Backofen,
eine Handvoll Bratkartoffeln war zum Braten noch übrig, ich begnügte mich mit
Broten. Es funktionierte auch so. Erst heute hatten die drei Frittenbuden
wieder geöffnet.
Hallo Dieter, na, dass Du Sissi guckst... hätte ich ehrlich gesagt nie vermutet! Aber ich steh manchmal auch auf solche "Schinken", kann mich noch genau erinnern, dass ich LETZTES JAHR Weihnachten mir "Doktor Schiwago" am 2. Weihnachtstag "reingezogen" habe, ich war ganz vertieft in der mir sehr wohl bekannten Geschichte.
AntwortenLöschenJa, und mit dem Kirchenbesuch gebe ich Dir recht. Eine tiefe Sehnsucht nach der Weihnachtsfreude treibt die Menschen in die Kirchen. Mit Eurem Mädchen erlebt Ihr Weihnachten intensiver. Und dass Weihnachten in der Krippe begann sollte man nicht vergessen.
Schön auch, dass sie die Beschenkten über die kleinen Geschenke, wie die Fotokalender freuen. Das ist eben etwas sehr persönliches und nicht irgendetwas.
Ich wünsche Euch noch schöne ruhige Tage!
LG Marita
Ach ja alte Filme sind doch Seelenbalsam und ich guck sie auch gerne und mein Mann kriegt die Krise.
AntwortenLöschenIch war am heiligen Abend auch zur Mitternachtsmesse mit meinem Enkelsohn und ich habe mich darüber sehr gefreut, das er mich begleitet hat.
Das Thema Geschenke spielt keine große Rolle, die Enkelkinder bekommen ein geschenk und Ende. Die Erwachsenen bekommen eine schöne Flasche Wein und mehr gibts nicht. ich brauche diesem Konsumrausch nicht. Zeit und Gemeinsamkeit sind wichtiger als geschenke und die Menschen sollten sich auf den Sinn des festes besinnen.
Gute Nacht und liebe Grüße
Angelika
Nun also geschafft und hinter dich gebracht ;-) So isses doch, wie man lesen kann, ein schönes Weihnachtsfest gewesen. Musste herzhaft lachen über deine Aussagen von Barnaby, Kopfsalat und Sissi.
AntwortenLöschenSo gucke ich Barnaby auch immer noch sehr gerne, aber mit Sissi kannste mich jagen. Da ziehe ich jeden Zeichentrickfilm vor, ein Fan davon vermisse ich so einige der alten Filme oder Serien^^
Mit dem Salat und den Preisen kenne ich von hier auch, so ist Salat im Oktober/November immer sauteuer. Allerdings wundere ich mich immer über die Haltbarkeit. So kann man Gemüse und auch den normalen Blattsalat immer gut eine Woche im Kühlfach lagern ohne das er seine Knackigkeit verliert.
Für's nächste Jahr solltest du dann dein Einkaufszettel vielleicht noch erweitern....Pommes und Wurst müssen mit drauf, im Falle des Falles das der Appetit auf Currywurst mit Pommes folgt *gg*
Danke dir für den toll geschriebenen Rückblick und viele Grüssle an dich und die Familie
Nova
Den Film 'Das Labyrinth der Wörter' hab ich auch gesehen und fand ihn ganz zauberhaft. Viel Vergnügen beim Lesen der Lektüre!
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
N.
Willkommen zurück in der Normalität *ggg*
AntwortenLöschenIch fand das Fernsehprogramm an Weihnachten mehr als traurig. Ich erinnere mich daran, dass während meiner Zeit als Kind bzw. Jugendliche eigentlich immer irgendetwas tolles an Weihnachten gesendet wurde. Dieses Weihnachten habe ich mich von A nach B gezappt.
Bezüglich des Essens haben wir es dieses Jahr sehr geschickt gemacht. Heiligabend bei uns traditionell Nudelsalat mit Würstchen (kann man gut einige Tage im Voraus kaufen) und am 1. und 2. Tag woanders einladen ;-)
Sehr schön geschrieben, lieber Dieter; dabei fühlte ich mich in die zeit zurückversetzt, als meine kids noch klein waren ;) Ja, ja, die "u-boot-christen". DAS erlebte ich vor vielen jahren in Bendorf: Eine in nerz gehüllte dame erschien auf der dem chor vorbehaltenen empore u. war ganz entsetzt, daß sie mit ihrem gefolge dort auch keinen sitzplatz fand, ihr kommentar: "Ihr seid doch jeden Sonntag in der kirche, müßt ihr am heiligen abend noch den leuten den platz wegnehmen?"
AntwortenLöschenNa, den geschenkerummel hasse ich wie bauchweh .... warum gerade zu Weihnachten schenken? Täglich gibt es gelegenheit, ein kleines geschenk zu machen, mit einer netten geste, oder kleiner hilfeleistung. Ist doch traurig, daß es eine "geschenkescala" gibt, nun, mit der hatte ich noch nie was am hut - ich schenke gerne, aber nicht "als/aus pflichtübung" ;)
So wünsche ich Dir u. Deiner familie noch eine entspannte zeit "zwischen den jahren"
liebe grüße ins Rheinland
Bine
Hallo Dieter,
AntwortenLöscheneinen schönen Einblick hast du uns beschert in euer Weihnachten. Die Kopfsalatgeschichte brachte mich schon zum Schmunzeln. Ist aber echt schon unverschämt, was wir im Moment für Gemüse bezahlen dürfen.
