Wie eine Krake griffen sie um
sich. Die jungen Frauen in Overalls hatten sich auf der Kreuzung zweier
Einkaufsstraßen positioniert und machten einen Beutezug auf die Laufkundschaft.
Mit Mühe entkam ich ihnen, als sie mich mit einem Flyer über die Vorzüge ihres
Fitness-Studios aufklären wollten. Weniger aufdringlich war eine Parfümerie:
eine hübsche Promoterin mit einer gestylten Lockenfrisur pries ein neues Parfüm
an, das den Namen einer US-Schauspielerin trug. Ab und zu stoppten Frauen, sogen
die Duftmarke in ihre Nasen hinein, die meisten schritten anschließend
unbeteiligt weiter. Kurz vor dem Busbahnhof verrammelten Prozentschilder in
einer aufreißenden Art ein Schaufenster, hinter dem man angeblich Bettwäsche
nachgeschmissen bekam. Auf den matten Pflastersteinen tat ich mich schwer, aus
dieser künstlichen Waren-Welt die Überfülle an Eindrücken herunter zu fahren.
Der Verkehr staute sich bis zur roten Ampel am Hauptbahnhof dahin.
Lange Zeit hatte ich keine
öffentlichen Verkehrsmittel mehr benutzt, und prompt war ich wieder aufgereizt.
Ich starrte auf die rote Bank.
Eine Bank ? Rot ? Vor der
Bushaltestelle ? So richtig zum Hinsetzen ? Das war wieder der Weg zurück in
grelle Farben und in eine künstliche Waren-Welt hinein. Ich erinnerte mich an
das, was man gemeinhin unter einer Sitzbank verstand: Holz, natur, aus schmalen
Brettern bestehend, etwas abgewetzt, gemütlich zum Sitzen. Das war hier nicht so.
Nun hatte sich die Sparkasse
dieser Bank bemächtigt. Das war neu, in welche Kreise Sponsoring oder Product
Placement hinein griffen. An so manches hatte ich mich ja gewöhnt. All die ganzen
Formel 1-Rennwagen von BMW, Renault, Ferrari, Merzedes waren in aller Munde. Wenn
die Stars der Fußball-Bundesliga Schuhe von Nike oder Adidas trugen, störte
mich nicht. Ich hielt es für nutzbringend, den Breitensport zu sponsern – wie
etwa das Radrennen „Rund um Köln“ von Skoda oder den Weihnachtslauf in unserem
Nachbarort von REWE. Ausstellungen in Museen zu sponsern, konnte ich ebenfalls
etwas positives abgewinnen – beispielsweise die Hockney-Ausstellung in Köln
durch Rolex. Aber Sitzbänke ?
Das war komplett neben der
Spur – noch dazu in dieser schrecklichen roten Farbe. Dabei war der Grundidee
„Bank = Geschäftsbank = Bankgeschäfte“ nicht verkehrt. Kaufleute aus Venedig
tätigten im 13. Jahrhundert ihre Geldwechselgeschäfte auf Bänken, woraus die
ersten Banken im venezianischen Handelsverkehr entstanden, der bis nach Asien
reichte. Die venezianischen Kaufleute entwickelten Finanzierungsgeschäfte, die
bis heute Anwendung finden. „Bank = Geschäftsbank = Bankgeschäfte“ war somit
der Entwicklungspfad, den Banken im Venedig des 13. Jahrhunderts durchlaufen
hatten.
Die Geschichte der roten Bank
= Sparkasse war schnell erzählt. Die Sparkasse sponserte im Frühjahr 2012
insgesamt 50 Bänke, die entsprechend der Farbgebung der Sparkasse rot lackiert
waren. Durch dieses Bank-Sponsoring sparten die Stadtwerke die dazugehörigen
Beschaffungskosten ein. Bei den chronisch verschuldeten öffentlichen Haushalten
mochte dies ein wenig Entlastung bedeuten. Fahrgäste von Bussen und Bahnen, die
auf den Bänken weilten, sollte mit der roten Farbe suggeriert werden, dass die
Sparkasse sie allgegenwärtig begleitete.
Gestalter und Designer hatten
offensichtlich an einer Geschmacksverirrung gelitten. Die knallrote Farbe dürfte
auf die meisten Bus- und Bahnkunden abweisend wirken. Aufdringlich wie die
Flyer-Aktion des Fitness-Studios, einlullend wie der neue Parfum-Duft,
aufreißerisch wie die Prozentschilder einer Rabatt-Aktion. Die künstliche
Waren-Welt der Fußgängerzone setzte sich nahtlos bis zur Bushaltestelle fort.
Jedesmal, wenn ich dort stand, schaute ich weg. An manchen Stellen war die
Stadt eine Aneinanderreihung von Hässlichkeiten, wobei niemand den Bürger
gefragt hatte, ob er sie auch haben wollte.
Bank-Sponsoring – die
Grundidee, die diese Bank mit der Sparkasse verbindet, verstand der normale
Bürger kaum. Das war abgedreht ohne jegliche Bodenhaftung. „Für üch do“ (für
euch da) hieß es in dem Werbeslogan, der vorgab, man hätte die Kunden der
Sparkasse in einer Art von Marktforschung befragt, wie das optimale Design aus
Kundensicht aussähe. So scheußlich, wie die Bank aussah, konnte daran kein
Kunde der Sparkasse mitgewirkt haben. Vielleicht sollte man diejenigen Kunden
der Sparkasse ausfindig machen, die den Anblick der überproportionierten roten
Farbe ertragen mussten.
Bestimmt wäre der eine oder
andere Kunde der Sparkasse dabei, der beim Anblick dieser Bank gerne sein Girokonto
kündigen würde.
Ich bin ehrlich...ich mag das Design und auch die Farbe ;-) So gehört ROT allerdings auch zu meinen Lieblingsfarben, und dazu kommt noch das diese Bank auch immer gut zu erkennen ist *gg*
AntwortenLöschen...auch wenn der eigentliche Grund halt an der Farbgebung der Sparkasse liegt.
Schönen Tag und herzliche Inselgrüssle
Nova
Tcha mein lieber Dieter, so ist das nun mal. Der Vorteil dieser Bänke, keine Wartungskosten.
AntwortenLöschenObwohl mir klassische Bänke lieber sind. Doch war nützen sie, wenn sie nicht gepflegt werden und vor sich hin rotten.
Liebe Grüße
Angelika
Schönes Homonym, bei dem ich mich wundere, dass nicht mehr Banken darauf als Werbegag abstellen. Zum Sitzen sieht sie nicht gerade gemütlich aus. Mit diesem Post hättest du dich ja bei Heike/ Fotolinse für das Sitzplatzprojekt anmelden können. Das läuft zwar nur noch drei Wochen, aber vlt. verlinkt sich dich ja noch. Desweiteren empfehle ich dir den Post von Choci auf
AntwortenLöschenhttp://chocolatchauddanslesnuages.blogspot.de/2012/12/sw-ff.html
Sie hat auch eine rote Bank, aber was für ein und 1a bearbeitet.
Mitternachtsgruß, Wieczorama (◔‿◔) | Mein Fotoblog
Hast Recht :D Ich finde die auch nich so schön :D
AntwortenLöschenLiebe Grüße, chocolat d'amour
Ich muss gestehen, ich mag die roten Farbtupfer :-)
AntwortenLöschenGerade bei tristem Winterwetter stechen sie aus dem Einheitsgrau heraus und man sitzt auch recht gut darauf *ggg*