Dienstag, 6. Oktober 2015

Brauhäuser in Remagen, Siegburg, Troisdorf

Wenn die Lastkähne tuckern, die Containerschiffe sich vorwärts wälzen und die Fahrgastschiffe der Köln-Düsseldorfer auf die Anlegestelle zusteuern, dann zeichnen sich die Stimmungen bisweilen intensiv wie auf einer Leinwand. Der Felsvorsprung des Erpeler Leys bricht senkrecht ab, läßt den Rhein gewähren, der lässig seine Schleife zieht vorbei an den kargen Stümpfen der Ludendorff-Brücke. In Remagen schmiegt sich das Band des Rheins an die Uferpassage, Möven ziehen ihre Kreise, und über dem gegenüberliegenden Ufer kragt der Kirchturm der Erpeler St. Severinskirche spitz in die bewaldeten Hänge hinein, die sonnenüberflutet leuchten in grünen Farbtönen von Tannen, Buchen und Erlen. Die Nachmittagssonne glitzert, im Wellenspiel zerfließt das Sonnenlicht auf dem Rhein. Herrliches Wetter und gute Laune dominieren, Menschen flanieren auf der Rheinuferpromenade.

Ein Ort, an dem man es gut aushalten kann. Ein Lagevorteil, das stellt der Inhaber des Brauhauses am Caracciola-Platz heraus. Flanieren, verweilen, beobachten, schauen, regenerieren, positive Energie von innen auftanken, genau das suchen hier Einheimische und Ausflügler. Bei diesem Anblick auf den Rhein beflügelt ein hauseigenes Bier Leib und Seele.



Brauhaus Remagen
Hauseigene Brauereien im Rheinland, dieser Trend ist gegenläufig. Während der Bierausstoß der Großbrauereien sinkt, steigt die Anzahl der kleinen Brauereien, die nur für ein winziges Gebiet ihr eigenes Bier brauen, meist für die hauseigene Bewirtschaftung. So lümmele ich mich auf dem Stehtisch vor dem Kneipeneingang herum, die Schaumkrone des Dunkelbiers ist in sich zusammen gesackt,  der kräftige und würzige Geschmack des Gerstensaftes durchdringt meinen Körper und bereinigt das Durstgefühl an diesem warmen Sommertag. Und so nebenher begutachte ich die trägen Bahnen, in denen der Rhein vorbei fließt.

Gebraut wird nicht hier in Remagen, sondern ein ganzes Stück entfernt, nämlich in Lahnstein bei Koblenz. Dort hat sich ein Brauereikomplex angesiedelt, der in Kuppelproduktion das Bier für mehrere Hausbrauereien im Westerwald und im Rheinland braut. Es versteht sich von selbst, dass nach dem Reinheitsgebot von 1516 ausschließlich die Rohstoffe Gerste, Hopfen, Wasser verwendet werden, wobei dieser Grundsatz 1993 durch das vorläufige Biergesetz leicht abgewandelt wurde. Den Brauvorgang mit den verwendeten Rezepturen bestimmt dann jede Hausbrauerei selbst.

Ich bewege mich weg vom Rhein an die Sieg. In Siegburg befindet sich eine der sieben Hausbrauereien im Rhein-Sieg-Kreis, das ist das Brauhaus „Zum roten Löwen“. Franken besitzt übrigens das dichteste Netz von Hausbrauereien, deren Anzahl ungefähr 300 beträgt. Da kann das Rheinland zwar nicht mithalten, insgesamt ist es aber nicht schlecht aufgestellt. Die Anzahl der Hausbrauereien in Köln, das sind rund zwanzig, überrascht mich ein wenig, weil ich eine größere Anzahl vermutet hatte. Das liegt daran, dass die traditionellen Brauhäuser in der Kölner Altstadt wie Früh, Malzmühle oder Sion für größere Märkte Bier herstellen. Die Kölner Hausbrauereien sind indes einige Größenordnungen kleiner, wie etwa die Brauerei Päffgen im Friesenviertel. Andere bekannte Hausbrauereien wie Lommerzheim oder „Em Golde Kappes“ liegen in den Stadtteilen Deutz und Nippes. Auf der Domäne der Altbierherstellung gibt es dann in Düsseldorf eine ähnliche Anzahl von Hausbrauereien.

Eingenistet in einer Seitenstraße der Fußgängerzone, kann man sich im Siegburger Brauhaus über den Gang der Jahreszeiten hinweg trinken. Über den Winter hilft ein Schwarzbier, ab März läutet ein leichtes, spritziges Frühlingsbier den Frühling ein. Der Mai glänzt mit einem Starkbier, dem Maibock; in die Sommerzeit fällt die Saison des Weizenbiers, und es ist dem Doldenhopfen aus dem Siebengebirge zu verdanken, dass das Weihnachtsbier dunkel gereift ist und besonders würzig schmeckt.