Lg
Barbara
Hey Dieter,
AntwortenLöschenalso das TV-Prog und alles was dazwischen gesendet wird, finde ich in der Weihnachtszeit (sowie zum Jahreswechsel) grauenvoll. Besser nur noch Nachrichten und die am besten online.
Nudelauflauf mit Kopfsalat hab eich noch nie als Weihnachstessen gesehen. Gemüse ist z.Zt. ein Prob, abgesehen von Möhren und dem Tiefkühlsortiment.
Insg wirkt das alles sehr stressig bei dir, aber dein kleines Mädchen scheint dich mit ihrer Freude für alles entschädigt zu haben. Da weisst du dann, wofür du dich aufgeräufelt hast. Trotzdem würde ich an eurer Stelle nach Veränderungen suchen, denn die Kleine wird auch älter...
Hab(t) eine schöne (hoffentlich freie) Zeit zwischen den Jahren und ein gutes Neues Jahr voller Gesundheit und Zufriedenheit.
Beste Grüsse, Wieczorama (◔‿◔) | Mein Fotoblog
hej Dieter,
AntwortenLöschennach Weihnachten ist vor Weihnachten. Für das Kommende habe ich gelernt, dass Erwartungen alles zunichte machen können. Erst war mir recht, dass bei uns alles spartanisch, wenn überhaupt ablaufen würde. Gerade das bescherte eine Festlichkeit, wie ich sie lange nicht erlebt habe. Klar, mit einem kleinen Kind geht das nicht ganz auf diese Weise. Es fällt oft schwer mit dem "Weniger ist mehr", aber es lohnt sich!
Gruß Beate
Lieber Dieter, ich hab mich gerade königlich über deien Kopfsalatstory amüsiert! Vielleicht sogar kaiserlich. Ich will übrigens unsere Sis(s)i wieder zurückhaben, kein heutiger Politiker ist auch nur annähernd so interessant und so attraktiv so gut gekleidet wie sie. Und so publikumswirksam. Was glaubst du, wie das die Touristen in unser inzwischen überschaubar kleines Österreich brächte - eine vom Balkon winkende schöne Kaiserin samt Franzl! (Von mir aus könnten alle vier Jahre neue "Kaisers" gecastet werden - oder immer wieder neue Schauspieler auf den Balkon gestellt. Die Menschen akzeptieren das. In Disneyworld gibt es auch stündlich wechselnde Artielles sowie 30 verschiedene Mickeymäuse, bei denen man Schlange steht, um einer davon die Hände zu drücken - haben wir vor einigen Jahren, als Jana klein war, erlebt. Selbstverständlich war JEDE Mickymaus die ECHTE. Das funktioniert bestimmt auch mit Sisi.)
AntwortenLöschenZu den Geschenken - mir gefiel die Idee, die im Familienkreis von Frau Hummel praktiziert wird: Man wichtelt. Sie beschreibt das in ihrem Kommentar so: "Und dann kommt der grosse Moment, nämlich die Auflösung des Wichtelgeheimnisses! Wir wichteln schon seit ein paar Jahren in der Familie, wir "Grossen" untereinander. Das ist immer eine Riesen-Geheimniskrämerei von dem Moment an, wo die (natürlich geheim bleibenden!) zu bewichtelnden Familienmitglieder gezogen wurden! Jeder gibt sich alle Mühe, herauszukriegen, wer wen gezogen hat, und wiederum jeder versucht, den andern diesbezüglich auf's Glatteis zu führen. Ein grosser Spass!" Auf jeden Fall finde ich das praktisch: Jeder zieht nur eine Person und hat somit nur ein einziges erwachsenes Familienmitglied zu beschenken (die Kinder bekommen natürlich mehr bzw. von allen was) und kann sich daher jede Menge Gedanken darüber machen, womit man dieser Person wohl eine echte Freude bereitet - und den Wichtel-Spaß gibt's vorweg gratis noch dazu. Eventuell noch ein Preislimit festlegen und schon ist das Benchmarking in gewisse Schranken gewiesen.
Ganz liebe "zwischen-den-Jahren-Grüße" von der rostrosigen Traude
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Artielles sollte natürlich Arielles heißen und
AntwortenLöschendeien = deine
Solltest du weitere Fehler finden, darfst du sie behalten ;o))
Geiz gehört nicht in die Weihnachtszeit. Wer Geld für die Frittenbude (äh) und Benzingeld für den Weg dahin hat, kann auch den Preis für einen gesunden Kopfsalat akzeptieren. Geiz kann wohl nicht geil genug sein. Wer lebt denn diesen schlechten Stil noch?
AntwortenLöschenSchön, wenn der Stress mit einem mal so von einem abfällt. So was kann ich leider meistens nicht, bin da einfach zu wenig tiefenentspannt - und ja generell irgendwie immer unter Strom. Habe mich daran aber schon gewöhnt. ;)
AntwortenLöschenLiebe Grüße und ein schönes Jahr 2013 für dich!