Brauhaus Siegburg
Natürlich kann ich auch Biere für alle Jahreszeiten verkosten, davon trinke ich eines mit dem schlichten Namen „Siegburger“. Im Gegensatz zum Remagener Brauhaus, ist die Hausbrauerei in Siegburg nicht ausgelagert worden. So wirkt das Innere des Brauhauses urig, wenn ich auf die Braukessel schaue. Die bronzenen Kessel blinken im Schein der Innenbeleuchtung, Zeiger und Geräte überwachen den Brauvorgang. Die kniehohen Ziegelsteinummauerungen fügen sich harmonisch in die Gaststätte ein.

Hefetrüb, schmeckt das „Siegburger“ süffig, nicht zu herb. In einem langen Schluck läuft es meinen Gaumen herunter. Das andere Hausbier, das sich „Michel“ nennt, ist obergärig gebraut. Dort wird es knifflig, weil dieses nach dem Brauverfahren der Kölsch-Biere gebraut worden ist. 1985 hatten sich die Kölner Brauereien zusammengetan, dass sich nur diejenigen Biere „Kölsch“ nennen dürfen, die im Kölner Stadtgebiet gebraut worden sind. Das besagt die Kölsch-Konvention aus dem Jahr 1985, wonach Kölsch als Marke zu betrachten ist aus einem geografisch geschützten Herkunftsgebiet. Michel ist also dasselbe wie Kölsch, es darf sich aber nicht Kölsch nennen.

Es geht weiter, von der Sieg an die Agger, zum letzten Brauhaus nach Troisdorf. Vor vier Jahren musste das Stadt-Bierhaus einer Super-Baustelle weichen. Stadthalle samt Brauhaus wurden abgerissen, nun macht sich dort ein Einkaufszentrum breit. Das Brauhaus wanderte auf die Ecke des benachbarten Fischerplatzes, die Gaststube verkleinerte sich. Tische, Stühle und Stehtische wenden sich nun zu dem Platz hin, den Künstler in den 1980er Jahren maßgeblich mit ihren Skulpturen und Installationen geprägt haben.

Mit dem Umzug auf den Fischerplatz wurde die Bierherstellung ausgelagert, und zwar nach Münster und nach Siegen. Die Räumlichkeiten reichen nunmehr nicht mehr aus, um die Sudpfannen unterzubringen. Selbst die aus Münster und Siegen angelieferten Fässer stapeln sich im Keller bis unter die Decke.

Brauhaus Troisdorf
In Troisdorf ist die Brautradition den hiesigen Biersorten indes treu geblieben, was sich dann in der gemeinsamen Vorsilbe „Tro“ äußert. Diese umfassen die Biersorten Troilsch, Tro-Pi und Troisdorfer. Ich trinke ein Troisdorfer Pilsener, dessen Flüssigkeit hell und klar in dem Bierkrug schillert, so wie bei den im Sauerland oder in der Eifel gebrauten Biersorten. In der Tat: vom Geschmack her ist das Bitburger nicht weit entfernt. Das liegt an den Bitterstoffen, das erklärt mir der Brauereibesitzer Manfred Hausmann. Dem Bier werden Hopfenextrakte mit Bitterstoffen hinzugefügt, was beispielsweise für die Eifeler Biersorten wie Bitburger typisch ist. Wie dem auch sei, mir schmecken die herben Biersorten besonders – außer Bitburger trinke ich zum Beispiel gerne Jever oder Flensburger.

Also auch Troisdorfer. Ich umfasse den Henkel des Bierkruges. Die Zeit vergeht im Handumdrehen. Das Bier läuft meine Kehle hinunter, macht meinen Kopf frei und spült alles unnütze Beiwerk des Alltags hinunter. Brautraditionen können inspirieren. So wie im Mittelalter, als Bier zu den Grundnahrungsmitteln zählte.

4 Kommentare:

  1. So wie dort mit Bier wird hier Wein angebaut und verköstig, und nach der Lese dürfen dann Privathäuser auch öffentlich verköstigen (Guachinchen). Finde ich immer schön, und ich mochte auch solche Lokalitäten wie du zeigst, auch wenn ich noch nie eine Bierliebhaberin gewesen bin. Dennoch mag ich diese Stimmungen und vor allem dann noch wenn man indirekt am Gewässer sitzen kann.

    Lieben Inselgruß

    N☼va

    AntwortenLöschen
  2. Brauhäuser haben gutes Essen! Das ist mein Beitrag, alles Gute - WW-W auf LP (heute letzter Tag) - also: Hola

    AntwortenLöschen
  3. Mir geht es wie Nova: Ich kann dem Bier auch nicht all zu viel abgewinnen. In unserem Nachbarort gibt es auch eine alte Brauerei, doch das Bier schmeckt mir überhaupt nicht - ist viel zu bitter - lach! Ich halte mich da lieber an den Wein - aber den gibt es ja auch in deiner Heimat! :-) LG Martina

    AntwortenLöschen